Eine Lehrerin veruntreute das Geld für eine Klassenfahrt. Berliner Direktoren wollen nun Einsicht in die Personalakten neuer Lehrer erhalten. Diese Forderung stößt allerdings auf scharfe Kritik.

Der Fall einer Berliner Lehrerin, die insgesamt 4000 Euro für eine Klassenfahrt veruntreut hat, heizt eine Debatte um Personalakten an. Schulleiter fordern nun, dass sie Einsicht in die Personalakte neuer Lehrer bekommen, um sie einschätzen zu können. Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren geht noch einen Schritt weiter: „Wie in der freien Wirtschaft müssen Schulleiter die Mittel an die Hand bekommen, um ihre Personalverantwortung zu übernehmen.“

Das sollte Vorfälle wie jenen an der Tesla-Schule in Prenzlauer Berg verhindern. An einem Sonntag warteten die Schüler einer neunten Klasse auf ihre Lehrerin. Vom Hauptbahnhof sollte es kurz vor den Herbstferien für ein paar Tage an die Ostsee gehen, auf Klassenreise. Alles war vorbereitet, die Schüler hatten gepackt, die Eltern rund 4000 Euro für Kosten und Logis der Reise an die Lehrerin überwiesen – nur eben die Klassenleiterin erschien nicht an jenem Sonntag. Schon am nächsten Tag erschien die Lehrerin jedoch in der Schule und gestand, dass sie das Geld unterschlagen hatte. Die Eltern und die Schule erstatteten Anzeige – die Lehrerin selbst zeigte sich auch an. Das wird im Umfeld der Schule bestätigt. Besonders brisant: Die Lehrerin unterrichtete zuvor an der Archimedes-Schule, dort gab es offenbar bereits ganz ähnliche Probleme. An der Schule, die sich heute mit einer Realschule zur Konrad-Duden-Sekundarschule zusammengeschlossen hat, kam es ebenfalls zu Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung für eine Klassenfahrt, wie ein Mitarbeiter einräumt. Reden möchte keiner. Auch die Schulleitung der Tesla-Schule will das Thema ruhen lassen, es habe schon genug Aufmerksamkeit gegeben.

Die Forderung anderer Schulleiter mittels der Akteneinsicht ein Frühwarnsystem aufzubauen, das auf mögliche Vergehen von Lehrern hinweist, stößt auf Kritik aus vielen Lagern.

Freigegebene Akten führten zu "schwarzer Liste“

„Rechtlich müssen wir zunächst abwägen zwischen dem Schutzbedürfnis des Lehrers und dem Interesse der Schulleitung“, sagt Andreas Jakubietz, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Schulrecht. Die Akten generell freizugeben, führe zu einer „schwarzen Liste“, die Lehrer vorschnell anprangert. Der Rechtsanwalt Jakubietz verweist darauf, dass es bereits ein Mittel gegen Lehrer gebe, die es mit Gesetz und Vorschrift nicht so genau nehmen: Das Dienst- und Diszilplinarrecht. Bei Disziplinarverfahren liegen die Zuständigkeiten aber bei den Schulräten, also der Senatsverwaltung, und nicht bei der Schule selbst. Das befürwortet die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW Berlin, Sigrid Baumgardt. Sie lehnt eine Akteneinsicht vehement ab. „Der Schulleiter bekommt alle Informationen, die er für die Beurteilung der Lehrkräfte braucht“, sagt sie. Und, vor allem bei dem Fall der Lehrerin von der Tesla-Schule, müsse man bedenken: „Auch wenn es die Tat natürlich nicht rechtfertigt: Lehrer sind auch Menschen, die in Notlagen geraten und Fehler machen.“ Dass es sich hier um einen Einzelfall handelt, glaubt auch Günter Peiritsch, Vorsitzender des Landeselterausschusses. „Zudem handelt es sich bei Geldbeträgen für Klassenreisen nicht um solche, die neue Regelungen nötig machen.“ Er spricht von einem „öffentlichen Vergehen“, das eine Lehrerin ebenso begeht wie ein Küchenchef.