Mit Verwunderung hat der Berliner Senat am Freitag auf den gerichtlich verfügten Stopp der Arbeiten für den Weiterbau der A100 reagiert. „Das Urteil ist überraschend, weil die durchgeführten Arbeiten ausdrücklich nicht der Bauvorbereitung dienen“, erklärte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Das Gericht hatte einem Eilantrag einiger Weiterbau-Gegner stattgegeben und untersagt, „bauvorbereitende Maßnahmen“ zur Verlängerung der Stadtautobahn fortzuführen.
Arbeiten laut Senator Müller Naturschutz-Gründen
Anfang Februar hatten auf Anordnung des Senats Räumungsarbeiten auf der geplanten Trasse begonnen. Dafür waren in einer ehemaligen Neuköllner Kleingartenanlage Sträucher und Bäume gerodet worden. Nach Auskunft der Senatsverwaltung gehörte der Abriss in den Schrebergärten jedoch nicht zur Bauvorbereitung, sondern sei zur Verkehrssicherung und aus Naturschutz-Gründen angeordnet worden. Die Arbeiten seien jetzt im Winter begonnen worden, um die Natur zu schonen, hatte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Donnerstag auf Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus gesagt. Kurze Zeit später stoppte das oberste Verwaltungsgericht die Arbeiten per Eilbeschluss.
Das Gericht wertete die Räumarbeiten als einen Verstoß gegen ein früheres Urteil von 2011, mit dem Berlin einstweilig verboten worden war, den Weiterbau planungsgemäß umzusetzen. Denn gegen die Pläne sind mehrere Klagen anhängig, die entschieden werden sollen, bevor das Gericht grünes Licht für den Baubeginn gibt. Mit einem endgültigen Urteil wird im Sommer dieses Jahres gerechnet.
Seit Jahren ein Streitthema
Mit der 3,2 Kilometer langen Verlängerung der Autobahn von Neukölln bis zum Treptower Park soll eine bessere Anbindung der Gewerbegebiete im Ostteil der Stadt erreicht werden. Der Weiterbau ist umstritten. Naturschutzverbände und Anwohnergruppen lehnen ihn ab, zudem hatte das Bauvorhaben in den vergangenen Jahren zum Streit in der SPD und innerhalb der rot-roten Koalition geführt.
Auch die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) erinnerte am Freitag an die Bedeutung des Infrastrukturprojekts für Berlin. Der Weiterbau sei wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, für die Entlastung der Wohngebiete vom Verkehr und für die bessere Anbindung des neuen Flughafens in Schönefeld, sagte IHK-Sprecher Bernhard Schodrowski. „Natürlich müssen alle juristischen Fragen rund um das Projekt A100 klar und zügig geklärt werden, aber das Projekt darf dadurch nicht in Gefahr geraten.“
Der Berliner Bund für Umwelt und Naturschutz, der die Klage zusammen mit einigen Privatleuten eingereicht hatte, zeigte sich dagegen zuversichtlich, dass ein Stopp des gesamten A100-Vorhabens nun realistisch sei. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop nannte die Gerichtsentscheidung eine „peinliche Niederlage für den Senat“. Den Schaden trage der Steuerzahler. Die Kosten des vergebenen Auftrags für die Räumung der Trasse beliefen sich auf 1,3 Millionen Euro, so Pop.