Der Vorschlag, auf Teilen des ehemaligen Flughafens Tempelhof einen Rotlichtbezirk zu machen, hat im Senat für erheblichen Ärger gesorgt. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte dazu: „Es ist einfach nur Quatsch.“
Am Vortag waren die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs „Columbiaquartier“ zur Zukunft von Tempelhof in der ehemaligen Abflughalle präsentiert worden. Wowereit hatte die Ausstellung eröffnet – offenbar in Unkenntnis von Vorschlag Nummer 1281. Diese Idee sieht vor, am Rande des Flugfelds und Columbiadamms ein Vergnügungsviertel mit dem Namen „Columbia-Strip“ entstehen zu lassen. Eine Jury, zu der auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gehört, hatte diesen Entwurf und elf weitere aus 80 Vorschlägen ausgewählt.
Entlang des Columbiadamms sollen demnach ein Straßenstrich, Bars und ein Sex-Museum entstehen. Ergänzt wird das Viertel durch eine Chinatown und ein Klein-Venedig mit Pizzerien und Eiscafés. "Dadurch könnte das Viertel zu einem Anziehungspunkt für Nachtschwärmer, Neugierige, Touristen und Künstler werden", heißt es im Entwurf. Das Planer-Team will noch anonym bleiben.
Politiker lehnen die Idee ab
Vor der Sitzung des Senats am Dienstag gab es ein Gespräch zwischen Wowereit und der Vorgesetzen der Senatsbaudirektorin, Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Nach der Senatssitzung fasste Senatssprecher Richard Meng den Unmut des Regierenden Bürgermeisters zusammen: „Das war keine planerische Glanzleistung, einen Vorschlag öffentlich zu machen, der keine Chance hat.“
SPD-Partei- und Fraktionschef Michael Müller kommentierte den Vorschlag schlicht als unsinnig. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Uwe Goetze, sagte, es sei unfassbar, dass der Entwurf des Rotlichtviertels am Columbiadamm überhaupt in die engere Auswahl kommen konnte. „Damit wird einmal mehr der respektlose Umgang mit dem Flughafen deutlich“, so Goetze.
Martin Lindner, FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, erklärte: „Der Wowereit-Senat macht damit leider nicht nur sich selbst lächerlich, sondern ganz Berlin.“ Carola Blum, Fraktionschefin der Linkspartei, sagte: „Alle guten Projekte beginnen mit einem Brainstorming. Da darf man keine Scheu haben, auch Projekte aufzurufen, die auf den zweiten Blick mehr dagegen als dafür haben.“ In der Senatsbauverwaltung betonte man, dass der Rotlicht-Vorschlag nur eine Idee gewesen sei, er aber sicherlich nicht realisiert werde.
Jury-Mitglieder waren erheitert
Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg stößt die Idee eines Rotlichtmilieus auf totale Ablehnung. Der Baustadtrat von Tempelhof-Schöneberg Bernd Krömer, der zugleich Generalsekretär der Berliner CDU ist, sagte, dass die Idee planerisch legitim sei, die Vorstellung aber, die Idee eines Rotlichtmilieus auf dem Gelände des Flughafen Tempelhof umzusetzen, sei absurd. Der Bezirk, der auch in der Jury vertreten war, hat Krömer zufolge gegen den Rotlichtmilieu-Entwurf gestimmt.
Auch der Stadtrat für Ordnung im Bezirk, Oliver Schworck (SPD), sagte: „So etwas wie die Reeperbahn brauchen wird nicht in Berlin.“ Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD), der auch in der Jury saß, reagierte auf die Idee gelassen. Sie habe bei einigen Jury-Mitgliedern zu Heiterkeit geführt. „Natürlich will niemand ein Bordell neben seinem Wohnhaus haben. Es ist aber eine Illusion zu glauben, Bordelle ließen sich in einer Drei-Millionen-Stadt verhindern. Ob man es aber planmäßig will, ist eine ganz andere Frage“, sagte Blesing. Dem Vernehmen nach hat Blesing auch gegen den Entwurf gestimmt.
Senatsbaudirektorin Lüscher lädt am Donnerstag Abend um 18 Uhr zur öffentlichen Diskussion der Entwürfe in die Haupthalle des Flughafens ein. Die Entwürfe sind dort noch am Mittwoch und am Donnerstag von 10 bis 18 Uhr ausgestellt.