Integration in Berlin

„Willkommen in Arbeit“ – Neues Angebot für Flüchtlinge

| Lesedauer: 5 Minuten
Andreas Abel
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) bei der Eröffnung des ersten "Willkommen-in-Arbeit"-Büros im Flughafen Tempelhof

Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) bei der Eröffnung des ersten "Willkommen-in-Arbeit"-Büros im Flughafen Tempelhof

Foto: Paul Zinken / dpa

Die Flüchtlinge vom Flughafen Tempelhof können sich über den Arbeitsmarkt beraten lassen. Alle Angebote werden in einem Büro gebündelt.

Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hat am Mittwoch Berlins erstes „Willkommen-in-Arbeit-Büro“ für Flüchtlinge eröffnet. Es wurde in der Notunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof eingerichtet. Fünf weitere Büros in Asylbewerberheimen mit mehr als 1000 Bewohnern sollen in den kommenden Monaten folgen.

„Integration beginnt am ersten Tag. Wir bündeln bereits existierende Beratungs- und Begleitangebote der Arbeitsmarktpolitik unter einem Dach“, erklärte Kolat. Das Besondere: In dem Büro arbeiten Integrationslotsen, Bildungsberater, und Jobcoaches unter einem Dach Hand in Hand. Auch die Angebote der Arbeitsagentur werden integriert.

Bilder: So leben die Flüchtlinge im Flughafen Tempelhof

Individuelle Betreuung an einem Ort

Ziel, so Kolat, sei die individuelle Betreuung der Flüchtlinge, die Vermittlung von Sprachkenntnissen und Praktika, die frühzeitige Prüfung der Qualifikation sowie „die schnellstmögliche Aufnahme einer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt“. Den Asylbewerbern würden Chancen und Perspektiven aufgezeigt, ohne dass sie dafür mehrere Behörden an unterschiedlichen Orten aufsuchen müssten. Von dem Angebot sollen insbesondere Flüchtlinge profitieren, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

>> Tempelhof: Wie die Flüchtlinge in den Hangars leben

Die Arbeitssenatorin sprach in diesem Zusammenhang von drei Gewissheiten: „Integration gelingt am besten über Arbeit. Der Berliner Arbeitsmarkt wächst und ist robust. Und die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt dauert bis zu zehn Jahre.“ Das sei eine riesige Aufgabe, die nun mit vereinten Kräften angepackt werde. „Wir machen uns auf einen langen Weg“, sagte Kolat am Mittwoch vor Journalisten.

Beratung zu Sprachkursen

Im „Willkommen-in-Arbeit-Büro“ bieten auch die Berliner Jobpoints Asylbewerbern, die bereits arbeiten dürfen, offene Stellen an. Flüchtlinge, die noch keinen Zugang zu Integrationskursen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BaMF) haben, können sich dort über die zusätzlichen Deutschkurse an Berliner Volkshochschulen informieren. Mehr als 6000 Teilnehmer gebe es bislang in diesen Kursen, so Kolat. Das Projekt „Arrivo“ der Integrationsverwaltung und der Handwerkskammer, in dem Geflüchtete auf eine Berufsausbildung vorbereitet werden, soll dort ebenfalls vertreten sein.

Wie viele Lotsen, Berater und Coaches in dem Büro tätig sein werden, steht noch nicht exakt fest. Zunächst wurden dort acht Arbeitsplätze eingerichtet, hinzu kommen Integrationslotsen und Sprachmittler. Das Büro ist montags bis freitags von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Sozialarbeiter der von der Tamaja GmbH betriebenen Notunterkunft im Flughafen Tempelhof informieren die dort lebenden Flüchtlinge über die Angebote und verabreden verbindliche Termine mit den Mitarbeitern.

„Die Menschen wollen einen aktiven Beitrag leisten.“

Bei Bedarf werde nachjustiert und das Team in der Anlaufstelle vergrößert, versprachen die Akteure. Tamaja-Geschäftsführer Michael Elias lobte, dass das Büro nach nur einem Monat Vorbereitungszeit eröffnet wurde. Auch er ist vom Erfolg überzeugt: „Die Menschen wollen einen aktiven Beitrag leisten.“ Ein Arbeitsplatz sei ein „Geschenk“ an die Flüchtlinge und an die Gesellschaft. In den Hangars des Flughafens Tempelhof sind derzeit rund 2500 Flüchtlinge untergebracht, die meisten kommen aus Syrien, Pakistan, dem Irak und Afghanistan. Auch in dem Büro selbst sollen Flüchtlinge einen Jobfinden können – als Sprachmittler.

Arbeitssenatorin Kolat wies zurück, dass die Asylsuchenden eine Konkurrenz für Langzeitarbeitslose darstellen könnten. Der Berliner Arbeitsmarkt sei sehr aufnahmefähig, der Anteil der Langzeitarbeitslosen geringer als im Bundesdurchschnitt. Zudem würden die Jobcenter personell besser ausgestattet. In vielen Branchen würden Mitarbeiter gesucht, insbesondere im Handwerk, Einzelhandel, Gastgewerbe und in der Pflege. Auch die Angebote für Flüchtlinge würden nicht zu Lasten anderer Arbeitsloser gehen.

200 Jobcoaches arbeiten in Berlin

Der Weg in den Arbeitsmarkt müsse für jeden Flüchtling individuell geebnet werden, betonte die Integrationssenatorin. Das bestätigte auch Stephanie Wichmann, eine von 200 Berliner Jobcoaches. Die Coaches gibt es seit drei Jahren in Berlin. Die Qualifikation der Menschen sei sehr unterschiedlich, reiche vom Ungelernten bis zum Akademiker. In der Regel sei aber eine Nachqualifizierung erforderlich. Für die Erstberatung setzen die Jobcoaches sechs Monate an, für die sogenannte Nachberatung maximal weitere sechs Monate. Das Angebot ist freiwillig.

Auch die Zahl der Gespräche, die sie mit Klienten führe, differiere stark, so Wichmann. Im Durchschnitt spreche sie einmal im Monat eine Stunde lang mit dem Jobsuchenden. Die größten Vermittlungserfolge habe sie in der Gastronomie und im Hotelgewerbe erzielt. In diesen Bereichen fänden Bewerber auch mit noch nicht so gefestigten Sprachkenntnissen Jobs.

„Keine falschen Erwartungen wecken“

Die „Willkommen-in-Arbeit-Büros“ kooperieren mit der Berliner Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und stimmen ihre Angebote mit ihr ab. Die Geschäftsführerin Operativ der Regionaldirektion, Shirin Khabiri-Bohr, sagte: „Unsere Mitarbeiter aus den zwölf Jobcentern und den drei Berliner Agenturen für Arbeit ebnen den geflüchteten Menschen mit Bleibeperspektive seit Mitte letzten Jahres den Weg in Arbeit und Ausbildung. Sie ermitteln Qualifikationen und Kompetenzen, um passgenaue Angebote zu vermitteln.“ Es gehe in erster Linie um Flüchtlinge mit einer hohen Bleibeperspektive. Es sei wichtig, so Khabiri-Bohr, durch Berufsberatung keine falschen Erwartungen bei den Menschen, insbesondere bei denen aus sicheren Herkunftsländern, zu wecken.