2000 Menschen haben im Berliner Mauerpark und am Boxhagener Platz die Walpurgisnacht gefeiert. Nach Ende des Straßenfestes in Friedrichshain randalierten dann aber doch am späten Abend rund 250 Linksautonome. Die Bilanz: 48 verletzte Polizisten, 57 festgenommene Randalierer.
Entspannte Ruhe im Mauerpark in Prenzlauer Berg, immer wieder aufflackernde Scharmützel zwischen Polizei und gewalttätigen Demonstranten am Boxhagener Platz in Friedrichshain – so unterschiedlich präsentierten sich in der Nacht zum 1. Mai die Hauptschauplätze der alljährlichen Walpurgisnachtfeiern. Während es im Mauerpark friedlich wie kaum je zuvor blieb, sah sich die Polizei rund um den Boxhagener Platz über mehrere Stunden mit einer teilweise bis zu 250 Personen starken Gruppe konfrontiert, die beharrlich versuchte, Krawalle anzuzetteln. Dabei flogen auch Flaschen und Steine gegen die Beamten.
Die Bilanz der Nacht: 48 leicht verletzte Polizisten und 57 festgenommene Randalierer. Gegen sie wurden Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstand eingeleitet. Insgesamt waren in der Walpurgisnacht 2000 Beamte im Einsatz. Polizeisprecher Frank Millert sprach von einem überwiegend friedlichen Verlauf der Nacht, eine Einschätzung, die Peter Trapp, Vorsitzender des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus, nicht uneingeschränkt teilen wollte. „Wer Polizisten mit Steinen bewirft, handelt nicht friedlich.“ Insgesamt allerdings lobte Trapp das Polizeikonzept und die Arbeit der eingesetzten Beamten.
Die angemeldete Versammlung am Boxhagener Platz verlief nach Angaben von Augenzeugen friedlich, etwa 2000 Menschen feierten in ausgelassener Stimmung. Nach Ende der Veranstaltung um 22.30 Uhr rotteten sich etwa 250 Angehörige der autonomen und radikalen Szene zusammen und zogen als „Spontandemo“ Richtung Warschauer Straße. Dort bewarfen sie kurze Zeit später eine Straßenbahn mit Flaschen. Als die Polizei einschritt, flogen auch Flaschen und Steine gegen die Beamten, mehrere Gewalttäter wurden festgenommen. Der Rest der Truppe zog weiter und entzündete kurz vor Mitternacht vor einem Lokal an der Warschauer Straße ein Feuer. Bei den Löscharbeiten wurden erneut Polizeibeamte mit Steinen und Flaschen beworfen. Anschließend demolierten die Autonomen ein BVG-Wartehäuschen und zogen mehrere Müllcontainer auf die Straße, um sie dort anzuzünden. Eine letzte Attacke der Randalierer auf die Beamten gab es gegen ein Uhr, danach löste sich die Gruppe auf.
Fünf brennende Fahrzeuge
Neben Mauerpark und Boxhagener Platz waren in der Nacht auch der Kollwitzplatz sowie der Viktoriapark und der Oranienplatz in Kreuzberg Schauplätze von Feiern. Im Viktoriapark musste die Polizei mehrere trotz Verbots angezündete Feuer löschen, am Oranienplatz schossen mehrere Personen Feuerwerkskörper ab. Größere Zwischenfälle gab es nach Polizeiangaben an allen drei Orten nicht.
Dafür schlugen Randalierer in den frühen Morgenstunden an verschiedenen Orten zu. In Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Prenzlauer Berg gingen fünf Fahrzeuge in Flammen auf, ein sechster Brandanschlag in Lichtenberg konnte dank aufmerksamer Zeugen verhindert werden. Am Friedrich-Krause-Ufer in Tiergarten bewarfen unbekannte Täter die Ausländerbehörde mit Pflastersteinen und Farbflaschen. Dabei wurden fünf Fensterscheiben beschädigt. In allen Fällen geht die Polizei von einem politischen Hintergrund und einem Zusammenhang mit den Veranstaltungen zur Walpurgisnacht aus.
Reinigung der Parks bereits am frühen Morgen
Wer am Morgen des 1. Mai den Weg zum Boxhagener Platz fand, der bekam keine Spuren der vorangegangenen Nacht zu sehen. Frisch aufgehängte blaue Müllbeutel, fröhliche Kinder auf dem Spielplatz, allenfalls ein oder zwei junge Menschen, in der Sonne dösend, die möglicherweise noch von der Walpurgisnacht „übrig geblieben“ waren.
Im Mauerpark hatten Feiernde dank einer entsprechenden Genehmigung auch sogenannte Schwedenfeuer anzünden dürfen. Das sind kleine Feuer in ausgehöhlten Baumstämmen. Auf einer extra dafür vorgesehenen Feuerstelle unweit des steinernen Amphitheaters glimmte am Freitagmorgen noch ein wenig Kohle nach, als Arbeiter kurz nach 9 Uhr die letzten Müllsäcke auf einen kleinen Transporter luden.
