Auf der BVV-Sitzung in der vergangenen Woche lehnten die Grünen als einzige Fraktion einen Resolutionsentwurf zu politisch motivierten Übergriffen ab, weil er die Formulierung enthält: „Einschüchterungsversuche gegen Personen sowohl von rechts-, als auch von linksextremer Seite treffen auf unsere einhellige Ablehnung und Gegenwehr.“ Denn die Grünen wollen Links- und Rechtsextremismus getrennt behandeln. „Man darf nicht beides in eine Topf werfen“, sagt der Grünen-Verordnete Bernd Szczepanski. Doch die SPD besteht darauf, dass ihr Bündnispartner sich deutlich von linksextremen Übergriffen distanziert. „Wir wollen eine klare Absage an politische Gewalt, egal, aus welcher Richtung sie kommt“, sagt SPD-Kreischef Fritz Felgentreu. Es folgte eine Klausur der Neuköllner Zählgemeinschaft am vergangenen Wochenende.
Doch die Gespräche blieben ohne Ergebnis. Die Sozialdemokraten kündigten nach neun Jahren das Bündnis mit den Grünen auf. „Ich glaube, dass es ein Zurück in dieser Wahlperiode nicht mehr geben wird“, sagt Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Die Unterschiede in den Grundsatzpositionen seien anderthalb Jahre vor den Wahlen wohl unüberbrückbar.
Ursprünglich hatten die Grünen einen Antrag eingebracht, in dem rechtsradikale Übergriffe von Anfang 2010 auf ihr Partei-Büro und auf die Räume von Vereinen verurteilt werden sollten. Daraufhin forderte die SPD-Fraktion, dass auch Übergriffe aus der linksextremen Szene verurteilt werden sollten, die sich 2009 ereignet hatten. Anschläge waren auf Quartiermanagment- und Bürgerbüros verübt worden. Vor eineinhalb Jahren war auch Bürgermeister Buschkowsky von einem solchen Vorfall betroffen. Im September 2008 hatten Unbekannte sein Wohnhaus mit Farbflaschen beworfen. In der gleichen Nacht wurde die Otto-Suhr-Volkshochschule beschmiert.
Aus Sicht der Grünen ist Buschkowsky „die treibende Kraft“ für die Beendigung des Bündnisses. Es habe schon vorher Unstimmigkeiten gegeben, sagt Bernd Szczepanski. Die Grünen seien mit Äußerungen des Bezirksbürgermeisters zu Migranten und Sozialhilfeempfängern unzufrieden gewesen.
Buschkowsky: „Ich denke, dass das Ende der Zählgemeinschaft sich nicht spürbar auf die Bezirkspolitik auswirken wird. Es wird sicherlich wechselnde Mehrheiten geben, und die SPD-Fraktion wird die Politik fortsetzen, für die sie seit 2001 steht. Der Haushalt ist bis Ende 2011 beschlossen, sodass das Bezirksamt uneingeschränkt handlungsfähig ist.“ Alle wichtigen Projekte seien beschlossen und im Haushalt abgesichert. „Das Bündnis mit den Linken ist von keiner Seite aufgekündigt.“
Doch das reicht für eine Mehrheit in der 55-köpfigen BVV nicht mehr aus. Die SPD hat 21 Sitze, die Linken drei, die Grünen haben sechs Verordnete. Die CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Neuköllner Stadträtin Stefanie Vogelsang sagt, das Zerbrechen der Zählgemeinschaft sei eine neue Chance. „Ich freue mich darüber.“ Die Differenzen zwischen Grünen und SPD seien immer deutlicher geworden.