Schulden

Haushaltssperre - Spandau muss jetzt sparen

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Sabine Flatau und Brigitte Schmiemann

Foto: Joachim Schulz

Sechs Millionen Euro sind das aktuelle Defizit Spandaus. Der Bezirk Mitte hat bereits die Ausgaben gestoppt. Das verschuldete Pankow und Marzahn-Hellersdorf schaffen es voraussichtlich zum Jahresende, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Noch ist Sommer, aber schon jetzt schauen die vier hoch verschuldeten Bezirke besorgt auf das Jahresende. Machen sie neue Schulden oder gelingt ein ausgeglichener Haushalt? Pankow (etwa 28 Millionen Euro Altschulden) und Marzahn-Hellersdorf (etwa 27 Millionen Euro Altschulden) schaffen es voraussichtlich, Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten. Spandau und Mitte kämpfen jetzt schon mit einem millionenschweren Defizit. Erst hat der Bezirk Mitte Ende Juli, nun auch Spandau die Notbremse gezogen und eine Haushaltssperre verhängt. Alle vier Schuldnerbezirke – die sogenannten Konsolidierungsbezirke – stehen besonders im Visier der Senatsfinanzverwaltung und des Abgeordnetenhauses. Sie mussten – ebenfalls Ende Juli – ihre vorläufigen Bilanzen an die Landesbehörde und den Hauptausschuss schicken.

Defizite bei Erziehungshilfen

Etwa 6,5 Millionen Euro betrage das aktuelle Defizit in Spandau, sagte Finanzstadträtin Daniela Kleineidam (SPD). 18,5 Millionen Euro an Altschulden hat der Bezirk. Ursache der Finanzprobleme dieses Jahres sind hohe Kosten im Bereich der Hilfen zur Erziehung. 30 Millionen Euro waren veranschlagt. Die tatsächlichen Ausgaben liegen bei 33,5 Millionen Euro. „Die Hilfen zur Erziehung haben uns bereits im vergangenen Jahr große Schwierigkeiten gemacht“, sagte Bürgermeister Konrad Birkholz (CDU). „Den Prognosen zufolge wird es in diesem Jahr nicht viel besser, obwohl höhere Ausgaben angesetzt waren.“ Auch die Kosten für die Bewirtschaftung von Dienstgebäuden seien um drei Millionen Euro höher als erwartet, sagte Finanzstadträtin Kleineidam.

Mit der am 26. Juli erlassenen Haushaltsperre werden die Ausgaben in der Verwaltung auf das Nötigste beschränkt. Neue Aufträge werden nicht erteilt, neue Bauvorhaben nicht begonnen. Die Behördenmitarbeiter müssen mit alten Computern weiterarbeiten. Die Stadträtin setzt außerdem darauf, dass zum Jahresende noch Geld vom Senat kommt, die sogenannte Basiskorrektur, für höhere Ausgaben im Kita-Bereich und bei sozialen Hilfen. Spandau wolle wenigstens 1,2 Millionen Euro Überschuss machen, um einen kleinen Teil der Altschulden abzubauen.

In Mitte wird wohl nicht einmal das gelingen. Rund 14,6 Millionen Euro an Einnahmen, mit denen die Verwaltung gerechnet hat, sind ausgeblieben. Davon sind 12,2 Millionen Euro sogenannte Erschließungsbeiträge. Sie sind von Investoren zu zahlen, deren Grundstücke an Wert gewinnen, weil sie durch Baumaßnahmen der Behörde erschlossen, also zugänglich gemacht wurden. Dabei gehe es vor allem um Immobilien am Potsdamer Platz und in der Europacity an der Heidestraße, sagte der amtierende Finanzstadtrat Carsten Spallek (CDU). Man setze darauf, dass die Beiträge im nächsten Jahr gezahlt werden. Ein Defizit von 2,4 Millionen Euro ist entstanden, weil der Bezirk weniger Geld durch die Parkraumbewirtschaftung einnimmt. Das könne damit zu tun haben, dass 20 der 138 Ordnungskräfte nicht weiter beschäftigt werden konnten, so Spallek. Die Verträge durften nicht verlängert werden. Sparen will der Bezirk beim Personal. Stellen bleiben unbesetzt, Beförderungen verzögern sich.

Pankow spart beim Personal

Pankows Bürgermeister Matthias Köhne (SPD) erwartet, das Jahr 2011 mit einem ausgeglichenen Haushalt abschließen zu können. In Pankow werde seit Jahren beim Personal gespart. „Wir haben die zweitschlechteste Bezirks-Ausstattung in Berlin“, sagte Köhne. Man habe frei werdende Stellen nicht besetzt und Dienstgebäude an den Liegenschaftsfonds abgegeben. So seien höhere Ausgaben in einigen Bereichen ausgeglichen worden.

Auch Marzahn-Hellersdorf kommt 2011 voraussichtlich ohne Haushaltssperre aus. Schlüssel zum Erfolg sei ein besonderes Finanzcontrolling, sagte Finanzstadtrat Stefan Komoß (SPD). Einnahmen und Ausgaben jedes Amtes seien für jeden Monat aufgeschlüsselt. In der ersten Woche eines neuen Monats werde überprüft, wie weit im Vormonat die Eingaben und Ausgaben eingehalten wurden. „Bei Abweichungen von mehr als zwei Prozent erscheint ein rotes Ausrufezeichen“, sagt der Stadtrat. Die Software für das Controlling habe man selbst entwickelt. Etwa 27,5 Millionen Euro Schulden hatte der Bezirk Ende 2010. Zum Jahresende 2011 sollen 1,1 Millionen Euro getilgt werden.

Auch andere Bezirke haben Mühe mit ihrem Haushalt. Neukölln etwa hatte vor Kurzem mit deutlichen Ausgabensteigerungen zu kämpfen. Wegen des um 4,2 Millionen Euro überzogenen Etats im Bereich „Hilfen zur Erziehung“ waren bereits vorsorglich alle Verträge mit freien Trägern der Jugendhilfe gekündigt worden, die freiwillig sind. Dann entschied die BVV, dass die Verträge bis Ende des Jahres fortgeführt werden, die Jugendstadträtin aber so schnell wie möglich ein Konzept vorlegen muss, wie die Ausgaben bei der Jugendhilfe zurückgefahren werden können.