Wer im Internet nach einem guten Arzt sucht, stößt auf die verschiedensten Portale – bislang leistet kaum eines wirklich guten Service. Verbraucherzentralen warnen vor werbefinanzierten Plattformen, die nicht selten von Pharmafirmen gesteuert würden. Mit dem neuen Arztnavigator, den die AOK zurzeit erstellt, soll die Online-Suche von Fach- und Hausärzten nun verbessert werden.
Berlins größte Krankenkasse kooperiert im Rahmen des neuen Projekts mit Partnern wie der Weißen Liste, einem Verbund der Bertelsmannstiftung mit Patienten- und Verbraucherorganisationen. „Geplant ist ein werbefreies, unabhängiges, nichtkommerzielles und qualitativ hochwertiges Arztinformationsportal“, sagt AOK-Sprecherin Gabriele Rähse.
Im Zuge des neuen Projekts müssen sich auch Fach- und Hausärzte an strengere Kontrollen durch ihre Patienten gewöhnen. Ganz bewusst entschlossen sich die Initiatoren dazu, subjektive Bewertungen mit einfließen zu lassen. Derzeit geben AOK- und Barmer-GEK-Versicherte Ärztebewertungen ab. Nach deren Auswertungen soll die Online-Suchmaschine im Mai dieses Jahr fertiggestellt werden, dann können Versicherte aller Kassen dort nach guten und geeigneten Medizinern suchen.
Zu den Pilotregionen gehören neben Berlin auch Hamburg und Thüringen, mitmachen können Versicherte ab 15 Jahren. Auf der Internetseite www.aok-arztnavi.de müssen sie lediglich ihre Kassen- und Versicherungsnummer angeben, dann können sie ihr Urteil abgeben, was laut AOK nur wenigen Minuten in Anspruch nimmt. Der Internet-Fragebogen besteht aus 33 Punkten. Diese sind aufgeteilt in die Bereiche „Praxis und Personal“, „Arztkommunikation“, „Behandlung und Gesamteindruck“. Versicherte, die keinen Zugang zum Internet haben, bekommen in AOK-Geschäftsstellen die Gelegenheit, Fragebögen auszufüllen, ihre schriftliche Bewertung soll in den Arztnavigator mit einfließen.
Die Stiftung Warentest, die im März mehrere Arztportale testete, gab eine erste positive Einschätzung zum geplanten Arztnavigator ab. Es sei ein Bewertungsportal für einen enormen Nutzerkreis, das Bewertungsverfahren sei transparent und die Fragebögen differenziert gestaltet. Jetzt bleibe abzuwarten, wie viele Menschen das Portal nutzen und was für die Bewertung dabei herauskommt, kommentierten die Tester.
Nicht alle niedergelassenen Mediziner freuen sich über den geplanten Navigator. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warnte vor einem „digitalen Ärztepranger“. Ein anonym bewerteter Arzt habe keine Möglichkeit, auf Kritik zu reagieren und Missverständnisse richtigzustellen. Auch die ehemalige Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, mahnte, dass die Plattform wissenschaftlich begleitet organisiert sein müsse.
Rolf Schlenker vom Barmer-GEK-Vorstand betonte hingegen, dass solche Portale Teil eines überfälligen Wettbewerbs darstellen. „Mediziner lassen sich nur ungern beurteilen, sie müssen sich dem Wunsch der Patienten nach mehr Transparenz aber stellen.“ Ohnehin wird der Arztnavigator in Kooperation mit Medizinern entwickelt. Erst wenn mehrere Patienten-Bewertungen zusammenkommen, werde eine Aussage gemacht und online gestellt. „Damit können wir gezielte Manipulationen ausschließen“, sagte AOK-Sprecherin Rähse.
Gesundheitsexperten verweisen darauf, dass auch viele Mediziner von dem Arztnavigator profitieren werden. Die Ärzte erhalten über die Patienten-Bewertungen ein ehrliches Feedback. Damit könnten sie einerseits ihr internes Qualitätsmanagement verbessern oder – sollte die Bewertung besonders gut sein – zur positiven Außendarstellung der eigenen Praxis nutzen. Ärzte, die auf die Befragung aufmerksam machen, erhalten Info-Flyer zum Arztnavigator über die zuständigen Berater der beteiligten Krankenkassen in Berlin. Diese können unter der Telefonnummer 0331/277225000 angefordert werden.