Gaza-Konflikt

Verfassungsschützer warnen vor wachsendem Antisemitismus

| Lesedauer: 3 Minuten
Jens Anker und Ulrich Kraetzer

Foto: STEFANIE LOOS / REUTERS

Der Berliner Verfassungsschutz befürchtet wegen des Nahost-Konflikts eine Zunahme antisemitischer Vorfälle auch in Berlin. Mit Sorge wird eine anti-israelische Kundgebung am Freitag beobachtet.

Der Berliner Verfassungsschutz befürchtet wegen des Nahost-Konflikts eine Zunahme antisemitischer Vorfälle und Auseinandersetzungen auch in Berlin. „Die extreme Emotionalität bis hin zu einer versuchten Selbstverbrennung ist ein Zeichen dafür, wie hoch der Druck im Kessel ist“, sagte Verfassungsschutzchef Bernd Palenda.

Vor allem die für den Freitag angemeldete anti-israelische Al-Quds-Demonstration steht unter besonderer Beobachtung. „Ich gehe davon aus, dass es auch in diesem Jahr wieder zu antisemitischen Parolen kommen kann“, sagte Palenda.

Die auf mehreren Demonstrationen registrierten antisemitischen Äußerungen hält der Leiter des Verfassungsschutzes allerdings nicht für ein neues Phänomen. „Ich glaube nicht, dass das ein neuer Antisemitismus ist“, sagte Palenda. „Es ist eine erschreckende Form, die immer wieder wellenförmig auftritt.“

Wowereit verurteilt verbale Attacken

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verurteilte die verbalen Attacken. Solche Vorfälle hätten nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun, erklärte Wowereit.

„Es ist auch nicht hinzunehmen, wenn unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit antisemitische Propaganda verbreitet wird“, sagte der Regierungschef. „Die Polizei ist aufgefordert, hier konsequent vorzugehen.“

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisierte die Vorfälle zusammen mit seinen Kollegen aus Frankreich und Italien.

Kritik an Berliner Polizei

Die Berliner Polizei war kritisiert worden, weil sie antisemitische Parolen auf Demos zwar gehört hatte, aber nicht eingeschritten war. Sprecher Stefan Redlich sagte, die Polizei könne nur eingreifen, wenn gegen Recht und Gesetz verstoßen werde. Nach einer vorläufigen Einschätzung der Staatsanwaltschaft stellten sie keine Volksverhetzung dar.

Auch Rufe wie „Israel Kindermörder“ seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Polizei zog erste Konsequenzen. Sie verbot mehrfach skandierte Parolen wie „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf' allein“ und „Tod, Tod Israel“ sowie „Tod den Israelis“ auf den pro-palästinensischen Umzügen.

Strafanzeige gegen Hassprediger

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat unterdessen gegen den islamischen Hassprediger Abu Bilal Ismail Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Dies teilte der Zentralrat am Dienstag in Berlin mit.

Der Imam aus Dänemark hatte Ende vergangene Woche in der Al-Nur-Moschee in Berlin-Neukölln dafür „gebetet“, dass Allah die an dem Konflikt beteiligten Juden töten möge. Der Staatsschutz nahm Ermittlungen wegen Volksverhetzung auf. Der offenbar arabischstämmige Prediger, der in Dänemark wohnen soll, hat Deutschland inzwischen wieder verlassen.

Keine Zwischenfälle bei Demonstration am Dienstag

Eine Demonstration von Palästinensern vom Potsdamer Platz bis zum Brandenburger Tor verlief am Dienstag ohne Zwischenfälle. Die rund 200 Menschen protestierten erneut gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen.

Sie skandierten „Merkel, warum kein Wort? Völkermord ist Völkermord“ und „Augen auf, unsere Kinder gehen drauf“. Auf Transparenten wurde Israel des Mordes bezichtigt. Bei der israelischen Offensive im Gaza-Streifen wurden bislang mehr als 600 Palästinenser getötet und mehr als 3500 verletzt.