Die Berliner CDU will Pädagogen wieder zu Staatsdienern machen. Die SPD hält am Koalitionsvertrag fest. Die Abwanderung der besten Kräfte droht.

Der Koalition droht Streit. Soll Berlin seine Lehrer wieder verbeamten oder nicht? Diese Frage treibt die Verantwortlichen von SPD und CDU gegenwärtig um. Angesichts eines zunehmenden Lehrermangels besteht dringend Handlungsbedarf. Dabei sind Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionären offenbar programmiert.

Noch halten beide Parteien zwar am Koalitionsvertrag fest, in dem steht, dass es die Wiederverbeamtung von Lehrern nicht geben wird. Die CDU hatte sich im Wahlkampf allerdings für die Verbeamtung der Lehrer starkgemacht, bei den Koalitionsverhandlungen an dieser Stelle aber nachgeben müssen. Ungeachtet dessen hat der Landesvorstand der CDU vor wenigen Tagen die alte Forderung erneuert und den Beschluss gefasst, dass Lehrer wieder verbeamtet werden sollen. Als Begründung werden der permanent drohende Unterrichtsausfall an Berliner Schulen, die anhaltenden Schwierigkeiten, ausreichend qualifizierte Fachlehrer zu finden, sowie die absehbare Pensionierungswelle bei Pädagogen angeführt.

Saleh glaubt an friedliche Lösung

Bei der SPD bleibt man hart. Der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh verwies auf den Koalitionsvertrag. Er betonte gegenüber der Berliner Morgenpost, dass es aber keinen Streit geben werde. „Unterschiedliche Parteien haben unterschiedliche Meinungen, und das ist auch ihr gutes Recht“, sagte er. Trotz allem zweifle er nicht an der Koalitionstreue beider Parteien, so der Fraktionsvorsitzende weiter.

Auch Florian Graf, Fraktionsvorsitzender der CDU, sagte: „Es gibt keine Denkverbote, aber es gibt selbstverständlich einen Koalitionsvertrag.“ Trotzdem müsse man miteinander über alles sprechen.

Kathrin Schultze-Berndt, die den Beschluss des Landesvorstands initiiert hat, wurde deutlicher. „Koalitionsvertrag hin oder her, es darf keinen Unterrichtsausfall geben“, sagte die Vorsitzende des Landesfachausschusses Bildung in der CDU. Sie forderte, die Macht des Faktischen zu beachten. „Wir haben die Pflicht, den Unterricht stattfinden zu lassen.“ Diesbezüglich müsse der Beweis erbracht werden, ob es gelinge, alle offenen Stellen mit Lehrern zu besetzen. „Ist das nicht der Fall, müssen wir schauen, wie das andere Bundesländer machen, und uns daran orientieren“, sagte Schultze-Berndt mit Blick auf die 13 Bundesländer, die ihre Lehrer verbeamten.

„Heißer Kampf um Lehrkräfte“

Deutlich wurde auch der Vorsitzende der Oberstudiendirektoren, Ralf Treptow. Er forderte die Wiederverbeamtung der Lehrer in Berlin. „Deutschland steuert auf einen unvorstellbaren Mangel an qualifizierten Lehrkräften zu“, warnte Treptow. In weniger als zehn Jahren würden von den derzeit aktiven Lehrern an den deutschen Gymnasien mehr als 40 Prozent aus dem Dienst ausgeschieden sein.

„Es wird zwischen den Bundesländern einen heißen Kampf um alle Lehrkräfte geben“, prophezeite Treptow. Es gehe dann nicht mehr nur um die Mangelfächer, sondern um jeden einzelnen Lehrer, sagte er weiter.

Gerechtere Voraussetzungen

Saleh räumte indes ein, dass man in Berlin dringend für mehr Fairness in den Lehrerzimmern sorgen müsse. „Es kann nicht sein, dass dort Lehrer mit vier verschiedenen Gehaltsgruppen sitzen“, sagte er. Er unterstütze deshalb die Initiative von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), so Saleh.

Die Senatorin will verhindern, dass junge Lehrer für eine kurze Zeit aus Berlin weggehen, sich in einem anderen Bundesland verbeamten lassen und dann mit diesem Status zurückkehren. „Es muss gerecht zugehen“, forderte Saleh.

Der Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Schulleiter, Paul Schuknecht, zeigte sich irritiert darüber, „dass die Nicht-Verbeamtung bei SPD und CDU jetzt wieder umstritten ist und die beiden Parteien nicht an einem Strang ziehen.“ Solange es diesbezüglich ein Hin und Her gebe, würde sich niemand um das tatsächliche Problem kümmern, warnte er. „Das Wichtigste ist, dass alle Lehrer gleich besoldet werden“, forderte Schuknecht.