Strafrecht

Berlin will härter gegen Stalker vorgehen

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Andreas Abel und Gilbert Schomaker

Foto: Kai Remmers / picture alliance / dpa Themendie

Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität, der Weiße Ring, fordert eine Reform des Strafrechts bei Stalking-Delikten. Berlins Justizsenator Heilmann unterstützt den Vorstoß.

Eine Reform des Strafrechts bei Stalking-Delikten und mehr Hilfe für Stalking-Opfer fordert der Weiße Ring, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität. Unterstützt wird er dabei von Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). „Der Stalking-Paragraph im Strafgesetzbuch muss dringend überarbeitet werden“, sagte Heilmann der Berliner Morgenpost. Dieser sei unklar formuliert und helfe vielen Opfern nicht, weil er zu hohe Hürden setze, um die Verurteilung eines Täters zu ermöglichen.

Seit 2007 gilt Stalking als Straftatbestand. Bis dahin gab es nur die Möglichkeit, einzelne Handlungen wie Körperverletzung, Bedrohung oder Hausfriedensbruch zu verfolgen.

Doch für sehr viele Stalking-Opfer greift auch das Gesetz von 2007 zu kurz. Sie müssen nachweisen, dass ihre Lebensgestaltung durch die Attacken des Täters „schwerwiegend beeinträchtigt“ wurde.

Das setze in der Regel einen Umzug des Opfers voraus, kritisierte Roswitha Müller-Piepenkötter, Bundesvorsitzende des Weißen Rings. Wer, etwa aus finanziellen Gründen, nicht umziehen könne, habe kaum Möglichkeiten, gegen die Nachstellungen des Stalkers juristisch vorzugehen.

Schon im vergangenen Mai hatte Bayern im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Stalking-Paragrafen eingebracht. Dieser steht dort am 27. März erneut auf der Tagesordnung. Justizsenator Heilmann unterstützt die Gesetzesinitiative. Künftig soll es ausreichen, dass die Attacken „geeignet“ sind, das Leben des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen.

25.000 Stalking-Anzeigen pro Jahr

In Deutschland werden pro Jahr rund 25.000 Anzeigen wegen Stalkings gestellt, nur etwa 500 führen zu einem Gerichtsverfahren. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) versicherte, „das wichtige Thema auf der Agenda“ zu haben. Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD sieht vor, die Hürden für eine Verurteilung von Stalkern zu senken. Doch einen Gesetzentwurf legte das Ministerium bislang nicht vor. Maas betonte allerdings im Dezember vergangenen Jahres, ein Gesetz, das sich in der Praxis nicht bewähre, mache keinen Sinn.

Derzeit werde „sorgfältig geprüft, wie der Koalitionsvertrag in diesem Punkt umgesetzt werden soll“, so der Justizminister. Nach Abschluss der Prüfung werde „so schnell wie möglich“ ein Referentenentwurf für ein Gesetz vorgelegt. Einen Zeitplan dafür gebe es nicht, sagte dazu eine Sprecherin des Ministeriums der Berliner Morgenpost. Es sei aber durchaus möglich, dass dies noch in dieser Legislaturperiode geschehe. Das ist auch das erklärte Ziel des Weißen Rings und von Justizsenator Heilmann.

„Es kann nicht sein, dass Opfer von Stalking erst dann strafrechtliche Hilfe bekommen können, wenn sie ihr Alltagsverhalten ändern, also zum Beispiel den Arbeitsplatz wechseln oder umziehen. Wir dürfen die Opfer, die zwar seelisch massiv leiden, aber Stärke zeigen und sich dem Stalker nicht beugen wollen, nicht alleine lassen“, sagt auch Winfried Bausback (CSU), Justizminister von Bayern. Der strafrechtliche Schutz müsse dringend verbessert werden. Leider werde das Gesetz aber von der Mehrheit im Bundesrat ohne überzeugende Gründe blockiert.

Reform des Opferentschädigungsgesetz

Die Hilfsorganisation und die Politiker fordern zudem, das Opferentschädigungsgesetz zu reformieren und die Leistungen auch Opfern psychischer Gewalt, vor allem von Stalking und Psychoterror, zuzubilligen. Bislang haben nur Menschen, die einem vorsätzlichen tätlichen Angriff ausgesetzt waren, Anspruch auf die Übernahme von Kosten für Heilbehandlungen oder auf eine Rente.

Auch Wohnungseinbrüche sollten als Tatbestand in das Gesetz aufgenommen werden, fordert der Weiße Ring. „Viele Menschen haben gar keine Vorstellung, was ein Einbruch bedeutet. Das sind enorme psychische Belastungen. Die Betroffenen können teilweise über Monate und Jahre nicht in ihre geliebte gewohnte Umgebung zurückkehren“, sagte Richard Oetker der Berliner Morgenpost. Der Gesellschafter der Dr. Oetker KG ist Mitglied im Bundesvorstand der Opferschutzorganisation und Vorstandsvorsitzender der „Weiße Ring“-Stiftung.