Knut war ein Weltstar, das ist keine Übertreibung. Als das drei Monate alte Eisbärenbaby am 23. März 2007 zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wurde, belagerten 500 Journalisten den Bärenfelsen im Berliner Zoo – darunter Kamerateams aus Japan, den USA, Kanada. Warum haben sich selbst Menschen aus Ländern, in denen Eisbären keine Sensation darstellen, so für Knut begeistert? Sicher, er war sehr niedlich – runder, großer Kopf, schwarze Knopfaugen, schneeweißes Kuschel-Fell. Aber das allein erklärt es nicht. Knuts dramatischer Weg ins Leben – von der Mutter verstoßen, von seinem Pfleger Thomas Dörflein mit der Hand aufgezogen – fesselte die Menschen und weckte ihre Gefühle. Diese anrührende Geschichte einer Rettung, dieses moderne Märchen war ein Lichtblick zwischen all den täglichen bösen Meldungen über Krieg, Terror, Gewalt und Armut. Die Knut-Saga befriedigte unsere Sehnsucht nach dem Positiven, Heilen, ja sogar nach der intakten Familie. Thomas Dörflein wurde zur Ikone, zum Inbegriff des liebevollen Papas.
In dieser Wirkung hat Knut die Menschen auch geeint – in Berlin und weit darüber hinaus. Er brachte uns dazu, zu lächeln und bescherte uns ein Gesprächsthema, auf das sich so gut wie alle einigen konnten. Die wenigen Kritiker, denen der „Hype“ zu weit ging oder die grundsätzlich gegen die Handaufzucht von Wildtieren sind, wurden ausgegrenzt, beschimpft, bedroht.
Von der positiven Botschaft, die Knut vermittelte („Knut tut gut“), hat der Zoo profitiert. 3,2 Millionen Besucher zählte er 2007, ein Plus von 27 Prozent. Auch in den Folgejahren kamen jeweils etwa drei Millionen zahlende Gäste. Nicht allein wegen des Eisbären, doch hat er entscheidend dazu beigetragen, die Attraktivität der gesamten Anlage weltweit bekannt zu machen und den Zoo in Berlin wieder stärker ins Gespräch zu bringen. Das hat sich, abgesehen von den Millionen, die Knut-Werbung und -Merchandising eingebracht haben, ausgezahlt. Der Zoo macht Gewinne, benötigt weniger Subventionen.
Und Berlin hat Knut nicht nur zigtausend zusätzliche Touristen beschert, sondern auch einen Image-Gewinn. Die Stadt war auf einmal nicht nur weltoffen, jung und sexy, sondern warmherzig. Knut wird uns fehlen, auch als Symbol und Aushängeschild.