Bereits um 6 Uhr hatten etwa 20 Arbeiter der vom Bezirksamt beauftragten Firma „Grünblick“ damit begonnen, die verschmutzte Grünfläche zu reinigen. „Wir haben vor allem Pappbecher einsammeln müssen. Von der Menge her war es nicht allzu viel, wir hatten ungefähr genauso viel Müll wie im letzten Jahr“, sagte Murat Sönmez, während die ersten Jogger und Walker den schon wieder sauberen Mauerpark durchquerten, um die ersten Sonnenstrahlen zu genießen.
„Wir beauftragen jedes Jahr am 1. Mai eine Fremdfirma, da es sich ja um einen Feiertag handelt“, sagte bereits am Mittwoch Andreas Schütze, Leiter des Amts für Umwelt und Natur in Pankow. Von der Innenverwaltung werde auch ein extra Budget zur Verfügung gestellt. „Unsere eigenen Mitarbeiter werden dann am Montag wieder im Einsatz sein.“ Ähnlich handhabt es auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: „Lediglich die Überprüfung der erbrachten Reinigungsleistung wird von bezirklichem Personal übernommen“, so Hilmar Schädel, Leiter des Fachbereiches Naturschutz und Grünflächen. „Der nächste komplette Reinigungsgang findet am 4. Mai statt.“
Vier von zehn Miettoiletten wurden zerstört
Großen Anteil daran, dass am Morgen so wenig von der Walpurgisnacht zu sehen war, hatte auch die Berliner Stadtreinigung (BSR). BSR-Sprecher Bernd Müller hatte schon im Vorfeld angekündigt, dass man bereits in den frühen Morgenstunden aktiv werden würde, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Auf dieselbe Weise werde es auch in der Nacht zum 2. Mai laufen: „Was die Personalstärke angeht, so sind wir flexibel: Neben der normalen Planung gibt es auch eine Rufbereitschaft“, so Müller. Im vergangenen Jahr war die BSR rund um die Oranienstraße mit fast 60 Mitarbeitern und 25 Fahrzeugen im Einsatz.
Weit weniger Glück als diejenigen, die im Mauerpark Flaschen, Pappbecher und anderen Unrat zusammenkehrten, hatte Michael Pieschel vom Unternehmen „T.T.S.“, das nicht weit vom Parkzugang an der Eberswalder Straße zehn Miettoiletten aufgestellt hatte. Nur sechs davon konnte Pieschel am Morgen nach der Walpurgisnacht auf seinen Lastwagen laden, vier blieben erst einmal vollkommen zerstörte zurück. In der Hand hielt Michael Pieschel ein Schreiben der Polizei mit dem Vermerk, dass die vier Miettoiletten am frühen Freitagmorgen, nämlich gegen 5.45 Uhr, in Brand gesetzt worden waren. „In der Regel passiert so etwas hier im Mauerpark nicht“, so Pieschel, der auch im Vorjahr im Einsatz war „Wir haben auch noch Toiletten am Mariannenplatz stehen, bin mal gespannt, was dort heute noch passiert.“
Politische Reaktionen
In der Polizeiführung zeigte man sich erfreut darüber, dass die Krawall suchenden Gewalttäter weitgehend isoliert blieben und es ihnen nicht gelang, andere Teilnehmer der Veranstaltungen zu Gewalttaten zu provozieren. „Es ist den Beamten immer wieder gelungen, die Ausschreitungen im Keim zu ersticken“, so Behördensprecher Millert.
Auch Peter Trapp (CDU) und Björn Jotzo (FDP), innenpolitische Experten ihrer Fraktionen im Abgeordnetenhaus, lobten den Einsatz der Beamten. Benedikt Luks (Grüne) hingegen kritisierte die Maßnahmen zur Überwachung des Dosen- und Flaschenverbotes bei den einzelnen Veranstaltungen. Viele Teilnehmer hätten ihre Flaschen trotz der Kontrollen auf die Veranstaltungsgelände schmuggeln können. „Damit hätte man sich das ganze Verbot auch sparen können, gebracht hat es zumindest am Boxhagener Platz nichts“, sagte Lux.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigte sich am Freitagnachmittag mit dem bisherigen Verlauf der Mai-Demonstrationen und Veranstaltungen zufrieden. Die Situation sei ähnlich wie in den vergangenen Jahren sagte Körting. „Die Polizei hat die Lage beherrscht und alle Versuche, Gewalt anzuzetteln sofort unterbunden“, lobte der Senator. Ähnliches erhoffte er sich auch für den Abend des 1. Mai.