Knut ist tot. Berlins weltbekannter Eisbär brach am Sonnabendnachmittag zusammen und trieb leblos im Wasser des Eisbärgeheges. „Knut ist am Nachmittag ins Wasser gegangen, zuckte noch und war kurz danach tot“, sagte der für die Bären zuständige Mitarbeiter des Zoos, Heiner Klös. Etwa 600 bis 700 Zoo-Besucher hatten Klös zufolge Knuts Tod beobachtet. Einige hätten Fotos geschossen. „Die Zoo-Mitarbeiter sind geschockt“, sagte der Bärenkurator. Die Todesursache war am Sonnabendnachmittag noch unklar.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) reagierte betroffen: „Es ist eine sehr traurige Nachricht, die uns betroffen macht. Wir alle hatten Knut in unser Herz geschlossen. Er war der Star des Berliner Zoos.“
Auch die Zoo-Besucher waren tief getroffen, überall standen am Gehege weinende Menschen. Eine Frau brach zusammen und musste mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht werden. Eine ältere Dame stand etwas abseits und hielt sich die Hände vor das Gesicht.
Eva Wild (39) aus Mitte, die mit ihrem Sohn Lasse (11) und ihrer Mutter Christine den Eisbären im Zoo anschauen wollte, reagierte geschockt. „Wir sind furchtbar traurig“, sagte Christine Wild. Sie war extra aus Rostock angereist, um Knut einmal in natura zu sehen. Die Familie kam aber gar nicht mehr bis ans Gehege. Eine 47-Jährige mit ihrem 13-jährigen Sohn war ebenfalls nicht mehr durchgelassen worden. „Wir lieben sehr viele Tiere im Zoo und der Tod von Knut ist sehr schmerzlich“, sagten Hannelore und Lothar Kerber aus Friedenau. Beide sind seit 1965 Zoo-Aktionäre. „So traurig der Tod ist, es ist natürlich auch ein wirtschaftlicher Schaden, der entsteht“, sagten sie.
Janina (12) und Thorre (12), Schulfreunde aus Spandau erzählten am frühen Nachmittag: „Wir haben um 14.30 Uhr Knut noch lebend gesehen und dann sind wir zu den anderen Tieren gegangen. Kurze Zeit später war er tot. Wir sind richtig traurig.“
Bären-Kurator Heiner Klös weiß um die Bedeutung des Eisbären: „Es sind viele Emotionen, die hier frei geworden sind. Wenn man an so einem schönen Tag in den Zoo geht, um seinen Liebling zu besuchen und der dann vor den eigenen Augen stirbt, dann ist das für den Knutianer fast so, als würde der Partner sterben.“ Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz sagte Morgenpost Online, dass es in den vergangenen Tagen keinerlei Krankheitsanzeichen bei dem erst vierjährigen Eisbär gegeben habe. „Knut wurde gegen 15.20 Uhr tot im Wasser gefunden. Er war allein, die Eisbärinnen waren nicht mehr draußen. Das haben wir immer gemacht, damit Knut noch etwas toben kann.“
Blaszkiewitz, der sich am Sonnabend im Tierpark Friedrichsfelde aufhielt, war gegen 16 Uhr von Klös über den Tod von Knut informiert worden. „Das gefällt niemandem. Wir müssen jetzt aber erst einmal abwarten, was die Ursache ist“, sagte der Zoodirektor, der nicht über die Todesursache spekulieren wollte. Er nannte aber einen epileptischen Anfall, Organversagen oder eine Herzkreislaufschwäche als mögliche Ursache. Im Tierpark habe es einmal einen ähnlichen Fall gegeben. Dort sei ein erst fünf Jahr altes Breitmaulnashorn, das schon anderthalb Jahre im Tierpark war, einfach tot umgefallen. Knut wird nun erst einmal obduziert. Bevor er aus dem Wasserbecken am Sonntag geborgen werden kann, muss erst einmal das Wasser abgelassen werden. „Am Montag erfolgt dann die Obduktion“, sagte Blaszkiewitz. Dazu wird Knut wohl aller Voraussicht nach zum veterinärmedizinischen Institut der Freien Universität gebracht. Dort soll er dann obduziert werden.
