Gegen Kürzungen von Unterricht und Förderangeboten protestieren Schulleiter jetzt in einem Brief an die Berliner Bildungsverwaltung.
Die Schulleiter wollen den Personalnotstand an den Berliner Schulen nicht länger hinnehmen. In einem Brief an die Bildungsverwaltung macht die Vereinigung Berliner Schulleiter in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) deutlich, dass zwischen der Lehrerversorgung durch den Senat und dem tatsächlichen Bedarf an den Schulen eine immer größer werdende Lücke klafft.
Denn in den vergangenen Jahren seien im Rahmen der sogenannten Zumessungsrichtlinien viele Kürzungen vorgenommen worden. „Jedes Jahr wird neu definiert, was 100 Prozent sind, so rechnet sich der Senat die Lehrerversorgung schön“, sagte Paul Schuknecht, Vorsitzender der Schulleitervereinigung. Die Folgen seien überlastete Lehrer, ein hoher Krankenstand und Unterrichtsausfall für die Schüler.
Dass der Brief gerade jetzt veröffentlicht wurde, ist kein Zufall. Denn in diesen Tagen werden in der Bildungsverwaltung die Personalausstattungen an den einzelnen Schulen abgefragt und die Zumessungsrichtlinien für das kommende Schuljahr festgelegt. „Meist erfahren wir erst wenn es zu spät ist von den erneuten Kürzungen. Diesmal wollen wir mitreden“, sagte Schuknecht. Auf insgesamt 14 Seiten führen die Schulleiter zahlreiche Beispiele für die jüngsten Kürzungen in der Personalausstattung an. So könnten Kollegen, die wegen ihrer unbezahlt geleisteten Mehrarbeit schon vor Ablauf des Schuljahres in Rente gehen, nicht ersetzt werden. Das Gleiche gelte, wenn Referendare zum Halbjahr die Schule verlassen, weil ihre Ausbildungszeit endet.
Zehn Minuten Beratung eine „Farce“
An den Grundschulen etwa wurden zum laufenden Schuljahr die sogenannten Teilungsstunden, in denen die Klasse in zwei Lerngruppen aufgeteilt wird, für Klassen mit weniger als 23 Schülern gestrichen. An den Sekundarschulen seien die Stunden für die sogenannte Schullaufbahnberatung von ehemals acht Stunden für die gesamte Schule auf kaum noch realisierbare 0,25 Stunden pro Woche gekürzt worden. Die Schule könne demnach nur noch rund zehn Minuten pro Woche einen Lehrer für diese Beratung zur Verfügung stellen. „Für die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt ist das eine Farce“, sagte Schuknecht. Für den sonderpädagogischen Förderbedarf von Integrationskindern gebe es statt bisher drei nur noch zwei Stunden pro Woche zusätzlich. An den Gymnasien seien die Arbeitsbelastungen gestiegen, zusätzliches Personal gebe es aber nicht. So müssten die Lehrer neben dem Abitur gleichzeitig auch die Prüfungen zum mittleren Schulabschluss abnehmen sowie zusätzliche Vergleichsarbeiten schreiben lassen und korrigieren. Das sind nur einige Beispiele aus der Liste der Kürzungen.
Inge Hirschmann, Vorsitzende des Grundschulverbandes, bestätigte die Probleme. Durch den permanenten Personalmangel komme es zu einem erheblichen Qualitätsverlust im Unterricht, sagte Inge Hirschmann. Das spürten auch Schüler und Eltern.
Die Elternvertreter der Grundschule am Brandwerder in Staaken haben sich sogar schon an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses gewandt, weil dort ständig Unterricht ausfällt. „Zurzeit sind mehrere Lehrer krank, und diejenigen, die da sind, sind völlig überlastet“, sagte Elternvertreter Michael Klages. Sein Sohn besucht die vierte Klasse. Wegen der dauererkrankten Klassenlehrerin hätten die Schüler dort ständig wechselnde Vertretungslehrer in Mathe und Deutsch.
Die Bildungsverwaltung wies die Kritik der Schulleiter zurück. „Wir sehen uns jede Schule genau an und stimmen den Bedarf darauf ab“, sagte Sprecherin Beate Stoffers. Bei vermehrten Krankheitsfällen wie in dieser Jahreszeit könne es jedoch vorübergehend zu Problemen kommen.