Serie

Was sich im Bezirk Mitte 2010 alles ändert

| Lesedauer: 9 Minuten
Isabell Jürgens

Was ändert sich 2010 in den zwölf Bezirken? Morgenpost Online stellt die wichtigsten Neuerungen in einer Serie vor. Heute schauen wir nach Mitte. Hier drehen sich die meisten Kräne. Hier entstehen zahlreiche neue Dienstgebäude für den Bund und es gibt viele Nadelöhre für Autofahrer.

Berlin ist die Hauptstadt der Baukräne - und die meisten drehen sich im Bezirk Mitte. Hier entstehen zahlreiche neue Dienstgebäude für den Bund und die Berliner Verkehrsbetriebe beginnen mit dem 433 Millionen Euro teuren 2,2 Kilometer langen Lückenschluss der der U-Bahn-Linie 5 zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor. Neue politische Koalitionen in der Bezirksverordneten-Versammlung und die Neuorganisation der Oberschulen sorgen zudem für ein ereignisreiches Jahr 2010.

Bauvorhaben

Richtfest auf Berlins geheimster Baustelle

69 Meter hoch soll der Firmensitz des Mineralölkonzerns Total am Hauptbahnhof werden. Das 50-Millionen-Euro-Projekt soll im Frühjahr 2010 begonnen werden, im Herbst 2012 soll der 17-geschossige Glasturm fertig sein. 480 Mitarbeiter werden dann ihren derzeitigen Standort an der Jerusalemer Straße verlassen, weitere 50 Kollegen kommen aus Düsseldorf dazu. Neben dem Hochhaus soll Ende dieses Jahres eine Tankstelle eröffnet werden, an der Wasserstoff getankt werden kann.

Für die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes an der Chausseestraße wird am 25. März Richtfest gefeiert. Rund 4000 Geheimdienstler sollen ab 2013 dort ihre Büros beziehen. Mit einer Grundfläche von 150 mal 280 Metern, einer Höhe von 30 Metern und 260.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche ist die BND-Zentrale das größte Bauvorhaben in Mitte. Und auch das teuerste: Die Gesamtkosten einschließlich Umzug und Technik werden auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

Noch offen ist dagegen, ob noch in diesem Jahr mit dem Bau des wichtigsten deutschen Kulturbauprojektes nach der Wiedervereinigung begonnen werden kann. Der Bau des Humboldt-Forums in Gestalt des Berliner Schlosses auf dem Schloßplatz in Mitte wird voraussichtlich erst 2011 begonnen. Mit dem Bau der sogenannten Humboldt-Box am Schloßplatz, die über das Bauvorhaben informieren soll, wird je nach Wetterlage Ende dieses Monats beziehungsweise Anfang kommenden Monats begonnen. Am 21. Dezember soll die Aussichtsplattform auf dem Dach der Box eröffnet werden.

21 Jahre nach dem ersten Anlauf zum Bau einer Ausstellungshalle auf dem Gelände an der Wilhelm- Ecke Niederkirchnerstraße soll am 6. Mai das Dokumentationszentrum der "Topographie des Terrors" eröffnet werden. Auf dem Areal des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais in Kreuzberg entsteht ein flacher, verglaster und mit Stahllamellen verkleideter Ausstellungspavillon, der künftig eine Dauerausstellung, einen Veranstaltungssaal sowie eine Bibliothek über die Geschichte der NS-Terrorzentralen beherbergen wird. Das je zur Hälfte von Bund und Land finanzierte Gebäude kostet 24 Millionen Euro.

Verkehr

Vorsicht, Staufalle!

Ähnlich wie beim Hochbau werden in Mitte 2010 auch zahlreiche Straßen zur Großbaustelle. Die wichtigsten im Überblick:

Alexanderplatz : Voraussichtlich bis November 2010 bleibt es beim Provisorium im Bereich Otto-Braun-Straße/Karl-Liebknecht-Straße.

