Wohnungsmarkt

Wohnraum in Berlin wird knapper und teurer

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Isabell Jürgens
Die Mieten in Berlin steigen weiter

Die Mieten in Berlin steigen weiter

Foto: Reto Klar

Egal Miete oder Kauf: In Berlin werden Wohnungen mehr und mehr zu einem knappen Gut. Nur in wenigen Regionen stagnieren die Preise.

Wer in Berlin aktuell auf Wohnungssuche ist, hat es schwer. Die Quote der leer stehenden Wohnungen in Berlin beträgt zurzeit nur noch 1,5 Prozent. Das spiegele sich auch in der Zahl der auf dem offiziellen Markt angebotenen Wohnungen wider.

Nach Angaben des Wohnmarktreports Berlin 2016, den der Finanzdienstleister Berlin Hyp und das Immobilienberatungsunternehmen CBRE am Mittwoch vorgelegt haben, wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 weniger als 50.000 Wohnungen angeboten. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren noch rund 64.000 Wohnungen inseriert.

„Das ist eine typische Folge des hohen Nachfragedrucks und des Anstiegs der Angebotsmieten“, sagt Michael Schlatterer von CBRE. Wer umzieht, muss für die neue Wohnung eine deutlich höhere Miete zahlen. „Selbst bei einer Verkleinerung der Wohnfläche steigt oft die Miete“, so Schlatterer.

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Bisher wenig beachtete Kieze werden jetzt stärker nachgefragt

Wer dennoch gezwungen ist, eine neue Wohnung zu finden, sei deshalb auf der Suche nach sogenannten Ausweichlagen. „Beispiele hierfür ist etwa die Gegend rund um die Beusselstraße und den Großmarkt in Mitte“, so Schlatterer. Für Wohnungssuchende, die citynah wohnen wollen, aber innerhalb des S-Bahn-Rings keine Wohnung mehr zu ihren Wunschkonditionen finden, seien diese bislang wenig beachteten Kieze nun in den Fokus geraten.

Die Wohnqualität sei dort und in vergleichbaren Gegenden am S-Bahnring oft eher einfach mit viel Verkehr und Gewerbe; das Umfeld und die lokale Infrastruktur sind weniger bunt als in der City. „Die Mieten sind durch die gestiegene Nachfrage überdurchschnittlich um knapp zehn Prozent auf 8,94 Euro je Quadratmeter gestiegen“, sagt Schlatterer. Damit liegt der Beusselkiez nur noch knapp unter der durchschnittlichen Berliner Angebotsmiete von 8,99 Euro je Quadratmeter (+5,1 Prozent).

Einkommensschwache Haushalte kommen an ihre Grenzen

„Es zeigt sich eine Zweiteilung am Wohnungsmarkt“, kommentiert Reiner Wild, Chef des Berliner Mietervereins die Ergebnisse der Studie. Während sich zugezogene Mieter mit hoher Kaufkraft flexibel auf dem Berliner Wohnungsmarkt versorgen könnten, komme die Wohnkostenbelastung der einkommensschwächeren Haushalte an ihre Grenzen. „Diese ziehen entweder nicht mehr um oder sind einer starken Konkurrenz um die verbliebenen günstigen Wohnungen ausgesetzt“, so Wild.

Er befürchtet, dass auch die noch immer relativ günstigen Ausweichquartiere in den Randbezirken nicht mehr lange als Alternative herhalten würden, da auch dort die Mieten insgesamt steigen. „Der Mieterverein verlangt deutlich mehr sozialen Wohnungsbau und spürbaren Schutz zur Sicherung preiswerter Mietwohnungen“, sagt Wild. Die Politik sei gefordert, Mieterhöhungen nach Modernisierung deutlich zu beschränken und die Kappungsgrenzen bei normalen Mieterhöhungen auf 15 Prozent in fünf Jahren zu senken.

