Wenn große Bauvorhaben im Kosten- und Zeitrahmen bleiben, ist das keine Selbstverständlichkeit. Besonders nicht in Berlin. Das Lob des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), dass das beim Bau seines neuen Dienstsitzes im Spreebogen auf dem Moabiter Werder zumindest bislang gelungen sei, enthielt so auch gleich eine deutliche Spitze in Richtung Hauptstadt.
„Der Bau des Innenministeriums liefert den Beweis, dass Berliner auch Großprojekte bauen können“, so der Minister in seiner Rede vor mehreren hundert geladenen Gästen, die sich am Mittwoch zum Richtfest eingefunden hatten.
Dabei war auch der Baustart für das Innenministerium mehr als holprig. Nachdem 2001 erstmals die Idee aufkam, wurde erst sechs Jahre später der Architekturwettbewerb ausgeschrieben. 280 Entwürfe wurden eingereicht, das Büro Thomas Müller Ivan Reimann Architekten gewann den ersten Preis. 2009 bewilligte auch der Haushaltsausschuss des Bundestages die mit 208 Millionen Euro bezifferten Baukosten, im Dezember 2010 erfolgte der erste Spatenstich.
36.000 Quadratmeter Grundstück für Neubau
2011 begannen die Rohbauarbeiten – um dann sogleich wieder für insgesamt sieben Monate gestoppt zu werden. Schuld war der Streit mit einer Firma, die bei der Auftragsvergabe leer ausgegangen war und dagegen vor Gericht Widerspruch eingelegt hatte.
Zwar wurde die Vergabebeschwerde abgewiesen, doch „jeder noch so unbegründete Widerspruch hat aufschiebende Wirkung und der Verursacher muss dafür noch nicht einmal Schadensersatz zahlen“, beklagte Jürgen Gehb, Vorstandssprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) die aktuelle Rechtssprechung, die immer wieder für erhebliche Bauverzögerungen sorge. Die Bauleute hätten die Verzögerung jedoch wieder herausgearbeitet. „Dafür gebührt ihnen großes Lob“, so Gehb.
Der Neubau des Bundesinnenministeriums entsteht auf einem 36.000 Quadratmeter großen, bundeseigenen Baugrundstück in direkter Nachbarschaft des Regierungsviertels und in Sichtweite zum Kanzleramt. Fertigstellung ist wie ursprünglich festgesetzt für Dezember 2014 geplant, so der Innenminister. Er gehe davon aus, dass er, zusammen mit seinen Mitarbeitern, im Frühjahr 2015 in den Neubau einziehen könne, ergänzte Friedrich im Hinblick auf die Bundestagswahl im September dieses Jahres.
Im Regierungsviertel stehen Gebäude im Wert von acht Milliarden Euro
Der Gebäudekomplex, der aus drei ineinandergreifenden „Z-förmigen“ Baukörpern gegliedert ist, soll Platz für 1400 Mitarbeiter bieten. „Wir planen gleich so groß, dass eines Tages auch die Bonner Kollegen mit einziehen können“, so der Baustaatssekretär Enak Ferlemann.
Eine reine Vorsichtsmaßnahme, noch fehlt für den endgültigen Regierungsumzug nach Berlin der notwendige politische Beschluss. Bis dies jedoch so weit sei, würden die Büros nicht leer stehen: „Die Räume werden an nachgeordnete Behörden vermietet“, sagte Ferlemann.
Rund 24 Jahre nach dem Mauerfall und 14 Jahre nach dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin ist der Bund trotz vieler privater Großbaustellen immer noch mit Abstand der größte Bauherr in Berlin. Aktuell werden rund drei Milliarden Euro in Regierungs-, Bundestags- und Kulturgebäude investiert. Die meisten Investitionen konzentrieren sich auf das Regierungsviertel, in das seit der Wiedervereinigung bereits Gebäude im Wert von acht Milliarden Euro errichtet wurden.