Behrenstraße/Glinkastraße : Der Abriss eines Parkhauses und der Neubau des Stadtpalais sorgen für Verkehrsbehinderungen. Von März 2010 bis Ende 2011 wird es für Autofahrer eng. Gleich zu Beginn der Arbeiten wird die Glinkastraße für eine Woche komplett gesperrt. Voraussichtlich Mitte kommenden Jahres beginnen zudem Bauarbeiten an der Behrenstraße.

Invalidenstraße : Zwischen Hauptbahnhof und Chausseestraße sorgen gleich mehrere Baustellen für Behinderungen. Noch bis September 2010 wird am Tunnel der künftigen S-Bahn-Linie S 21 gearbeitet. Im September soll dann der mehrfach verschobene Umbau der Invalidenstraße mit der Verlängerung der Straßenbahn zum Hauptbahnhof beginnen. Bauzeit: zwei Jahre.

Auch die Karl-Liebknecht-Straße wird durch mehrere Baustellen zum Nadelöhr für Autofahrer. Zwischen Alexander- und Mollstraße wird die östliche Fahrbahn samt der Gehwege saniert. Baubeginn soll im März sein. Im Bereich Schloßplatz werden zudem bis Ende 2010 Leitungen für die Verlängerung der U-Bahn-Linie U5 verlegt.

Leipziger Straße: Zwischen Friedrichstraße und Mauerstraße wird die U-Bahn-Tunneldecke saniert. Zugleich werden die Fahrbahn und die Wasserleitungen erneuert. Staugefahr von Mitte März bis Ende Juni.

Otto-Braun-Straße/Mollstraße : Von März bis April baut die BVG an den Straßenbahngleisen.

Den gesamten März über drohen Staus an der Torstraße auf Höhe der Kreuzung Alte Schönhauser Straße. Grund sind auch dort Gleisbauarbeiten der BVG.

Unter den Linden: Leitungsarbeiten der Berliner Wasserbetriebe - zum Teil im Vorfeld der U-5-Verlängerung sorgen von März an für Staugefahr auf zwei Abschnitten der nördlichen Fahrbahn in Richtung Brandenburger Tor.

Schulreform

Acht neue Sekundarschulen

Im Zuge der Schulreform werden in Berlin aus den bisherigen Haupt-, Real- und Gesamtschulen die sogenannten Sekundarschulen gebildet. Acht davon sollen im Bezirk Mitte entstehen:

Die Hemingway-Realschule, die Ernst-Schering-Gesamtschule und die Willy-Brandt-Gesamtschule sowie die Ernst-Reuter-Gesamtschule werden zur Sekundarschule. Die Hauptschule am Brunnenplatz wird ebenfalls zur Sekundarschule, zieht aber um und ist dann am Standort Ravenéstraße. Im Gebäude ist derzeit noch die Theodor-Plievier-Hauptschule untergebracht. Die Plievier-Schule fusioniert mit der Herbert-Hoover-Realschule am Standort der Hoover-Schule. Die Hans-Bredow-Hauptschule und die Winkelried-Realschule (bisher schon unter einem Dach an der Ofener Straße in Wedding) bilden ebenfalls eine Sekundarschule. Die Breitscheid-Hauptschule und die Hedwig-Dom-Realschule am Standort Stephanstraße 27 fusionieren ebenfalls.

Service: Weil sich bei den weiterführenden Schulen so viel ändert, veranstaltet der Bezirk am 14. Januar von 17 bis 21 Uhr einen Info-Abend für die Eltern, deren Kinder im kommenden Schuljahr von der Grundschule an die weiterführenden Schulen wechseln. Ort: Rathaus Tiergarten, BVV-Saal, Mathilde-Jacob-Platz 1.

