Es geht nicht mehr nur um die Zukunft des Wilmersdorfer Waldfriedhofes in Stahnsdorf, sondern auch um den Posten der Geschäftsführerin der kommunalen Wohnungsgesellschaft Woges, Anja Zander. Sie soll abberufen werden – doch bislang weiß keiner, warum.
Anja Zander hatte dem Aufsichtsrat eine Beschlussvorlage zukommen lassen, wonach sich die Woges, die auch Immobilien auf dem Gelände verwaltet, um die Übernahme des Friedhofes bewerben soll. Der Friedhof gehört dem Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Was Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) als Gesellschafter der Woges und der dreiköpfige Aufsichtsrat der langjährigen Geschäftsführerin vorwerfen, ist bislang unklar. Dass ihre Ablösung geplant ist, gilt jedoch als sicher. Eine eigens einberufene Sondersitzung der Gemeindevertretung war durch das Veto der Kommunalaufsicht beim Landkreis Potsdam-Mittelmark verhindert worden. Die Einladung sei zu kurzfristig gewesen, hieß es. Nun soll die Sitzung nach der Sommerpause stattfinden.
Fest steht, dass die Gräber mindestens 20 Jahre lang erhalten werden müssen. Oder dauerhaft. Auf dem Friedhof liegen auch ehemalige KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen begraben. Auch einige Häuser gibt es dort, die Woges verwaltet sie für den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.
Ein Teil der Flächen könnten nach den Vorstellungen von Anja Zander aber neu bebaut werden. Die Woges-Chefin hätte sich davon exklusiven Wohnraum – und eine weitere Einnahmequelle für die gemeindeeigene Gesellschaft versprochen. Derzeit gibt es 800 Wohnungen in der 14.000 Einwohnerstadt im Besitz der kommunalen Wohnungsgesellschaft. Der Aufsichtsrat lehnte die Vorlage allerdings ab. Und will Zander nun offenbar loswerden.
Für Verärgerung soll gesorgt haben, dass sie bereits vor einem Jahr beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Interesse bekundet hatte. Offiziell will Zander sich aber nie beworben haben. Das bestätigte auch der zuständige Stadtrat, Marc Schulte (SPD), Morgenpost Online. „Richtig ist, dass der Bezirk den Friedhof mittelfristig aufgeben will, weil der Bedarf an Bestattungen dort nicht mehr da ist“, sagte Schulte. „Wir stehen mit unseren Überlegungen aber erst am Anfang.“ Sollte das Gelände aufgegeben werden, gehe es zunächst an den Liegenschaftsfonds.
Opposition kritisiert Bürgermeister
Die Opposition sieht Anja Zander als Bauernopfer. Sie wirft Bürgermeister Albers Versäumnisse vor. Er kümmere sich nicht um die Zukunft der Gemeinde und des Friedhofs. „Außerdem hätte er längst den Gesellschaftervertrag der Woges neu fassen müssen“, sagt der Stahnsdorfer CDU-Chef Daniel Mühlner. Im Aufsichtsrat müssten alle in der Gemeindevertretung vertretenen Fraktionen angemessen vertreten sein. „Dies fordert auch die Kommunalaufsicht seit einem Jahr“, sagt Mühlner. Für ihn zeigt die Diskussion um die Übernahme des Waldfriedhofs sowie die Posse um die in der Sommerpause geplante Ablösung der Geschäftsführerin, wie dringend eine Neubildung und Besetzung des Woges-Aufsichtsrats ist.
Der Vorsitzende der Gemeindevertreterversammlung, Gerold Maelzer, hat sich dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde den Friedhof übernehmen solle. Er will im Herbst einen Antrag einbringen. „Es muss ein Konzept entwickelt werden, um diesen Schatz für Stahnsdorf zu erhalten“, sagte Maelzer.
Peter Hahn, der über die drei Stahnsdorfer Friedhöfe ein Buch geschrieben hat, sagt: „Dieses Kleinod bildet mit dem kirchlichen Südwestkirchhof und dem kommunalen Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf ein in Deutschland einmaliges Ensemble.“ Und Bürgermeister Bernd Albers ließ aus dem Urlaub verkünden: „Nach der Sommerpause werden wir über den Friedhof beraten. “ Eine offizielle Stellungnahme zum Fall Zander war nicht zu erhalten. Geschäftsführerin Zander sagt: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“.
Nach Informationen von Morgenpost Online soll es zwischen dem Aufsichtsrat, den Gesellschaftern und Zander schon länger Differenzen geben. In die Kritik war die Geschäftsführerin geraten, weil die Kanzlei ihres Bruders einen Beratervertrag mit der Woges hat. Der stammt allerdings bereits aus der Zeit ihres Vorgängers aus dem Jahr 1996. Der Anwalt erhält monatlich eine Pauschale. Zander verlängerte den Vertrag allerdings vorigen November. Sie brauchte dafür keine Zustimmung, da das Honorar unterhalb der Summen liegt, die genehmigt werden müssten. Doch Kritiker bemängeln, Zander hätte sich absichern müssen. „Solche Konstellationen sind nicht hinnehmbar“, lautete es aus Kreisen der Gesellschafter.