Inzwischen wurde unter den Mitarbeitern über die Ursache spekuliert. So wurde befürchtet, dass der Star Knut von irgendeinem Neider vergiftet worden sein könnte. Besucher wollen am Sonnabend beobachtet haben, dass Knut auf einem Felsen mit Schaum vorm Maul im Gehege stand, sich drehte und ins Wasser fiel. Dies deute auf einen epileptischen Anfall hin, wollten Mitarbeiter wissen. Der Obertierpfleger des Zoos, Peter Griesbach, hatte am Sonnabend seinen freien Tag. Von Knuts Tod erfuhr er durch einen Anruf erfahren. „Ich habe einen riesigen Schrecken bekommen und bin sehr traurig“, sagte er. „Knut war richtig gut drauf. Mit seinem Tod hat niemand gerechnet.“ Über die Todesursache konnte auch Griesbach nur spekulieren. „So ein plötzlicher Tod bei einem jungen Tier ist absolut nicht normal. Es kann durchaus sein, dass Knut vergiftet wurde, aber das ist nur eine Mutmaßung. Ich hatte aber schon immer befürchtet, dass irgendein Verrückter Knut etwas antun könnte, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Man braucht sich doch nur einmal diese Fälle ansehen, in denen die Kinderwagen in den Hausfluren angezündet werden.“ Mit der Ermittlung der genauen Todesursache kann es nach Angaben des Pflegers noch ein paar Tage dauern. „Ich rechne frühestens Anfang der Woche mit einem ersten Ergebnis.“
„Der arme Eisbär“, war denn auch die erste Reaktion der Tierschutzexpertin der Grünen, Claudia Hämmerling. „Es ist sehr traurig, dass Berlin sein Wahrzeichen verloren hat. Ich hätte ihm ein schöneres Eisbärenleben gewünscht.“ Hämmerling hatte in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass das Gehege zu klein gewesen sei. Auch der Umstand, dass Knut von den Eisbärweibchen angegriffen worden sei, habe dem Eisbären das Leben schwer gemacht. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, äußerte sich betroffen über den plötzlichen Tod von Knut. Zugleich übte er wie Hämmerling Kritik an der Haltung des Tieres im Zoo. „Das kurze und qualvolle Leben von Knut zeigt erneut, dass Eisbären nicht in den Zoo gehören, auch wenn sie Knut heißen“, sagte Apel. Er nehme das Schicksal von Knut zum Anlass, die komplette Haltung von Wildtieren in deutschen Zoos auf den Prüfstand zu stellen, kündigte der Tierschützer an.
Tierpfleger Dörflein starb 2008
Knut war mit vier Jahren und etwas mehr als drei Monaten noch ein relativ jünger Eisbär. In Berlin war seine Geburt eine kleine Sensation, denn es war die erste Geburt eines Eisbärenjunges seit mehr als 30 Jahren. Das Muttertier Tosca nahm das Junge aber nicht an. Sein Zwilling starb. Der Tierpfleger Thomas Dörflein zog es daraufhin unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit groß.
Tausende Besucher schauten zu, wenn Dörflein mit dem Eisbären-Baby im Gehege spielte. Auch ausländische Zeitungen und Fernsehsender berichteten über Knut. Die deutsche Post brachte eine Briefmarke mit einem Foto Knuts heraus. Durch zahlreiche Videoberichte im regionalen RBB-Fernsehen wurde Knut zum Publikumsliebling. Auch überregional stieg das Interesse an dem kleinen Bärchen.
Vor mehr als 500 Journalisten aus der ganzen Welt zeigte sich Knut am 23. März 2007 erstmals auf dem Bärenfelsen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begleitete ihn bei seinem ersten Ausflug und übernahm die Patenschaft. Beim ersten Auftritt vor Zoo-Besuchern einen Tag später zog Knut die Massen an. Fortan strömten täglich bis zu 15000 Menschen zur „Knut- Show“. Auch weltweit wurde über Knut berichtet. 25000 Knut-Fans sehen im April 2007 pro Tag Knut beim Spielen und Schmusen mit den Pflegern.
Das Interesse wurde schwächer, als Knut größer wurde und damit auch seine niedliche Erscheinung verlor. Dennoch blieb ihm eine große Fangemeinde treu. Am 22. September 2008 starb dann sein Pfleger Thomas Dörflein völlig überraschend. Der 44-Jährige war damals einem Herzinfarkt erlegen.
„Knut ist jetzt bei seinem Freund und Pfleger Thomas Dörflein“, sagte Edith Pauer (60) aus Schöneberg am Sonnabend. „Die beiden können jetzt da oben zusammen spielen und kuscheln.“