Neubau ist weit größer konzipiert
So ist in den vergangenen Monaten auf dem ehemaligen Bundespressestrand an der Spree das neue Bildungsministerium emporgewachsen. Erst vor fünf Wochen wurde am Kapelle-Ufer die Richtkrone hochgezogen. Mit den Bauarbeiten war 2012 begonnen worden, im September 2014 soll der neue Dienstsitz fertig sein.
Ähnlich wie beim Bundesinnenministerium sollen auch die gegenwärtig auf drei Standorte verteilten Berliner Beschäftigten des Ministeriums – derzeit rund 350 Büroarbeitsplätze – damit erstmals einen gemeinsamen Standort erhalten. Der Neubau ist jedoch weit größer konzipiert, insgesamt entstehen 1000 Arbeitsplätze – für die Bonner Kollegen.
Nicht benötigte Büroflächen werden vorerst wie auch im Innenministerium durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) anderweitig vermietet. Insgesamt soll der Dienstsitz von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) 115 Millionen Euro kosten.
Größtes Bauvorhaben entsteht an der Chausseestraße
Gebaut wird auch noch ein paar Meter weiter spreeaufwärts. Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Bundestags wird erweitert. Am 9. November 2010 war Spatenstich. Dort entstehen nach Plänen des Architekten Stephan Braunfels weitere Büros für die Bundestagsabgeordneten, eine Bibliothek und ein großer Veranstaltungssaal. Der Bau soll die bestehende Struktur bis an die Luisenstraße reichen und weitere 44.000 Quadratmeter Nutzfläche bieten.
Der Neubau sollte ursprünglich 2014 fertig werden, nun wird Mitte 2015 angepeilt. Die Bauverzögerungen – unter anderem verhinderte eine Vergabebeschwerde den zunächst anvisierten Baustart – sollen sich aber bislang nicht auf die Baukosten ausgewirkt haben. Diese liegen nach Angaben des zuständigen Bundesamtes für Bauordnung und Raumwesen (BBR) unverändert bei 190 Millionen Euro.
Das größte Bauvorhaben des Bundes, der Neubau des Bundesnachrichtendienstes, entsteht in Mitte an der Chausseestraße. 2006 erfolgte dafür der erste Spatenstich. Mehrfache Bauverzögerungen haben dazu geführt, dass sich der Einzug der rund 4000 Geheimdienstler um 14 Monate verzögert. Erst im Jahr 2016 können alle Büros bezogen werden.
Berliner Stadtschloss soll planmäßig 2019 eröffnen
Zudem sind die Baukosten explodiert: Ursprüngliche Planungen sahen 500 Millionen Euro vor. Inzwischen betragen die Gesamtkosten knapp eine Milliarde Euro. Hauptverursacher der enormen Mehrkosten: eine nicht funktionsfähige Lüftungsanlage.
Auch auf der Museumsinsel, zwischen Neuem Museum und Kupfergraben, gab es zu Beginn erhebliche Verzögerungen. Das neue Besucher- und Empfangsgebäude, das nach den Plänen des Architekten David Chipperfield errichtet wird, ist auch drei Jahre nach dem Start bislang nicht über die Baugrube hinausgekommen. Erst im Herbst soll der Grundstein gelegt werden.
Grund für die Verzögerungen: Die erste Baufirma war mit dem schlammigen Baugrund nicht zurechtgekommen. Die ursprünglich für kommendes Jahr geplante Eröffnung ist auf das Jahr 2017 verschoben worden. Die Kosten waren ursprünglich mit 73 Millionen Euro beziffert. Derzeit werden die Mehrkosten ermittelt. Dem Vernehmen nach sollen es zwölf Millionen Euro sein.
Am 12. Juni soll der Grundstein für das größte deutsche Kulturbauvorhaben nach der Wiedervereinigung gelegt werden: Das Humboldtforum im Schloss sollte ursprünglich ab 2010 errichtet werden. Allein durch die Kostensteigerung im Baugewerbe wird es nun 38 Millionen Euro teurer. Die beschlossenen 552 Millionen Euro mussten auf 590 Millionen Euro korrigiert werden. Läuft alles wie geplant, könnte das Schloss 2018 fertig sein und 2019 eröffnet werden.