Spektakulärer Transport der Original-Stadtschlossfiguren: Neun Statuen, die einst den Hof der Hohenzollernresidenz zierten, wurden nun nach Berlin-Spandau gebracht. Die Kosten für Restaurierung und Konservierung werden durch Spenden aufgebracht.
Der Schutzgott der Reisenden und des Verkehrs war auch dabei. Wenn auch kopflos, so machte Götterbote Hermes trotz seines hohen Alters am Donnerstag dennoch eine gute Figur und letztlich auch einen guten Job. Denn er begleitete die anderen acht Originalstatuen des alten Stadtschlosses standfest und sicher auf ihrem Weg zur „Schlossbauhütte“ nach Spandau. Dort werden die historischen Kolossalfiguren aus dem 18. Jahrhundert, die einst den Schlüterhof des alten Stadtschlosses schmückten, in der erst vergangene Woche eröffneten Werkstatt zunächst fachgerecht begutachtet und anschließend restauriert sowie konserviert. Im Fall von Hermes bedeutet dies, dass der Götterbote bald nicht nur seinen erhalten gebliebenen Kopf wieder obenauf hält, sondern möglicherweise auch neue Zehen bekommt. Je nachdem, wie das Expertenteam aus Restauratoren die bereits erfolgte Reparatur der großen Zehe von Hermes beurteilt.
Hermes, Herkules & Co. waren unterwegs zur Schönheitskur. Die können sie in Ruhe genießen. „Ein Teil der Figuren soll 2014 zu der geplanten großen Ausstellung des Architekten und Bildhauers Schlüter im Bode-Museum fertig sein“, sagt York Stuhlemmer. Der 44 Jahre alte Architekt ist als Projektleiter im Planungsteam um den Schloss-Architekten Franco Stella für die Rekonstruktion des Schlüterhofes zuständig. Und so begleitete Stuhlemmer gestern auch die wertvolle Fracht auf ihrer spektakulären Tour von Ost nach West, bei der er auch eine werbewirksame Stippvisite an prominenter Stelle eingeplant hatte: Die auf zwei Tiefladern und in einem Transporter festgegurteten und sicher verstauten Figuren und Schmuckelemente machten just gegen 12 Uhr am Lustgarten direkt vor der Humboldt-Box Halt. Genau dort, wo sie im rekonstruierten Schlüterhof des geplanten Humboldtforums wieder Platz finden sollen. Von den Touristen vor der Humboldt-Box, die sich dort über die Planungen für das Humboldtforum informieren wollten, griffen viele schnell zu ihrer Kamera und fotografierten den Tross mit den riesigen Figuren, bevor er Unter den Linden weiterfuhr. Ein Bild für die Götter.
Statuen mit bewegter Vergangenheit
Zuletzt waren die knapp drei Meter großen Halbgötter und weiblichen Allegorien von Andreas Schlüter (1659–1714) und Balthasar Permoser (1651–1732) im Außendepot der Staatlichen Museen in Hohenschönhausen gelagert. „Davor waren sie im Bode-Museum ausgestellt“, sagt Stuhlemmer und weist auf die bewegte Vergangenheit der 1,5 Tonnen schweren Sandsteinskulpturen hin. „Beim Abriss des Stadtschlosses 1950 wurden damals mehr als 2000 Einzelteile wie diese Kolossalfiguren oder auch Gesimse und Schmuckelemente geborgen, von denen allerdings längst nicht mehr alle vorhanden sind“, sagt Stuhlemmer. Ausgerechnet das Ministerium für Aufbau sei damals für den Abriss zuständig gewesen und habe die geborgenen Bauteile 1950/1951 zunächst in ein Lager nach Heinersdorf verfrachtet.
Schon 1817 als wertvoll eingeschätzt
Eine der transportierten Kolossalfiguren – ein Werk von Balthasar Permoser, einer der bedeutendsten barocken Bildhauer, der unter anderem auch den Skulpturenschmuck des Dresdner Zwingers schuf – wurde bereits um 1817 von der Attika des Stadtschlosses abgebaut. „Diese Figur wurde schon damals als bedeutend beachtet und gerettet, obwohl sie nach mehr als hundert Jahren witterungsbedingt nicht mehr in einem sehr guten Zustand war“, sagt Stuhlemmer. Während bis 1860 die gesamte Fassade des Schlosses mit Figuren und Vasen geschmückt gewesen sein soll, habe sich danach ein neues Konzept durchgesetzt, nur noch die Portale zu schmücken, so Stuhlemmer.
Zu den Kosten der Sanierung der insgesamt 13 Figuren, von denen vor dem Transport am Donnerstag bereits vier in der Spandauer Werkstatt standen, könne er sich noch nicht äußern, sagt Stuhlemmer. „Dem Förderverein Berliner Schloss liegen aber Spendenzusagen für die Konservierung der Figuren vor. Der Transport und die Sanierung der Statuen werden mit Spendengeld finanziert.“
Als Anreiz, weitere Spenden einzutreiben, hat sich der Förderverein auch im Kontext der Figurensanierung etwas einfallen lassen: Wer sich ein Bild von den Göttern sowie von der Arbeit der Steinmetze und Bildhauer machen will, kann mit einem Shuttle-Service von der Humboldt-Box in Mitte zur Werkstatt nach Spandau fahren. Voraussetzung zur Anmeldung für die Fahrt ist allerdings die Vorlage eines Spendenausweises, einer Spendernadel oder auch einer gerade erst in der Humboldt-Box erworbenen Spenden-Quittung. Weitere Infos sind beim Förderverein Berliner Schloss e.V. unter Tel. (030) 20673093 erhältlich.