Potsdam/Schönefeld. Im Brandenburger Landtag ist die Opposition aus CDU, Grünen, Freien Wählern und AfD an der rot-roten Regierungskoalition mit dem Antrag gescheitert, die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder der Flughafengesellschaft BER erneut prüfen zu lassen. Der Landesrechnungshof äußert Zweifel daran, dass die Haftungsprüfung von 2013 objektiv war. Auch er empfiehlt eine erneute Untersuchung. „Es kann nicht sein, dass niemand die Verantwortung für das BER-Desaster übernimmt“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Sven Petke. Er sieht beim Bau des Airports in Schönefeld „systematisches Regierungsversagen“.
Nach dem Willen der Opposition sollte die Landesregierung auch untersuchen, ob die Entlastung des Aufsichtsrates durch die Gesellschafterversammlung eine grob fahrlässige Pflichtverletzung darstellte, durch die erheblicher Schaden entstanden sei. SPD und Linke machten indes deutlich, dass sie keinen Handlungsbedarf sehen. CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben sprach von einem „Entlastungskartell“.
401 Seiten zum Fiasko am neuen Hauptstadtflughafen
Der Rechnungshof hatte in seinem 401-Seiten-Prüfbericht zum BER-Fiasko erhebliche Mängel bei der Haftungsprüfung festgestellt. Der BER-Sonderausschuss und der Haushaltskontrollausschuss debattierten am Dienstag gemeinsam über die Konsequenzen aus den brisanten Erkenntnissen. Das Gutachten war auf Betreiben der Flughafengesellschaft zunächst als geheim eingestuft worden, der Landtag beschloss aber eine öffentliche Debatte.
Die Prüfer kamen zu dem Schluss, dass Aufsichtsrat und Gesellschafter ihre Kontrollpflichten beim Bau des künftigen Hauptstadtflughafens in Schönefeld massiv vernachlässigt hatten. „Das Finanzministerium hat seine Rechte und Pflichten als Gesellschafter unzureichend wahrgenommen“, kritisierte Hans-Jürgen Klees, einer der Verfasser des Berichts.
Opposition fordert personelle Konsequenzen
Sein Fazit: „Es ist zu bezweifeln, dass ein privater Anteilsnehmer ähnlich lange verharrt hätte, ohne von seinen Einflussmöglichkeiten Gebrauch zu machen.“ Er legte Brandenburg, Berlin und dem Bund nahe, Schadenersatzansprüche an die Aufsichtsräte zu prüfen.
In der Kritik steht vor allem Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Linke). Sie habe ihre Kontrollfunktion als Gesellschaftervertreterin ungenügend wahrgenommen, so die Prüfer. Trochowski, SPD und Linke weisen das zurück. CDU, Freie Wähler und AfD fordern, sie müsse aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen werden.
Massive Kritik am Verhalten des Aufsichtsrats
Scharfe Kritik übt der Rechnungshof auch am Aufsichtsrat. „Er stellte so gut wie keine kritischen Fragen“, so Kless. Untersucht wurde die Zeit von Frühjahr 2010 bis Februar 2013. Dazwischen lagen mehrere geplatzte Eröffnungstermine. Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte, Brandenburg habe längst die Konsequenzen aus der Kritik gezogen. So sitzen im Aufsichtsrat keine märkischen Politiker mehr.
Für SPD-Fraktionschef Mike Bischoff ist der Neuigkeitswert des Prüfberichts „eher gering einzuschätzen“. Seit voriger Woche prüft die Staatsanwaltschaft Cottbus unter anderem Ermittlungen gegen die früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD).