Das grüne Reinickendorf (rund 240.000 Einwohner) ist mit seinen dörflichen Strukturen im Norden und dem von Großsiedlungen und Industrie geprägten Südosten ein Bezirk der Gegensätze. Der neue Bürgermeister Frank Balzer (CDU) will soziale Strukturen und Stadtbild verbessern. Hinter seinem Slogan "Einsicht, Durchsicht, Sicherheit" verbirgt sich eine einfache Idee: Durch den Rückschnitt von Gehölzen an Parkeingängen und den Zugängen zu S- oder U-Bahnen sind dunkle Ecken besser zu überblicken, Bürger fühlen sich dort sicherer. Seltener wird dort illegal Müll entsorgt.
Verwaltung
Etat
Durch Einsparungen und Immobilienverkäufe ist Reinickendorf in einer komfortableren Lage als andere Berliner Bezirke. Die Verwaltung kann 2010 auf Rücklagen von fast neun Millionen Euro zurückgreifen.
Personal
Einsparungen muss es dennoch auch dieses Jahr geben. Circa 45 Stellen wird das Bezirksamt streichen. Im Ordnungsamt und im Gesundheitsbereich soll es aber zusätzliches Personal geben. Außerdem prüft der Bezirk derzeit, ob er einzelne Jugend- und Sozialeinrichtungen an freie Träger geben kann.
Bauprojekte
Märkisches Viertel
Im Quartier läuft das bundesweit ehrgeizigste Sanierungsprojekt für eine Großsiedlung: Die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau als größter Vermieter im Märkischen Viertel modernisiert schrittweise ihre etwa 15 000 Wohnungen im Ortsteil. Für rund 450 Millionen Euro werden innerhalb von acht Jahren die Gebäude energietechnisch auf einen neuen Stand gebracht, Fassaden, Dächer, Bäder, Elektroanlagen saniert. Zur Verbesserung des Wohnumfelds der Trabantenstadt mit ihren 50 000 Einwohnern kommen 2010 und 2011 außerdem gut vier Millionen Euro aus dem Förderprogramm "Stadtumbau West" der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Politiker und Gesobau wollen so wieder mehr bürgerliche Mieter in das Viertel holen, in dem es zunehmend soziale Probleme gibt.
Güterbahnhof Hermsdorf
Auf dem 2,5 Hektar großen Areal des früheren Güterbahnhofs Hermsdorf errichtet das Unionhilfswerk ein geriatrisches Zentrum mit Seniorenheim inklusive Ärztehaus, Pflege- und Bildungseinrichtungen. Auch die ersten 16 Hospizplätze für Reinickendorf sollen auf dem Gelände zwischen Schloß-, Glienicker und Ulmenstraße entstehen. Nach Anwohnerprotesten gegen die massive Bebauung wird der 120 Meter lange Gebäuderiegel des Pflegeheims nun teilweise in den Bahndamm eingesenkt. Der Baustart für das 20 Millionen Euro teure Projekt ist für den Sommer geplant. Voraussichtlich 2012 wird das Seniorenzentrum eröffnet werden.
Tegeler Insel
Der Investor für die dort geplanten elf Stadtvillen ist abgesprungen. Das Bezirksamt hat deshalb den Pachtvertrag für Zufahrtsstraße gekündigt und will sie ebenso zurückbauen lassen wie den Damm am Flachwasserbecken. Noch dieses Jahr sollen Spaziergänger das Eiland gegenüber dem Tegeler Hafen dann wieder umrunden können. Die Insel bleibt aber im Privatbesitz.
Sportanlagen
Die Sportplätze an der Hatzfeldtallee und der Ollenhauerstraße erhalten für zusammen rund 600 000 Euro neue Kunstrasenplätze. Der Sportplatz Schluchseestraße bekommt neue Umkleidecontainer. Kosten: etwa 150 000 Euro.
Verkehr
Klemkestraße wird erneuert
In diesem Jahr beginnen vier große Straßenbaumaßnahmen. Die Klemkestraße, wichtige Verbindungsstraße zwischen Reinickendorf und Pankow, wird abschnittsweise bis 2011 komplett erneuert. Auch Parkhäfen und Radwege entstehen. Alemannenstraße, Gabrielenstraße und Buddestraße erhalten ebenfalls neue Gehwege und Fahrbahndecken. Vorgesehen sind hierfür insgesamt 3,5 Millionen Euro. Die Berliner Straße erhält zwischen Brunow- und Bernstorffstraße aus Lärmschutzgründen einen neuen Belag.
BVG
Die U-Bahnhöfe Otisstraße und Scharnweberstraße erhalten dieses Jahr Aufzüge. Sanierungsarbeiten außerhalb des Bezirks betreffen auch Reinickendorfer: Auf verschiedenen Abschnitten der U-Bahn-Linien 6 und 8 wird es das ganze Jahr Behinderungen geben. So ist die U 6 zwischen Reinickendorfer Straße und Schwartzkopffstraße von April bis August immer ab 22 Uhr voll gesperrt.
Stadtentwicklung
Flughafen Tegel
Der Bezirk will sich dieses Jahr in die Planung für die Nachnutzung des Flughafens Tegel massiv einschalten. Für die Zeit nach der Stilllegung im Jahr 2011 hat er ein eigenes Konzept entwickelt. Geht es nach Reinickendorf, wird das 460 Hektar große Gelände dann überwiegend gewerblich genutzt: Im jetzigen Abfertigungsterminal könnten danach klein- und mittelständische Betriebe angesiedelt werden, die Außenflächen mit den Rollbahnen sollen als Gelände für Industrieansiedlungen ausgewiesen werden. Einen großen Solarpark lehnt der Bezirk dort ab. Grünflächen stellt sich das Bezirksamt nur in Richtung Flughafensee vor. Hauptziel sei es, die geschätzten 15 000 Arbeitsplätze, die am Flughafen Tegel hängen, zu kompensieren, sagt Bezirksbürgermeister Balzer.
Letteplatz
Im Kiez rund um den Letteplatz beginnt in diesem Jahr offiziell ein Quartierverfahren aus dem Programm "Soziale Stadt" der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung . Schon seit 2009 bereitet ein Quartierbüro Maßnahmen vor, die in dem Wohngebiet mit hohen Anteil an Migranten und Arbeitslosen die soziale Lage verbessern sollen.
Grünanlagen
Reinickendorf will seinem Image als grüner Bezirk gerecht werden und neue Straßenbäume pflanzen. 2010 und 2011 sind dafür je 220 000 Euro zusätzlich im Etat des Grünflächenamtes ausgewiesen. 600 Bäume pro Jahr werden gesetzt, das sind 350 mehr als ursprünglich vorgesehen. Weil zugleich jedes Jahr rund 400 Straßenbäume gefällt werden oder absterben, wird Reinickendorf damit erstmals seit vielen Jahren mehr Straßenbäume pflanzen als fällen. Einen besonderen Schwerpunkt setzt der Bezirk auf die Pflege von Grünflächen. Gegen illegale Müllplätze und wildes Plakatieren will er massiv vorgehen.
Bildung
Elf Sekundarschulen
Im Bezirk wird es elf Sekundarschulen geben: Bettina-von-Arnim- sowie Max-Beckmann-Gesamtschule, Gustav-Freytag-, Carl-Benz- und Albrecht-Haushofer-Realschule sowie Paul-Löbe-, Carl-Bosch-, Julius-Leber- und Greenwich-Hauptschule. Max-Eyth-Realschule und Johannes-Lindhorst-Hauptschule fusionieren zur Sekundarschule. Die Benjamin-Franklin-Realschule wird erst zum Schuljahr 2011/12 Sekundarschule. Schulstandorte will der Bezirk für die Reform aber nicht aufgeben.
Die Thomas-Mann-Gesamtschule soll zum Gymnasium umgewandelt werden. Das Friedrich-Engels-Gymnasium wird einen Ganztagsbetrieb einrichten. Die dafür erforderlichen Baumaßnahmen (Anbau, Mensa, Freizeiträume) sollen aus dem Konjunkturprogramm II und bezirklichen Investitionsmitteln finanziert werden. Aus dem Konjunkturpaket II erhält der Bezirk in diesem Jahr 14,17 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung seiner Schulen.
Grundschulen
Erpelgrund- und Heiligensee-Grundschule sollen zum neuen Schuljahr am Standort Erpelgrund-Schule fusionieren. Das Bezirksamt erwartet, dass die Sanierungsarbeiten am asbestbelasteten Gebäude der Erpelgrund-Schule an der Schulzendorfer Straße bis zum Sommer abgeschlossen sind.
Bildungsberatungszentrum
Unter dem Dach des Bildungsberatungszentrums im Tegel-Center werden die Volkshoch- und die Musikschule gebündelt. Das Zentrum bietet Ansprechpartner für alle schulischen Fragen und macht auch Berufstätigen, Arbeitssuchenden und Senioren Angebote. Hauptzielgruppen sind jedoch die Schüler des Bezirks.
Kultur
100 Jahre Frohnau
Mit 100 Veranstaltungen feiert der Ortsteil Frohnau dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen.
Hafenfest
Der Bezirk möchte die frisch umgestaltete Greenwichpromenade für Open-Air-Veranstaltungen nutzen. Er will an der Havel als Ersatz für den eingeschlafenen "Tegeler Sommer" ein maritimes Fest etablieren, das über Reinickendorf hinaus interessant ist. Verschiedene Dorfauen-Feste sollen den Reinickendorfern mehr Unterhaltung bieten.
Tourismus
Flussschiffe
Am neuen Flusskreuzfahrtterminal am Tegeler Hafen sollen im Frühjahr die ersten Schiffe anlegen. Die Verhandlungen mit einem privaten Betreiber für den Anleger stehen nach Angaben des Bezirksamts kurz vor dem Abschluss.
Kinder- und Jugendliche
Jugendkriminalität
Im Bereich der Polizeidirektion 1 wird seit Jahresbeginn auch Ersttätern aus Reinickendorf nach dem Neuköllner Modell im beschleunigten Verfahren der Prozess gemacht.
Spielplätze
Im Frühjahr 2010 ist Baubeginn für den Kinderspielplatz Letteplatz. Auf 3000 Quadratmetern werden für 400 000 Euro ein Bolzplatz, Spielbereiche für Klein- und Schulkinder sowie Aufenthaltsbereiche entstehen. Der Spielplatz in der Kamekestraße in Reinickendorf Ost wird für 200 000 Euro saniert.
Spielmobil
Das Spielmobil "Bollerwagen" wird während der Wintermonate im Jugend- und Familienzentrum Haus am See, Stargardstraße 9, stationiert. Das Team wird dort für Reinickendorf Ost Spiel- und Bildungsangebote machen. Von Mai bis Oktober tourt der Bollerwagen weiterhin durch den Bezirk.
Service
Bürgerämter
Durch Strukturveränderungen sollen sich Wartezeiten erheblich verkürzen: Die Rathausinformation ist seit Ende 2009 wieder geöffnet, an der Teichstraße ist ein Büro ausschließlich zur Ausgabe des Berlin-Passes eingerichtet, und in den drei großen Bürgerämtern wurden Schnellschalter installiert. Es besteht die Möglichkeit, Termine sowohl telefonisch als auch online zu vereinbaren.
Das lesen Sie morgen
Lichtenberg: Was wird aus der ehemaligen Stasi-Zentrale an der Normannenstraße? Bringt die für November geplante Eröffnung eines großen Ikea-Möbelhauses die erhoffte Signalwirkung für die Landsberger Allee? Gelingt es dem Bezirk, armen jungen Familien und Alleinerziehenden in Problemkiezen zu helfen? Im Juli feiert der Tierpark 55 Jahre Bestehen. In unserer Serie über die Berliner Bezirke lesen Sie morgen, was sich 2010 in Lichtenberg ändern wird.
Die bisher erschienenen Teile der Serie finden Sie unter: www.morgenpost.de/berlin