Berlin

Velodrom und Tempodrom könnten Flüchtlingsunterkünfte werden

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Joachim Fahrun
Das Tempodrom

Das Tempodrom

Foto: Arno Burgi / picture-alliance/ ZB

Berlin rechnet mit 1000 Flüchtlingen täglich. Bündnis fordert, leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen.

Berlin bereitet sich darauf vor, dass an den kommenden Tagen weiterhin jeweils rund 1000 Flüchtlinge täglich in die Hauptstadt kommen werden. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte nach der Senatssitzung, der Koordinationsstab arbeite seit dem Wochenende 24 Stunden pro Tag, um Unterkünfte zu finden und herzurichten.

Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll auch das Velodrom in Prenzlauer Berg verwendet werden. Auch das Tempodrom in Kreuzberg werde geprüft. Das ICC als Unterkunft sieht Carsten Engelmann (CDU), Sozialstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, dagegen als nicht mehr geeignet an, da bereits alle Leitungen ausgebaut worden seien.

Müller appellierte erneut an den Bund, schneller mehr Hilfe zu leisten: „Wir stoßen in vielen Bereichen an die Grenzen unserer Möglichkeiten und Kapazitäten“, sagte Müller. Was vor uns liege, sei „keine kommunale Aufgabe, sondern eine nationale und internationale.“ Der Asylbewerberzustrom der vergangenen Tage habe die Beschlüsse des Koalitionsgipfels schon wieder überholt, sagte Müller. „Bund und Länder müssen über weitere Hilfen reden – und zwar schnell, nicht erst beim Gipfel am 24. September.“ Konkret wandte sich Müller gegen Festbeträge.

Um der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern, soll die Beschaffung von Material und Ausstattung nicht mehr europaweit ausgeschrieben werden. Müller sagte, so ließen sich etwa Sanitärcontainer, die es in Deutschland kaum noch gebe, schneller in Polen kaufen. Der Senat beschloss auch Zulagen für die Mitarbeiter anderer Behörden, die im Landesamt für Gesundheit und Soziales aushelfen. Beamte bekommen 250 Euro im Monat zusätzlich. Angestellte werden mit 120 Euro honoriert, zudem werden ihnen die geleisteten Überstunden ausbezahlt.

Müller sagte, es würden neben der am Montagabend belegten Jahn-Sporthalle am Columbiadamm in Neukölln weitere feste Unterkünfte zeitnah ans Netz gehen. Er nannte ein Gebäude an der Storkower Straße in Pankow, das dem Energiekonzern Vattenfall gehört. Noch am Montag hatte es Bedenken gegen dieses Gebäude gegeben, weil die Fenstersimse zu niedrig seien. Dann sollte der siebengeschossige Bau schon Dienstag bezogen werden.

Bündnis fordert, leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen

Müller dankte Vattenfall und appellierte an andere Unternehmen, ebenfalls zu prüfen, ob sie freie Immobilien bereitstellen könnten. Aber kurzfristig muss der Senat auch auf weitere Sportanlagen zurückgreifen, um die Menschen unterzubringen. In Gesprächen mit den Bezirksämtern seien sechs weitere Turnhallen als Unterkünfte in die engere Wahl genommen worden, sagte Müller. Wann diese gebraucht würden, sei aber noch nicht klar. Die Senatssozialverwaltung hat die Bezirke aufgefordert, je vier Sporthallen zu benennen. Norbert Kopp (CDU), Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, hat die Hallen an der Zehlendorfer Onkel-Tom-Straße und am Hüttenweg sowie an der Steglitzer Lessingstraße und der Plantagenstraße vorgeschlagen.

Um den akuten Notstand zu bekämpfen, hat das Sozialgipfel-Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und Mieterverein gefordert, leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen. Der Mietervereinsgeschäftsführer Reiner Wild sprach von bis zu 5000 Wohnungen, die infrage kämen, etwa nicht verkaufte Eigentumswohnungen oder solche in Gebäuden, die auf eine Sanierung warteten. Das sei „spekulativer Leerstand“, sagte Ex-Sozialsenatorin und Volkssolidarität-Vorstandschefin Heidi Knake-Werner. Die Sozialverbände fordern gleichzeitig mehr Subventionen für günstigen Wohnraum in Berlin, um Geringverdiener, Arbeitslose, Senioren und Behinderte nicht weiter zu belasten.

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