Regierungserklärung

Müller überrumpelt CDU mit ehrgeizigen Wohnungsplänen

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Joachim Fahrun

Foto: Lukas Schulze / dpa

In seiner ersten Regierungserklärung sorgt Landeschef Michael Müller (SPD) für Beifall, aber nicht für Euphorie. Ernsthaftes Arbeiten ist sein Credo. Sowieso: In Berlin soll sich keiner zurücklehnen.

Es war ein typischer Müller, den der neue Regierende Bürgermeister am Donnerstag im Abgeordnetenhaus ablieferte. In seiner ersten Regierungserklärung legte der Sozialdemokrat einen Monat nach seinem Amtsantritt einen soliden Auftritt hin. Seine Koalitionäre applaudierten brav, aber ohne große Euphorie. Ernsthaftes Arbeiten eben, so wie Müllers Motto lautet.

„Wir werden nicht alles infrage stellen, aber Veränderungen sind gleichwohl nötig“, sagte Müller und versprach „konkretes Handeln, das das Leben der Menschen besser machen“ soll. Er wandte sich dagegen, dass Senatsbeschlüsse der vergangenen Tage als „Klein-Klein“ diffamiert worden sind. Kleine Schritte seien ihm auch in einer Millionenstadt lieber als große Luftschlösser. Von ihm werde man nicht hören: „Wir wollen“, sondern: „Wir haben beschlossen und werden“, sagte der Regierende.

Für die Vergangenheit räumte Müller Fehler ein, die auch aus jugendlichem Leichtsinn in den wilden Zeiten nach der Wiedervereinigung begangen worden seien. „Berlin ist erwachsen geworden“, stellte Müller fest. Der Regierende erwähnte all die Reizthemen, die auf der Agenda stehen: Wohnungsneubau, Mietenpolitik, Bildung und das kürzlich beschlossene Schultoilettensanierungsprogramm. Und Müller mahnte, Berlin zur Stadt der Arbeit zu machen. „Niemand soll sich zurücklehnen in Berlin und auf Kosten anderer leben.“

Koalitionspartner ist überrascht

Neu war eine Ankündigung des Regierenden. Er gab das Ziel aus, 400.000 landeseigene Wohnungen zu bekommen, durch Neubau und Zukauf der Landesgesellschaften. Bisher sei das Ziel 300.000 für 2016 gewesen. Diese Marke werde aber schon in diesem Jahr erreicht. Der Koalitionspartner CDU war überrascht. Darüber sei noch nicht gesprochen worden, sagte Fraktionschef Florian Graf.

Im latent schwelenden Koalitionsstreit mit der CDU zeigte Müller Flagge und sprach sich erneut für eine Rekommunalisierung der Netze für Gas und Strom aus, die die CDU kritisch sieht. Dabei erklärte Müller die Energienetze zur Grundlage einer Smart-City-Strategie, also der intelligenten Vernetzung zahlreicher Dienstleistungen. „Öffentlicher Einfluss auf die Netze ist die Basis einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Energieversorgung ebenso wie für die Zukunftsfähigkeit von Städten und ihre Industrien und Dienstleistungen“, sagte der Regierende. Auf den Bänken der CDU regte sich keine Hand zum Beifall. Man klatsche nur da, wo das auch geboten sei, hieß es danach aus der CDU.

Kritik gibt es von den Grünen

Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek warf Müller vor, mit dem Zaudern und Streitereien im Senat weiterzumachen wie bisher. Vor allem die Wohnungspolitik und den Personalmangel in den Ämtern kritisierte die Oppositionspolitikerin. „Nehmen sie mehr Geld in die Hand und fördern sie mehr als die 1000 Wohnungen“, sagte Kapek. An Müller appellierte sie, endlich Brücken, Straßen und Schulen zu sanieren und mehr Personal einzustellen, damit die Stadt wieder funktioniert. SPD-Fraktionschef Raed Saleh konterte die Angriffe: „Wir lassen uns die Erfolge nicht kaputtmachen“, rief Saleh. „Schon gar nicht von denen, die Tag für Tag in Kreuzberg neues Chaos anrichten.“

Das Agieren der Opposition krankte aber daran, dass – wie der bei den Piraten ausgetretene Christopher Lauer süffisant über Twitter feststellte – sich sowohl Grüne als auch Linke berechtigte Hoffnungen machen, ab 2016 vielleicht wieder mit der SPD zu regieren. Tatsächlich wies Linken-Fraktionschef Udo Wolf darauf hin, dass die SPD mit der CDU den falschen Koalitionspartner habe. Die Grüne Kapek sagte, ihre Partei stehe bereit, um gemeinsam die Herausforderungen anzugehen.

Später gab es noch einen ganz großen Konsens: Alle Fraktionen beschlossen, dass Berlin in der gemeinsamen Landesplanungskonferenz die Brandenburger drängen sollte, die Pläne für den Braunkohletagebau Welzow-Süd aufzugeben.