Guttenberg, Koch-Mehrin, Saß – Berlins Universitäten reagieren auf die spektakulären Plagiatsaffären. Vorreiter ist dabei die HU. Mit eidesstattlichen Erklärungen und Computerprogrammen sollen Plagiate in Zukunft verhindert werden.

Die Berliner Humboldt-Universität setzt offenbar Maßstäbe. Nach der Ankündigung ihres Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz, die Promotionsordnung als Konsequenz aus den spektakulären Plagiatsfällen zu verschärfen, kündigte auch der Chef der Universität Bayreuth, Rüdiger Bormann, härtere Regeln an. Er will wegen des Falls Guttenberg schon bald die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung bei der Einreichung einer Doktorarbeit verlangen.

Auch der Präsident der TU Berlin, Jörg Steinbach, will Konsequenzen ziehen. Er werde noch stärker als bisher die Zweitkorrektoren von Doktorarbeiten auf ihre Verantwortung hinweisen. „Wir wollen, dass es ein echtes Vier-Augen-Prinzip gibt.“ Grundsätzlich bestehe das Risiko, dass die Promotion wegen der bekannt gewordenen Fälschungen bei Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Silvana Koch-Mehrin (FDP) und Edmund Stoibers Tochter „in ihrer Qualität infrage gestellt wird“. Auch bundesweit kündigten weitere Hochschulen Konsequenzen aus den Plagiatsfällen an – so die Leibniz-Universität Hannover. Dort wurde 2008 ein Jura-Professor verurteilt, weil er gegen Geld Dutzenden Studenten zum Doktortitel verholfen hatte. Strengere Kontrollen plant auch die Uni Rostock. In den vergangenen zwei Jahren sind dort zwei Plagiatsfälle bekanntgeworden. An der Uni Tübingen wird eine eidesstattliche Erklärung eingeführt. Die Uni prüft zudem, ob ein CDU-Landtagsabgeordneter bei seiner juristischen Dissertation Textpassagen fremder Autoren ohne Kennzeichnung verwendet hat. Die Uni Konstanz überlegt ebenfalls, ob die Promotionsordnung verschärft werden sollte, obwohl eidesstattliche Erklärungen, die Arbeit ohne unerlaubte Hilfsmittel verfasst zu haben, dort schon Pflicht sind.

Acht Fälle in fünf Jahren

HU-Präsident Olbertz will noch weiter gehen: Alle Doktoranden sollen eine elektronische Version ihrer Dissertation abgeben, wie er im Interview Morgenpost Online sagte. Aus der HU hieß es am Donnerstag, diese Verschärfung lasse sich bereits zum kommenden Wintersemester umsetzen. In Berlin wurden in den vergangenen fünf Jahren acht Fälle von Wissenschaftsbetrug bestätigt.

An der Universität Hamburg verfügen einige Fakultäten über Software zur Plagiatsprüfung – für die anderen wird eine Anschaffung geprüft. Derzeit gibt es einen Täuschungsversuch bei einer Jura-Dissertation.

Computerprogrammen sind keine Wunderwaffe

Wie hilfreich eine Überprüfung von Texten mit Hilfe von Computerprogrammen überhaupt ist, daran forscht an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft die Medieninformatikerin Debora Weber-Wulff. Seit 2004 führt sie regelmäßig Testreihen durch. 2010 kamen 26 Systeme zur Erkennung von Plagiaten auf den Prüfstand. Das Ergebnis ist ernüchternd: Selbst die besten seien nur „teilweise nützlich“, derartige Software „keine Wunderwaffe“. Mehr komme es wohl auf Aufklärungsarbeit an. Deren Erfolg bezweifelt indes der Berliner Medienphilosoph Norbert Bolz. Er nannte die Plagiatsaffären im Deutschlandfunk die „Spitze des Eisbergs“: Guttenberg und Koch-Mehrin seien keine Zufallstreffer, sondern stünden für „sehr, sehr viele, die getrieben sind von dem Wunsch, sich dieses Statussymbol Doktor an die Brust zu heften, aber gar keine Zeit haben, um tatsächlich selbstständig wissenschaftlich zu forschen“.