Auf dem Campus Adlershof der Humboldt-Universität Berlin ist am Dienstag ein Studentendorf eröffnet worden - mit 386 Wohnplätzen in zehn Häusern, Kita, Waschsalon und Fitnessstudio.

Wo später der „Dorfplatz“ entstehen soll, stehen noch Bagger, und auch die Bauzäune zeigen, dass das neue Studentenwohnheim in Adlershof zwar fast, aber doch noch nicht ganz fertig ist. Immerhin sind die ersten Bewohner aber bereits eingezogen, was nach nur zwölf Monaten Bauzeit keine schlechte Leistung ist. So sah es auch der designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), der zur Eröffnung am Dienstag natürlich noch in seiner jetzigen Funktion als Senator für Stadtentwicklung eingeladen war und als solcher mit Bauverzögerungen durchaus vertraut ist.

Bis zu 386 Studenten werden in den zehn drei- und viergeschossigen Gebäuden der Genossenschaft, die auch das Studentendorf in Schlachtensee betreibt, Platz finden. „Studierende, die Wert auf kurze Wege legen, sind bei uns genau richtig“, sagte Jens-Uwe Köhler, einer der Vorstände der Genossenschaft. Für die Treffpunkte des studentischen Lebens, die eher in Kreuzberg oder Friedrichshain, nicht aber in Adlershof zu finden sind, mag das weniger gelten. Die Vorlesungssäle und Seminarräume des naturwissenschaftlichen Campus der Humboldt-Universität sind aber tatsächlich direkt vor der Tür. Und ein Fitnessstudio und eine Kita sind sogar direkt in der neuen Wohnanlage integriert.

Stadtentwicklungssenator Müller begrüßte den Neubau – und tatsächlich ist der Bedarf an Unterkünften für Studenten in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Die meisten Wohnungen auf dem freien Markt, erst recht wenn sie in der Innenstadt liegen, sind für viele der rund 165.000 Nachwuchs-Akademiker der Hauptstadt angesichts der gestiegenen Mieten oft nicht mehr bezahlbar. Die 9400 Plätze in den Studentenwohnheimen sind daher lange vor Semesterbeginn ausgebucht. „Auf unserer Warteliste stehen mehr als 2220 Namen“, sagt Jürgen Morgenstern, der Sprecher des Berliner Studentenwerks, das im Auftrag des Landes die meisten Heime betreibt.

Berlin will 5000 weitere Studentenwohnungen

„Es ist einiges zu tun“, sagte auch Müller. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften hätten zwar bereits viele Projekte für Studenten auf den Weg gebracht. „Aber Bauen dauert nun mal seine Zeit“, sagte Müller. Einen wesentlichen Beitrag, um weitere Plätze zur Verfügung zu stellen, soll nun die neue Liegenschaftspolitik des Senats leisten. Danach muss das Land seine Grundstücke nicht mehr zwangsläufig an den Höchstbietenden verkaufen, sondern kann auch politische Interessen bei der Entscheidung berücksichtigen.

Müller bekannte sich dazu, in den kommenden Jahren 5000 weitere Studentenwohnungen zu bauen. Dieses Ziel hatte im April 2013 der noch amtierende Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ausgegeben, den Müller nach dem für ihn erfolgreichen Votum der SPD-Mitgliederbefragung ab Dezember beerben möchte. „Wir wollen in allen Stadtlagen neue Angebote machen, gerade auch in den Innenstadtlagen“, sagte Müller.

Auf Warteliste vertröstet

Auch der Bildungsverwaltung ist der Bedarf an weiteren Unterkünften für Studenten bewusst. Weitere Heime sollen deswegen auf landeseigenen Grundstücken an der Amrumer Straße in Wedding, der Bendastraße in Neukölln, der Buschallee in Weißensee, der Nordbahnstraße in Reinickendorf und am Steglitzer Damm in Steglitz entstehen. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen die Einrichtungen kreditfinanziert bauen, das Studentenwerk soll sie später betreiben.

Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hofft aber auch auf private Investoren. Das ausschließlich mit einem zinslohen Darlehen der Investitionsbank Berlin (IBB) geförderte neue Studentenwohnheim in Adlershof sei für ein solches Engagement ein gutes Beispiel, heißt es aus der Verwaltung.

390 Euro pro Zimmer und Monat

Nach Angaben der Betreiber sollen sämtliche Zimmer in den kommenden Wochen fertig werden und sind bereits komplett vermietet. Äußerlich strahlt das Gebäude durch Holzelemente in der Fassade eine moderne, aber warme Atmosphäre aus. Im Inneren wohnen die Studenten in 288 Gemeinschaften. Die Zimmer mit Bad sind klein und funktional, man könnte auch sagen äußerst schlicht eingerichtet. Die „Wohnlandschaften“ mit gemeinsamer Küche sind dagegen äußerst großzügig bemessen. Wirklich billig sind die Unterkünfte mit 390 Euro pro Zimmer und Monat allerdings nicht, auch wenn die Nebenkosten im Preis enthalten sind.

Dem 20 Jahre alten Patrick Lukas, der in Berlin im ersten Semester Informatik studiert, gefällt sein neues Zuhause gut. „Eigentlich wollte ich zwar nach Kreuzberg, aber da war nichts mehr zu bekommen“, sagt der gebürtige Bayer. Bei anderen Heimen sei er mit einem Platz auf der Warteliste vertröstet worden. „Man kommt hier gut miteinander in Kontakt“, findet auch Dennis Vardanjan, 19, der aus Schwerin kommt und in Berlin Mathematik studiert. Auch er wäre eigentlich lieber in die Innenstadt gezogen. „Hier sind aber unsere Seminarräume gleich um die Ecke“, sagt er. Das entschädige für die vermeintlich schlechtere Anbindung an die Partyszene der Hauptstadt.

Angesichts der lange Zeit entspannten Situation auf dem Wohnungsmarkt hatte der Senat in den vergangenen Jahren die Zahl der Wohnheimplätze stetig reduziert. So gab es 2005 in 41 Wohnheimen noch Platz für 10.464 Studenten. 2013 fanden in 34 Unterkünften nur noch 9416 Studenten Platz.