Die Grünen haben den Senat aufgefordert, sich so schnell wie möglich auf die Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) als Gebäude für Großveranstaltungen zu verständigen. Die ICC-Sanierung ist nicht von heute auf morgen zu erledigen. „Es wäre fahrlässig, den Kongressstandort Berlin durch Streitereien zu gefährden“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der größten Oppositionsfraktion, Nicole Ludwig am Freitag. Sie reagierte damit auf ein Gutachten, das im Auftrag der Messegesellschaft und der Tourismuswerber von Visit Berlin erstellt wurde.
32 Kongresse mangels Kapazität abgesagt
Die Autoren der Münchener Marktforschungsgesellschaft TNS Infratest haben wie berichtet festgestellt, dass Berlin schon 32 Kongresse mit jeweils mehr als 2000 Teilnehmern für den Zeitraum zwischen 2014 und 2018 mangels Kapazitäten absagen musste. Der City Cube, der als Ersatz für das seit April 2014 geschlossene ICC gebaut wurde, biete keinen adäquaten Ausgleich, weil er häufig durch die Messe belegt sei. Sollte es nicht schnell zusätzliche Kongresskapazitäten geben, drohe für dieses für Berlin so wichtige Geschäft eine „Abwärtsspirale“. „Die Fakten liegen auf dem Tisch“, sagte Ludwig. Die Koalition müsse nun reagieren.
Messe bestreitet Mangel an Kapazitäten
Ob die in der Studie erhobenen Daten aber tatsächlich Fakten sind, darüber streiten die Beteiligten. Die Messegesellschaft bestreitet, jemals Kongresse aus Mangel an Kapazitäten abgesagt zu haben. Weil die Autoren der Studie sich nicht äußern und auch Visit Berlin schweigt, bleibt unklar, aus welchen Berliner Quellen sie die sehr konkrete Zahl von 32 Absagen erhalten haben. Aus Sicht der Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sind die Aussagen der Studie jedenfalls „nicht valide“. Zudem sei es „nicht unbedingt eine öffentliche Aufgabe, zusätzlichen Platz für den „boomenden Kongressstandort“ zu schaffen.
Gutachten zu Shoppingcenter
Yzer verwies auf die Beschlusslage des Senats, zunächst ein Gutachten über mögliche Auswirkungen eines Shoppingcenters im ICC auf die umliegenden Einkaufsstraßen abzuwarten. Diese sei auch in der Senatsklausur am Donnerstag bestätigt worden. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte kürzlich im Morgenpost-Interview seine Sympathien für die Sanierung des ICC als Kongresszentrum bekundet. Yzer hatte ihrerseits vergangenes Jahr ein Gutachten vorgelegt. Demnach sei eine Mischnutzung samt Einkaufszentrum die einzige wirtschaftliche Möglichkeit, das ICC zu sanieren und zu betreiben, ohne den in Aussicht gestellten Landeszuschuss von 200 Millionen Euro anheben zu müssen.
Yzer sprach sich dafür aus, Kongresskapazitäten im Tempelhofer Terminal zu schaffen und den Flughafen zu einer „neuen Visitenkarte des Messe- und Kongressstandortes Berlin zu machen“. Dafür müsse das Gebäude in einzelne Segmente geteilt und die für Veranstaltungen nutzbaren Sektoren der Messegesellschaft übertragen werden.