Islamisches Badekleid

Der Burkini und seine Berliner Gegner

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Brigitte Schmiemann

Im Spreewaldbad in Berlin-Kreuzberg läuft noch bis zum Sommer ein Pilotprojekt: Hier können islamische Frauen im "Burkini" baden, eine Art Pyjama mit Haube. Doch das Interesse der Muslimas ist gering. Und Kritiker wollen Unterschriften gegen das Targen des Badekleides sammeln.

Noch bis zur Sommerpause dürfen Frauen im Spreewaldbad an der Wiener Straße in Kreuzberg im Ganzkörperbadeanzug schwimmen. Bei den Burkinis – eine Wortschöpfung aus Bikini und Burka – handelt es sich um ein dem Schlafanzug ähnliches Badegewand mit Haube. Es lässt nur Gesicht, Hände und Füße frei. Damit sollen gläubige Muslima die Möglichkeit des Schwimmens in öffentlichen Bädern erhalten.

Ursula Rehbein (73) sieht den Burkini. „Das ist doch nur eine Geschäftsidee einer Frau, die diese Anzüge verkauft. Die Senatsinnenverwaltung sollte dem nicht folgen“, sagt Schwimmerin Rehbein, die in der Schwimmgemeinschaft Schöneberg aktiv ist. Und sie sagt auch, dass die meisten Mitglieder der Schwimmgemeinschaft gegen die Burkinis. Und zwar aus Gründen der Hyngiene - und der Frauenpolitik.

"Auch im Interesse der Migrantinnen, die hier bei uns angekommen und integriert sind, darf sich der Innensenator nicht aus der Verantwortung stehlen. Sonst müssen auch die bald wieder solch einen Burkini tragen“, sagt Ursula Rehbein. Sie will jetzt Unterschriften gegen die Einführung des Burkinis in den Berliner Schwimmbädern sammeln. Ende April wollen die Berliner Bäderbetriebe den Pilotversuch auswerten und entscheiden, ob diese Art der Badebekleidung in allen Berliner Bädern zugelassen wird.

Pilotversuch in einem Bad

Der nur während des Frauenschwimmens am Montag im Kreuzberger Spreewaldbad (14 bis 17 Uhr) zugelassene Ganzkörperbadeanzug wird dort bislang selten gesehen. „Bislang kam kaum eine Frau damit – außer das Fernsehen dreht, dann werden die Burkinis hier vorgeführt“, berichten die Schwimmmeister. Eine Berliner Unternehmerin, Nele Abdallah, die die Gewänder im Internet vertreibt, hatte bei den Bäderbetrieben die Genehmigung für das Tragen der Burkinis beantragt. Nach einem Test über die Tauglichkeit des Anzugs beim Schwimmen im Sommerbad am Columbiadamm im vergangenen Sommer war zusammen mit der Senatsinnenverwaltung und den Schwimmverbänden entschieden worden, die Schwimmbekleidung probehalber in einem Bad zu erlauben.

Der Berliner Schwimmverband will den Pilotversuch abwarten, bevor er sich positioniert. Im Leistungssport sei der Anzug ohnehin kein Thema, weil er eine Behinderung darstelle, sagte Vizepräsident Martin Weiland. Er räumte zwar ein, dass gläubige muslimische Kinder schwer an den Schwimmunterricht heranzuführen seien. Es gebe aber auch etliche Mitglieder mit Migrationshintergrund, die westliche Badekleidung tragen würden.

Bäderchef Klaus Lipinsky bestätigt, dass der Burkini im Spreewaldbad sehr wenig angenommen wird. Er habe Briefe von Schwimmern erhalten, von denen sich die meisten gegen die Burkinis aussprechen, sagt Lipinsky. „Wir wollen den Test aber nicht beeinflussen.“ Nach der Testphase gebe es drei Lösungen: Burkinis generell zulassen oder nicht – oder man erlaubt sie an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten.

Allerdings: Auch Frauen, die den Burkini trügen, müssen vor dem Schwimmen unbekleidet duschen, sagt Lipinsky. Und dass im Sanitärbereich ausschließlich weibliches Personal arbeite, das könne er nicht sicherstellen. Außerdem dürfe keine Unterwäsche unter den Burkinis getragen werden. Bei Verdachtsfällen müssten Bademeisterinnen die Burkini-Trägerinnen kontrollieren.

Ozra Amani ist Muslimin und nutzt das Spreewaldbad - ohne Burkini. Die Frau aus dem Iran findet die Burkinis nicht schön: „So viel Stoff muss doch unbequem sein.“ Bewegungspädagogin Pia Kopp vom Verein Akarsu, die für Frauen mit Migrationshintergrund Schwimmkurse im Spreewaldbad anbietet, kennt arabische Frauen, die sich wegen der männlichen Bademeister auch beim Frauenschwimmen nicht wohl fühlen und deshalb nicht kommen. Die meisten Frauen allerdings, die die Kleidervorschrift in ihren Heimatländern als Einschränkung erlebt hätten, fänden Burkinis nicht gut.

Das meint Leistungsschwimmerin Anne Cassé auch - dass „die meisten türkischen und arabischen Frauen die Anzüge ablehnen“. Schwimmlehrerin Roswitha Ehrke vom Verein Seitenwechsel, die im Spreewaldbad unterrichtet, sieht den Schwimmanzug ambivalent: „Es schwimmt sich schwierig damit, aber es wäre ja positiv, wenn dann Frauen kämen, die sonst nicht kommen dürften.“ Joachim Uffelmann, Vorsitzender des Vereins TSB (Tauchen, Schwimmen, Breitensport), betreibt seit 2002 das Baerwaldbad, in dem muslimisches Frauenschwimmen angeboten wird. Es wird gut angenommen. Burkinis allerdings sind verboten.

"Wenn Frauen unter Frauen sind mit einer weiblichen Badeaufsicht und das Bad von außen nicht einsehbar ist, sind solche Anzüge unnötig. Außerdem ist es eine Frage der Hygiene“, gibt Uffelmann zu bedenken. Verständnis habe er hingegen für Leggings, die muslimische Kinder manchmal trügen, damit die Knie bedeckt sind. Die seien sowohl im Baerwaldbad als auch in den öffentlichen Bädern erlaubt.

Nele Abdallah, die die Burkinis mit ihrer Firma „Dressed To Swim“ übers Internet vertreibt, überrascht es nicht, dass es so wenige Burkinis im Spreewaldbad gibt. „Das liegt einerseits bestimmt an den relativ geringen Stückzahlen, die die Berlinerinnen bisher bestellt haben, andererseits vielleicht auch daran, dass sich die regelmäßigen Journalistenbesuche dort vielleicht herumgesprochen haben“, meint sie.