Immobillienmarkt

Der Wohnungsbau in Berlin boomt

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Andreas Abel und Isabell Jürgens
Senator Geisel rechnet mit 25.000 Baugenehmigungen in diesem Jahr

Senator Geisel rechnet mit 25.000 Baugenehmigungen in diesem Jahr

Foto: dpa

In Berlin wird gebaut. Doch der Mieten-Volksentscheid ist ein Risikofaktor für den kommunalen Wohnungsbau, sagt Senator Andreas Geisel.

Der Wohnungsbau in Berlin nimmt Fahrt auf. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel rechnet in diesem Jahr mit einer erneuten Steigerung der Baugenehmigungen. „Ich gehe davon aus, dass wir ungefähr 25.000 Genehmigungen erreichen werden, vielleicht aber auch noch deutlich mehr“, sagte der SPD-Politiker im Interview mit der Berliner Morgenpost. Im vergangenen Jahr seien es 20.000 gewesen, im Jahr 2013 rund 10.000 und vor fünf Jahren 5000. Damit hätten die Bezirke seit 2010 die Zahl der Genehmigungen vervierfacht.

Trotz etlicher strittiger Bauprojekte in der Stadt sei er überzeugt, dass den Berlinern inzwischen die Notwendigkeit des Wohnungsneubaus bewusst sei. „Berlin ist eine Mieterstadt und muss eine Mieterstadt bleiben“, sagte Geisel. Daher sei wichtig, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Ich will, dass alle Menschen, auch die, die weniger verdienen, sich im Innenstadtbereich eine Wohnung leisten können, wenn sie das wollen“, betonte der Senator.

Der Senat möchte in den kommenden zehn Jahren die Anzahl der kommunalen Wohnungen von 300.000 auf 400.000 erhöhen. 75.000 Wohnungen sollten die städtischen Wohnungsbaugesellschaften selbst bauen, den Rest ankaufen, sagte Geisel. Das sei ein realistisches Ziel. „Mit jeder Wohnungsbaugesellschaft haben wir einen Wachstumspfad aufgestellt. Die Unternehmen wurden in den vergangenen zehn Jahren entschuldet und sind heute so gut wirtschaftlich aufgestellt, dass sie das bewältigen“, erklärte er. Der Sozialdemokrat räumte ein, dass in diesem Jahr lediglich 1300 kommunale Wohnungen fertiggestellt würden. Bis Ende kommenden Jahres seien aber 10.000 städtische Wohnungen fertiggestellt oder zumindest begonnen, prognostizierte er.

5000 Wohnungen am Flughafen Tegel

Auf dem Gelände des Flughafens Tegel will Geisel nach dessen Stilllegung 5000 Wohnungen bauen. Er bestritt, dass es in dieser Frage Differenzen mit dem Koalitionspartner CDU gebe. Die Union hatte sich auf einer Klausurtagung Ende Mai ebenfalls für Wohnungsbau in diesem Umfang ausgesprochen, will sich aber nicht nur auf das Flugfeld beschränken, sondern angrenzende Areale einbeziehen. Geisel kündigte einen Wettbewerb für den Wohnungsbau in Tegel im kommenden Jahr an, der Baubeginn sei dann für 2019 oder 2020 vorgesehen. SPD und CDU seien sich einig, dass der Wohnungsbau nicht das in Tegel geplante Gewerbe- und Hightech-Industriegebiet gefährden dürfte, sagte der Senator. Die Flächen in Adlershof seien nach 20 Jahren bebaut, „jetzt brauchen wir Gewerbefläche, die diese Erfolgsgeschichte fortschreibt, und das kann nur in Tegel sein“. Er sei nicht bereit, auf Gewerbegebiete in der Stadt zu verzichten, die wachsende Stadt benötige auch Arbeitsplätze.

Geisel räumte ein, dass der Volksentscheid zum Thema Mieten, den eine Initiative derzeit vorbereitet, ein Risikofaktor für den geplanten kommunalen Wohnungsbau darstellt. 50.000 Berliner und damit weit mehr als erforderlich hatten sich mit ihrer Unterschrift dafür ausgesprochen, ein Volksbegehren einzuleiten. Die Initiative hat einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der unter anderem eine einkommensabhängige Mietpreissenkung in Sozialwohnungen, mehr Mietermitbestimmung und die Umwandlung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in Anstalten öffentlichen Rechts vorsieht. Diese dürften dann keine Gewinne mehr erzielen.

Der Senat verhandelt jetzt mit der Initiative, Geisel zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt. Dazu müssten die Verhandlungen bis Ende dieses Monats beendet werden, das Abgeordnetenhaus müsste dann im Herbst entscheiden, ob es einen Gesetzentwurf verabschieden will, mit dem auch die Initiative einverstanden ist oder ob im kommenden Jahr die zweite Stufe des Volksbegehrens eingeleitet wird.

Ein wesentlicher strittiger Punkt dabei ist die Forderung nach Anstalten öffentlichen Rechts. Geisel sieht hier europarechtliche Probleme. Hinter solchen Anstalten stehe der Staat, daher gäben Banken günstigere Kreditzinsen. „Das wird die EU aller Voraussicht nach als unzulässige Marktintervention werten“, warnte der Senator. Private Wohnungsunternehmen könnten gegen eine solche Wettbewerbsverzerrung klagen.

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