Der Haushaltsausschuss des Bundestages berät über die Mehrausgaben zur Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses. Die ursprünglichen Baukosten sind nicht zu halten. Die Linke will eine Budgeterhöhung nicht mittragen, die CDU hofft, dass die Mehrheit anders denkt.
An diesem Mittwoch wird die Humboldt-Box, umstritten wegen ihrer dominanten Lage zwischen Berliner Dom, Zeughaus und Museumsinsel, mit geladenen Gästen eröffnet. Während sich die Besucher im Innern der mit türkisfarbener Folie beklebten Betonkiste über den Wiederaufbau des Berliner Schlosses informieren können, wird sich zeitgleich der Haushaltsausschuss des Bundestages mit dem größten deutschen Kulturbauvorhaben der Nachkriegszeit beschäftigen. Der „Bericht zur Kostenberechnung“, den die Abgeordneten beschließen sollen, erhält eine detaillierte Kostenübersicht. Und die hat es in sich.
Der Deutsche Bundestag hatte 2002 den Wiederaufbau des Schlosses auf dem Schloßplatz in Mitte beschlossen und 2007 verbindlich festgelegt, dass die Kosten nicht mehr als 552 Millionen Euro betragen sollen. 440 Millionen sollte der Bund übernehmen, 32 Millionen die Stadt Berlin, 80 Millionen sollten durch Spenden hereinkommen. Doch dafür ist das Schloss nicht zu haben, wie aus der Vorlage des Bauministeriums hervorgeht: Die Gesamtkosten sollen demnach nunmehr 590 Millionen Euro betragen. Doch damit nicht genug: Die Mitglieder des Haushaltsausschusses sollen ihre Zustimmung für weitere „bauliche Optionen in Höhe von 28,5 Millionen Euro“ geben. In dem Bericht, Morgenpost Online vorliegt, werden diese Mehrausgaben „ausdrücklich für die Verwirklichung der baukulturell bedeutsamen Optionen“ eingefordert. Der Schlossbau würde dann mit 618,5 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Mehrkosten überholen Einsparungen
Im Juni 2010 hatte die Bundesregierung beschlossen, aus Spargründen den Baubeginn von 2011 auf 2014 zu verschieben. Das rächt sich jetzt: In den Entwurfsunterlagen wird nachgewiesen, dass aufgrund der achtprozentigen Kostensteigerungen im Baugewerbe seit 2007 die ursprünglichen Baukosten nicht zu halten sind.
Auch die Einsparungen in Höhe von 42 Millionen Euro am Wettbewerbsentwurf von Franco Stella können daran nichts mehr ändern. So bleiben laut Prüfergebnis des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) die reinen Baukosten zwar knapp unter der Marke von 552 Millionen Euro. Jedoch kommen unter anderem noch 30 Millionen für die Risikovorsorge dazu, ferner knapp zwei Millionen für die wirtschaftliche Energieversorgung durch Erdwärme. Auch die Auflagen des Denkmalschutzes, durch ein begehbares „Archäologisches Fenster“ die Fundamente des 1950 gesprengten Schlosses zu erhalten, tragen zu den Mehrkosten bei. Für Diskussionen dürften aber vor allem jene 28,5 Millionen Euro Mehrkosten sorgen, die über das vom Deutschen Bundestag festgelegte Bauprogramm hinaus das Rekonstruktionskonzept vervollständigen sollen.
Zur Erinnerung: Beschlossen ist lediglich die Rekonstruktion der Schlossfassade an drei Seiten des Gebäudes. Mit 15 Millionen Euro ist der größte Posten in dieser Summe die vollständige Rekonstruktion der barocken Außenhülle der Schlosskuppel. Ebenso setzt sich das Ministerium, den Empfehlungen des Bauherren, des Stiftungsrates Berliner Schloss – Humboldt-Forum folgend, dafür ein, dass auch die Portale II und IV inklusive der Durchgänge nach historischem Vorbild wiedererstehen sollen (4,4 Millionen Euro). Allein für das prächtige Portal III, das sogenannte Eosanderportal, wären weitere 5,8 Millionen Euro erforderlich. Der Stiftungsrat hätte außerdem gern ein Dachcafé auf dem Schloss. Das macht inklusive der Zugänge weitere 3,3 Millionen Euro.
Neubau soll zukunftsweisend sein
Während Vertreter der Linken verkündet haben, dass sie diese Mehrkosten keinesfalls mittragen werden, hofft die CDU-Haushaltsexpertin Stefanie Vogelsang, dass die Mehrheit im Haushaltsausschuss anders denkt. „Ich erinnere mich noch gut an die Diskussion zum Umbau des Reichstagsgebäudes für den Deutschen Bundestag“, sagt die Bundestagsabgeordnete. Auch damals sei über Kosten – gerade auch für die Kuppel – heftig gestritten worden. Heute zweifele niemand mehr an der der positiven Entscheidung. Das Gebäude sei auch wegen der begehbaren Kuppel ein Besuchermagnet geworden. „Ich bin fest davon überzeugt, dass der Neubau des Humboldt-Forums mit der baukulturell bedeutsamen Rekonstruktion der Kuppel und der Portale zukunftsweisend für unsere Hauptstadt sein wird.“