Die Hälfte der Berliner Pädagogen beurteilt ihren Gesundheitszustand als schwierig. Es hapert am Gleichgewicht zwischen Beruf und Familie.

Die Hälfte der Berliner Lehrer beurteilt ihren gesundheitlichen Zustand als schwierig. Das geht aus einer repräsentativen Befragung von Pädagogen hervor, die die Bildungsverwaltung in Auftrag gegeben hat. Im September und Oktober dieses Jahres wurde im Rahmen dieses Projekts das pädagogische Personal des Bezirkes Mitte zur Arbeitsbelastung und zur Gesundheit befragt.

Als Auslöser für somatische Beschwerden und Gereiztheit bezeichnen viele Pädagogen die Tatsache, dass es ihnen nicht gelingt, berufliche und familiäre Anforderungen auszubalancieren. Das wirke sich auch auf die Arbeits- und Lebensfreude aus, heißt es. 57 Prozent der Lehrer geben an, nahezu täglich müde und zerschlagen zu sein.

Fast die Hälfte kann nach der Arbeit nicht abschalten. Über ein Drittel räumt ein, fast täglich unruhig, nervös und gereizt zu sein. 42 Prozent der Lehrer haben häufig Rückenschmerzen. Für belastend halten 62 Prozent der Befragten hingegen den hohen Zeitdruck, unter dem sie arbeiten müssen. Aber auch Lärm und sanierungsbedürftige Räumlichkeiten werden als Auslöser für gesundheitliche Schwierigkeiten benannt.

Gleichzeitig gab ein Großteil der Lehrer aber auch an, mit seinem Beruf zufrieden zu sein und ihn erneut wählen zu wollen. Dreiviertel von ihnen haben das Gefühl, in ihrer beruflichen Tätigkeit etwas Sinnvolles zu tun. Die Hälfte gibt allerdings an, dass die häufige Arbeit mit verhaltensauffälligen Schülern negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat.

Viele dauerkranke Lehrer in Berlin

Als positiv erleben die Lehrer demnach, dass sie selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten können und mit Schülern zu tun haben, mit denen sie gerne arbeiten. Auch gebe es viel Unterstützung von der Schulleitung und den Kollegen, heißt es. Die Umfrage zur Lehrergesundheit im Bezirk Mitte ist ein Pilotprojekt. Befragt wurden 20 Schulen. Von den insgesamt 1322 Beschäftigten dieser Einrichtungen haben 561 Personen geantwortet (42,4 Prozent).

Ziel der Befragung ist es, einen Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Gesundheit herstellen und daraus Maßnahmen zur Lehrergesundheit ableiten zu können. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte die Befragung in Auftrag gegeben. Anlass war die hohe Zahl der dauerkranken Lehrer in Berlin. „Es gilt, die Zahl der Dauerkranken langfristig zu senken“, sagte Scheeres.

Derzeit sind rund 1500 Lehrkräfte langzeiterkrankt. Als Ursache für den hohen Krankenstand wurde von vielen Schulleitern in der Vergangenheit immer wieder eine extreme Belastung der Kollegen angegeben. Vertreter der Lehrergewerkschaft GEW fordern seit Langem eine Veränderung des Arbeitszeitmodells. Lehrer, die älter sind als 55 Jahre sollten mindestens zwei Stunden pro Woche weniger arbeiten, heißt es.

Reinickendorfs Bildungsstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) hatte im Oktober als Ursache für die vielen dauerkranken Lehrer die starke Arbeitsbelastung der Pädagogen benannt. Die Lehrer seien über den Unterricht hinaus stark gefordert. Sie müssten nicht nur Wissen vermitteln, sondern mehr und mehr erzieherische Aufgaben übernehmen, sagte sie.

Scheeres will Befragung auf ganz Berlin ausweiten

Wenn Lehrer den schlechten baulichen Zustand ihrer Schule als Ursache für gesundheitliche Beeinträchtigungen angeben, geht es meist darum, dass Pausen- und Arbeitsräume fehlen und die sanitären Einrichtungen in einem schlechten Zustand sind. Kritisiert werden außerdem lange Wege innerhalb der Schule und ein belastendes Raumklima.

Im Ergebnis der Umfrage fordert Bildungssenatorin Sandra Scheeres die Bezirke auf, Lärmminderung bei allen Sanierungsmaßnahmen mitzudenken. „Sofern der Lärmschutz aus Baumängeln resultiert, wurde den Bezirken aufgetragen, aus den Mitteln des Schulanlagensanierungsprogramms im Jahr 2013 Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen“, sagt sie.

An der Befragung haben sich sowohl Grundschullehrer (35 Prozent) als auch Sekundarschullehrer (23 Prozent), Gymnasialschullehrer (33 Prozent) und Lehrer von Förderzentren (9 Prozent) beteiligt. 53,4 Prozent der Befragten sind älter als 50 Jahre, 44 Prozent haben mehr als 26 Jahre Berufserfahrung.

Knapp drei Viertel der Befragten sind Frauen, zwei Drittel verbeamtet. Bildungssenatorin Scheeres hält die Ergebnisse der Studie für überaus wichtig, wenn es darum geht, die Arbeitssituation der Lehrer zu verbessern. „Ich lasse prüfen, ob wir die Befragung auf ganz Berlin ausweiten können“, sagt sie.