Grünanlagen

Lösung für den Mauerpark

Für die Fertigstellung des Mauerparks zwischen Prenzlauer Berg und Wedding muss Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) schnell eine Lösung finden. 2,5 Millionen Euro muss Berlin an die Allianz-Umweltstiftung zurückzahlen, sollte es bis Ende 2010 nicht gelingen, den Park von derzeit acht auf mindestens zehn Hektar zu erweitern. Das ist die Bedingung, die die Stiftung stellte, als sie die Errichtung des Mauerparks 1992 unterstützte. Gothe möchte deshalb einen Handel mit der Grundstückseigentümerin Vivico, wonach diese Berlin 5,6 Hektar des alten Güterbahnhofs für die Parkerweiterung überlässt. Zum Ausgleich dafür bekommt die Vivico Baurecht auf den verbliebenen 4,4 Hektar. Ob dieser Vorschlag politische Mehrheiten findet, ist jedoch ungewiss. Denn besonders auf der Seite von Prenzlauer Berg ist jegliche Bebauung auf dem alten Güterbahnhof unwillkommen.

Wirtschaft

Sorge um den Handel

Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) freut sich über den Zuzug der Fernuniversität Hagen und heißt den Suhrkamp Verlag herzlich willkommen - auch wenn dieser erst mal an die Pappelallee noch Prenzlauer Berg gezogen ist, weil der Firmen-Hauptsitz im historischen Nicolaihaus in Mitte wohl erst 2012 fertig wird. Probleme bereitet die Einkaufsmeile an der Turmstraße: Diese hat durch die Schließung von Hertie und Woolworth erheblich an Attraktion verloren. Kämpfen will der Bezirk für den Verbleib der Charité an den Standorten Mitte und Wedding. "Wir sind auch mit unseren weiteren Pharmaunternehmen das Zentrum der Gesundheitsstadt Berlin", sagt Hanke.

Wissenschaft

Grund zum Feiern

Die Humboldt-Universität Unter den Linden und das Museum für Naturkunde an der Invalidenstraße feiern 2010 ihr 200-jähriges Bestehen, die Charité und die Berlin/Brandenburgische Akademie blicken auf eine 300-jährige Geschichte zurück und die Staatsbibliothek zu Berlin bringt es sogar auf stolze 350 Jahre und die Max-Planck-Gesellschaft mit ihrer Vorläuferorganisation Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft bringt es immerhin auf 100 Jahre. Rund um diese Jubiläen hat Berlin das Themenjahr "Wissenschaft Berlin 2010" ausgerufen. Über das gesamte Jahr hinweg werden zahlreiche Veranstaltungen die Bedeutung von Wissenschaften in unserem Alltag aufzeigen. Infos finden sich im Internet unter www.hu200.de und ab dem 22. Januar zu allen Institutionen das detaillierte Veranstaltungsprogramm unter der Web-Adresse www.wissenschaftberlin2010.de

Integration

Neues Sprachförderzentrum

Eine der vordringlichen Aufgaben dieses Jahres in der Bezirkspolitik ist nach den Worten des Bezirksbürgermeisters Christian Hanke die Integration. Der Bezirk wird gemeinsam mit dem Bereich Schule 2010 ein Sprachförderzentrum errichten, das die Kinder und Jugendlichen im Bezirk beim Erwerb der deutschen Sprache unterstützen soll.

Politik

Rot-rotes Zerwürfnis

Auch in der Politik wird der Bezirk Mitte im Jahr 2010 neue Wege beschreiten. Die SPD hat die Zusammenarbeit mit den Linken beendet und will künftig mit den Grünen zusammengehen. Statt Rot-Rot wie auf Landesebene wird in der Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) Rot-Grün regieren - die erforderliche Mehrheit ist vorhanden. Grund für das Zerwürfnis: Der Streit über den Haushalt 2010/11, der noch immer nicht verabschiedet ist. Nach Auffassung der SPD hätten die Linken sich nicht an die vereinbarten Finanzierungsvorschläge gehalten. Auch bei den Stadtratsposten gibt es Änderungen: Rainer-Maria Fritsch (Linke) wechselte am 17. November 2009 als Staatssekretär in die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Das Ressort Jugend und Finanzen in Mitte übernimmt Dagmar Hänisch (SPD).