16.000 Stellen hat die Polizei in Deutschland seit dem Jahr 2000 verloren. Das ist, als wäre die komplette Polizei Berlins eingespart worden. Dabei steigen seit Jahren die Aufgaben. Botschaften müssen geschützt, Staatsbesuche abgesichert und mehr als 3000 Demonstrationen jährlich geschützt werden. Der Senat muss inzwischen mehr als doppelt so viel Geld für „hauptstadtbedingte Sicherheitsmaßnahmen“ ausgeben, wie er vom Bund erstattet bekommt. Im Entwurf des Berliner Haushaltsplans sind dafür im kommenden Jahr rund 126 Millionen Euro veranschlagt, 2017 sogar 130 Millionen Euro. Der Bund zahlt jedoch jährlich nur eine Pauschale in Höhe von 60 Millionen Euro.
Nach den Paris-Anschlägen wird die Bundespolizei aufgerüstet
Nach den Anschlägen von Paris soll die Bundespolizei massiv aufgerüstet werden. 350 zusätzliche Stellen gibt es für den Aufbau von sogenannten „robusten Einheiten“. Sie sollen eine Lücke zwischen der normalen Bereitschaftspolizei der Länder, den Spezialeinsatzkommandos und der Eliteeinheit GSG 9 des Bundes schließen, die bei Großeinsätzen von einer Dimension wie in Paris personell an Grenzen stoßen würde. „Das wäre eine Nummer zu klein“, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek. Schließlich gehe es um einen „Tätertyp, der nicht nur an einem Ort agiert, sondern der sich mit Waffen bewegt, die man als Kriegswaffen bezeichnen muss“, so Radek.
Weil die Zeit drängt, wird die erste Einheit derzeit in Blumberg nordöstlich von Berlin stationiert. Sie soll möglichst zum Jahreswechsel einsatzbereit sein. 50 Stellen sind nach Angaben von Radek vorgesehen. „Damit werden wir eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei für diese speziellen Aufgaben ertüchtigen können“, ist sich der Vize-Gewerkschaftschef sicher.
Mit der Truppe zieht die Bundesregierung die Konsequenz aus den Terrorattacken in Frankreich. Schon die Analyse des Anschlags auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Januar hatte Sicherheitsexperten gezeigt, dass die Polizei für den Einsatz gegen schwer bewaffnete Attentäter, die mit Kalaschnikows oder Granaten angreifen, derzeit nicht gerüstet ist. Das gibt auch das Bundesinnenministerium indirekt zu. Denn es begründet den Aufbau der neuen robusten Einheiten damit, „die Reaktions- und Durchhaltefähigkeit der Bundespolizei im Anschlagfall zu erhöhen“.
Größte Hubschrauberflotte der Bundespolizei in Blumberg
Die Auswahl des Standorts Blumberg hat mit der Nähe zu Berlin und der Tatsache zu tun, dass dort die größte Hubschrauberflotte der Bundespolizei stationiert ist. Sie umfasst 85 Helikopter. Die Bundespolizeiabteilung Blumberg untersteht der Direktion Bundesbereitschaftspolizei. Sie gehört mit über 900 Mitarbeitern, davon 800 Polizeivollzugsbeamte, zu den einsatzstärksten Abteilungen Deutschlands.
Gleichzeitig kommt aus der Berliner Innenpolitik der Vorschlag, dass Bundespolizei und Spezialkräfte der Berliner Polizei am Standort Blumberg gemeinsam üben könnten. Vor dem Hintergrund der zahlreich geschlossenen Schießhallen der Berliner Polizei sagte etwa Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus: „Wenn in Blumberg noch Kapazitäten frei sind, sollte die Berliner Polizei sie unbedingt nutzen. Die Berliner Schießstände befinden sich seit Jahren in einem desaströsen Zustand; Polizisten üben viel zu wenig, teils gar nicht. Ich verstehe nicht, warum Blumberg nicht schon längst von der Berliner Polizei mitgenutzt wird.“
Dass das nötig wäre, zeigt auch die Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber, die der Berliner Morgenpost vorliegt. Danach haben im Jahr 2014 nur noch „14.519 Schießtrainingseinheiten mit scharfem Schuss“ stattgefunden. Rechnet man die angegebenen Zahlen für die ersten drei Quartale 2015, nämlich 9283, aufs Jahr hoch, kommt man auf nur noch 12.777 Trainingseinheiten, bei denen mit scharfen Waffen geübt wird. Ansonsten sind Laserwaffen im Einsatz.
Auch Berlin gibt mehr Geld für die innere Sicherheit aus
Die Fraktionschefs von CDU und SPD im Abgeordnetenhaus hatten vor zwei Wochen zwar noch einmal mehr Geld für die innere Sicherheit locker gemacht. Insgesamt 50 Millionen Euro. Sie sollen unter anderem für bessere Waffen, bessere Schutzausrüstung und eine Taskforce aus 75 Beamten für den Einsatz in besonderen Sicherheitslagen ausgegeben werden. Für Tom Schreiber bleibt aber die Frage: „Wo sollen die zusätzlichen Kräfte mit besseren Waffen trainieren?“ Aus dem Hause von Innensenator Frank Henkel (CDU) heißt es, Blumberg sei nur eine Option, wenn kurzfristig Trainingskapazitäten frei seien.