Schönste Seelagen im Südwesten haben mäßige Mietpreise

Einige wenige Bereiche in der Stadt gibt es aber noch, in denen die Mietpreise im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind. Zu diesen Gegenden gehört etwa der Kudamm-nahe Bereich um den Olivaer Platz in Charlottenburg (-4,8 Prozent) oder auch der Ortsteil Wannsee in Zehlendorf (-4,7 Prozent). Mit exakt neun Euro pro Quadratmeter zahlen Wohnungssuchende in dem durch schöne Wasserlagen und attraktive Wohnhäuser geprägten Wohnort damit durchschnittlich nur sechs Cent mehr als Wohnungssuchende im Beusselkiez.

Dennoch müssen die Mieter am grünen Stadtrand im Durchschnitt deutlich mehr zahlen, weiß Schlatterer: „Die Wohnungen in Wannsee weisen eine Durchschnittsgröße von 90 Quadratmetern auf – im Beusselkiez dagegen nur 54 Quadratmeter.“ Dass die Mieten in den beiden Vorzugslagen gesunken sind, führt Schlatterer indes auf unterschiedliche Effekte zurück. Am Stadtrand in Wannsee seien höhere Mieten nicht durchzusetzen, weil die kaufkräftige Klientel lieber Eigentumswohnungen erwirbt, statt hohe Mieten zu zahlen.

Viele Wohnung im Westen sind teuer – schlicht weil sie sehr groß sind

Auch am Olivaer Platz in der City West seien die Wohnungen mit durchschnittlich 97 Quadratmetern sehr groß. Bei einer Durchschnittsmiete von 10,60 Euro je Quadratmeter komme so mancher zu dem Schluss, dass der Erwerb einer Eigentumswohnung die bessere Alternative sei. Dass sich offenbar immer mehr Berliner und auch Anleger aus dem In- und Ausland für den Kauf einer Immobilie in der deutschen Hauptstadt interessieren, hat dafür gesorgt, dass sich die Kaufpreise deutlich stärker erhöht haben als die Mieten.

Im Jahr 2015 stieg der mittlere Angebotspreis für Eigentumswohnungen in Berlin nach Angaben der Studie um gut zehn Prozent auf 3000 Euro pro Quadratmeter. Der prozentuale Zuwachs fiel damit nahezu doppelt so hoch aus wie bei den Mieten.

Experte sieht keine Immobilienblase in Berlin

Dennoch sieht Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp, keine Anzeichen für eine Immobilienblase. „Die Preise steigen, weil die Nachfrage nach Wohnraum so groß ist und nicht, weil die Banken extrem finanzierungsbereit sind“, sagt der Bankenexperte. Dies sei während der weltweiten Finanz- und Immobilienkrise 2008 anders gewesen.

Steglitz-Zehlendorf zeigt laut Studie mit 16,3 Prozent den höchsten Zuwachs. Allerdings liegen die Preise in dem Bezirk mit 2840 Euro noch immer unterhalb des Berliner Durchschnittskaufpreises. „Für Kaufkräftige sind Einfamilienhäuser dort oft interessanter als Wohnungen“, so Bergmann.

In nur noch zwei Bezirken liegen die Kaufpreise unter 2000 Euro pro Quadratmeter

Am tiefsten in die Tasche greifen müssen Immobilienkäufer aber nach wie vor in den Innenstadtlagen. In Mitte liegt der Quadratmeterpreis mittlerweile bei durchschnittlich 3921 Euro (+7,6 Prozent). Auf Rang zwei folgt Friedrichshain-Kreuzberg mit 3604 Euro (+10,2 Prozent). Der Szenebezirk ist damit inzwischen hochpreisiger als das überwiegend gutbürgerliche Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier ist der durchschnittliche Kaufpreis auf 3393 Euro (+8,4 Prozent) gestiegen. Noch leicht über dem Berliner Durchschnittswert im Preisniveau landet auch Pankow (3049 Euro, +5,9 Prozent).

Und nur in einem einzigen Bezirk sind die Angebotspreise gesunken: in Lichtenberg (2331 Euro, -4,2 Prozent). Am günstigsten bleibt der Kauf einer Wohnung am Stadtrand. So liegen die durchschnittlichen Kaufpreise nur noch in zwei Bezirken unter der 2000-Euro-Marke: in Marzahn-Hellersdorf (1667 Euro, +11,1 Prozent) und in Spandau (1567 Euro, +12,8 Prozent).