An den Berliner Universitäten lernen immer mehr Studenten, aber es fehlt günstiger Wohnraum für sie. Die Wohnheime führen Wartelisten, die Mieten steigen – und im Oktober beginnt das Wintersemester.

Maxine Troglauer ist immer noch schockiert, wenn sie an ihre Wohnungssuche denkt. „Die Vorstellungsrunden in den Wohngemeinschaften glichen einem Massen-Casting. Da kamen häufig mehr als 20 Studenten, die ein Zimmer haben wollten.“ Die 19 Jahre alte Musikstudentin aus Wiesbaden sollte Monate brauchen, bis sie eine bezahlbare Wohnung gefunden hatte.

Studieren in Berlin – der Traum vieler Schulabgänger. Im vergangenen Wintersemester wurden 164.728 junge Männer und Frauen an den Berliner Hochschulen gezählt. Tendenz steigend.

Studenten als Mieter unerwünscht

Wer einen der begehrten Studienplätze bekommen hat, kann sich glücklich schätzen, steht aber schon bald vor dem nächsten Problem: In der Hauptstadt fehlt es an genügend bezahlbarem Wohnraum für Studenten. Die rund 9400 Plätze in den Wohnheimen sind deshalb lange vor Semesterbeginn ausgebucht.

Vielen Hochschülern bleibt nichts anderes übrig, als auf private Wohnungen auszuweichen. Maxine Troglauer studiert an der Hanns Eisler Hochschule für Musik.

Bei ihrer Wohnungssuche hat sie keine guten Erfahrungen gemacht. „Als Student ist man so gut wie immer unerwünscht“, sagt sie. Vermieter würden oft den chaotische Lebensstil und das fehlende feste Einkommen von Studenten als Grund für eine Absage anführen.

Der Sprecher des Berliner Studentenwerks, Jürgen Morgenstern, sagt, dass bereits im Juli dieses Jahres rund 1000 Studenten auf den Wartelisten der Studentenwohnheime für das Wintersemester 2014/15 standen. „Mitte September geht der Sturm auf die Wohnheimplätze richtig los.“ Bis Anfang Oktober werde mit weiteren 3000 bis 4000 Bewerbern gerechnet.

Zahl der Heimplätze reduziert

Grund für das Dilemma ist die Tatsache, dass Berlin Wohnheimplätze reduziert hat, obwohl die Zahl der Studierenden stetig steigt und es auf dem freien Markt immer weniger Wohnungen gibt, die sich Studenten noch leisten könnten. Während es im Jahr 2005 noch 41 Wohnheime in Berlin gab, die Platz für 10.464 Studenten boten, standen 2013 nur noch 34 Wohnheime mit Raum für 9416 Studenten zur Verfügung.

Der Sprecher des Berliner Studentenwerks warnt vor einer weiteren Zuspitzung des Problems: In den vergangenen Jahren habe die Zahl ausländischer Studierender und sogenannter Programmstudierender, die nur für einen begrenzten Zeitraum ihr Studentenleben in Berlin gestalten, stark zugenommen. Immer mehr wüssten nicht wohin.

Auch Maxine aus Wiesbaden musste lange nach einer Unterkunft suchen. „Es ist sehr schwer, die Vermieter von sich zu überzeugen. Ohne mindestens einen Bürgen ist man aufgeschmissen“, sagt sie.

Suche nach WG-Zimmern ist hoffnungslos

Vier Monate lang habe sie nach einer Unterkunft gesucht. Ihre Erfahrungen sind deprimierend. „Ein-Zimmer-Wohnungen muss man gar nicht erst anfragen, weil die Mieten dafür inzwischen bei mindestens 500 Euro im Monat liegen.“ WG-Zimmer seien lange eine günstige Alternative gewesen, sagt die Musikstudentin.

Mittlerweile sei die Suche danach aber fast hoffnungslos. Maxine begann, nach Drei- bis Vierzimmerwohnungen zu suchen, um selbst eine WG zu gründen. „Hätte ich in der Zwischenzeit nicht bei Freunden in Berlin unterkommen können, um vor Ort zu sein, wäre auch das nichts geworden“, sagt sie.

Sechs Prozent der Studierenden haben einen Wohnheimplatz

Um mehr Wohnraum für Studenten zu schaffen, beschloss der Berliner Senat im April 2013, weitere Wohnheime zu bauen. 5000 neue Plätze sollen auf diese Weise in den kommenden Jahren geschaffen werden.

Damit würden dann zehn bis elf Prozent der Studierenden mit einem Platz im Wohnheim versorgt werden. Das entspräche dem bundesweiten Durchschnitt. Gegenwärtig versorgt Berlin nur rund sechs Prozent seiner Studenten mit einem Wohnheimplatz.

In Deutschland wird die Schaffung eines Wohnheimplatzes mit rund 54.000 Euro berechnet. Die in Berlin geplanten 5000 Plätze würden das Land somit etwa 270 Millionen Euro kosten. Eine beträchtliche Summe, die finanziert werden muss.

Hier könnte das Berliner Studentenwerk einspringen, das für die Studentenwohnheime zuständig ist. Dessen Sprecher Jürgen Morgenstern weist aber darauf hin, dass das Studentenwerk als ein Institut des öffentlichen Rechts keine Kredite aufnehmen darf und deshalb nicht bauen kann.

Zu spät fertig

Senat und Studentenwerk haben deshalb versucht, eine andere Lösung zu finden. Sie erarbeiteten eine Hilfskonstruktion mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Diesen sollen gratis Grundstücke vom Liegenschaftsfonds zur Verfügung gestellt werden, um darauf Wohnheime zu bauen.

Der Betrieb dieser Heime soll nach Fertigstellung dann an das Studentenwerk übertragen werden. Fünf geeignete Grundstücke sind dafür ausgewählt worden. Anfang dieses Jahres hat man sich darauf geeinigt, mit einem Pilotprojekt zu beginnen.

Die Fläche an der Nordbahnstraße in Wedding soll als erste bebaut werden, aber erst 2015. Den Studenten, die für das neue Studienjahr nach Berlin kommen, ist damit nicht geholfen. Für sie wird es immer enger.

Um vor Semesterbeginn Mitte Oktober noch eine Wohnung zu finden, müssen viele jetzt noch mehr Geld ausgeben. Zahlreiche Wohnungen werden nur noch über Makler vermittelt, die ebenfalls Geld verdienen wollen.

Schufa-Auskunft und amtliche Gehaltsnachweise

Maxine fand inzwischen eine Wohnung. Doch das war harte Arbeit. 28 Wohnungen sah sie sich an und zwar über ganz Berlin verteilt. Am Rande von Prenzlauer Berg hatte sie dann endlich Glück.

Doch ohne die Bürgschaft ihrer Eltern samt Schufa-Auskunft und amtlichen Gehaltsnachweisen wäre ihr aber auch das nicht gelungen. Nun beginnt die letzte Etappe. Maxine muss zwei Mitbewohner finden. Für sie allein ist der Mietpreis von zehn Euro pro Quadratmeter einfach zu hoch.