Der Dauerregen hat den Wasserpegel der Hauptstadt bis knapp unter das Zehn-Jahres-Hoch ansteigen lassen. Mittlerweile musste deshalb die Spree für Sportboote gesperrt werden.
Vollgelaufene Keller, überschwemmte Gärten, unterspülte Straßen – der verregnete Sommer hat manchem Berliner die Ferienzeit in Tristesse verwandelt. Jetzt lassen die großen Wassermassen, die in den zurückliegenden Wochen über Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern niedergegangen sind, auch Spree und Havel anschwellen. Mitten in der Hochsaison werden Sportschiffer wegen des Hochwassers ausgebremst.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin (WSA) hat die Berliner Innenstadt für Sportschiffe gesperrt. Auf der Stadtspree, zwischen Lessing- und Schillingbrücke, und auf dem Kupfergraben dürfen private Motor- und Segelboote aus Sicherheitsgründen nicht mehr fahren. Grund für die Sperrung sind starke Querströmungen an der Einmündung des Kupfergrabens in die Spree. Sportboote könnten von der Strömung erfasst und an die die Spundwand gedrückt werden, fürchtet die Behörde. „Es fließt derzeit sehr viel Wasser in Spree und Havel. Alle Wehre sind geöffnet, die Fließgeschwindigkeiten sind sehr hoch“, beschreibt Carola Hirle vom WSA die Lage.
Dutzende Freizeitkapitäne gestrandet
Der Pegel der Spree in Berlin lag nach Angaben des WSA Freitag mit 99 Zentimetern kurz unter dem Zehn-Jahres-Hoch von 102 Zentimetern. Auch der Wasserpegel der Unterhavel war mit 209 Zentimetern von dem höchsten Stand der zurückliegenden zehn Jahre – 214 Zentimeter – nicht weit entfernt. Sollten weiter große Wassermengen aus Brandenburger Havelbereichen in das Berliner Flussbett drücken, so Carola Hirle, könne sich die Lage weiter zuspitzen. Der Leiter des Landesumweltamtes Brandenburg, Matthias Freude, will das nicht ausschließen: „Wir haben im ganzen Land ohne Ausnahme erhöhte Pegelstände“. Die Talsperre Spremberg könne aber noch große Wassermassen auffangen. Für Berlin sei die Lage „vergleichweise undramatisch“, sagt Freude.
Nördlich der Hauptstadt sind wegen Hochwassers aber bereits Dutzende Freizeitkapitäne auf ihrer Tour nach Berlin gestrandet. Die Obere Havel-Wasserstraße ist auf Brandenburger Gebiet bereits für die gesamte Schifffahrt voll gesperrt. Ufer sind dort überflutet, sechs Schleusen gesperrt. Einige waren vom Wasser überströmt, andere wurden geöffnet, damit das Hochwasser ablaufen kann. Die Sperrungen der Oberen Havelwasserstraße sollen nach Schätzungen des Wasser- und Schifffahrtsamts Eberwalde mindestens 14 Tage andauern.
Ausflugsschiffe noch nicht betroffen
Auch in Berlin beobachten die Reedereien argwöhnisch die Wasserstände. Für Andreas Weichbrodt führt in diesen Tagen der erste Arbeitsgang zum Computer. Der Einsatzleiter der Stern- und Kreisschifffahrt in Berlin überprüft jeden Morgen die Pegel, um zu klären, ob alle Ausflugsdampfer der Reederei auf den vorgesehen Routen fahren können. Denn für Ausflugs- und Güterschiffe innerhalb Berlins könnten bei steigenden Flusspegeln niedrige Brücken ein Problem werden. Steigt der Wasserstand, reichen die Durchfahrtshöhen für einige Schiffe nicht mehr aus. „In der vergangenen Woche konnten wir die Lange Brücke in Köpenick schon nicht mehr passieren. Inzwischen ist der Pegel aber wieder leicht gesunken“, sagt Weichbrodt. Sollten die Durchfahrtshöhe einzelner Brücken nicht reichen, müssten die Reeder auf andere Routen ausweichen oder notfalls Schiffe mit hohen Aufbauten aus dem Verkehr ziehen.
Auch die Senatsumweltverwaltung sieht derzeit „noch keine prekäre Lage“. Es bestehe keine Gefahr für Menschen oder Sachgüter, betont Matthias Rehfeld-Klein, Bereichsleiter Wasserwirtschaft. Jüngste Überschwemmungen von Kleingärten wie im Bereich Müggelspree seien „rein lokale Ereignisse aufgrund der starker Regenfälle“. Mit dem Hochwasser habe das nichts zu tun.
Immerhin sind im Juli in Berlin 200 Millimeter Regen pro Quadratmeter gefallen – ein Drittel der sonst üblichen Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres. Mit den Regengüssen vom Juli ist auch der Grundwasserspiegel in der Stadt angestiegen. Schon beschweren sich im Hause von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) bereits Siemensstädter und Rudower wieder über nasse Keller.
Weil es auch in den kommenden Tagen weiter regnen soll, ist Besserung weder für vom Wasser geplagte Hausbesitzer noch für Freizeitschiffer in Sicht. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Einschränkungen für die Sportschiffer in Berlin schnell wieder aufgehoben werden“, prognostiziert Gerrit Riemer, zuständige Sachgebietsleiterin beim WSA. Bis die Pegel der Flüsse wieder fallen, könnten Wochen vergehen.