Die Landesschiedskommission der SPD wird sich nun mit dem geforderten Parteiausschluss Thilo Sarrazins beschäftigen. Der SPD-Kreisverband Spandau und der Abteilung Alt-Pankow betreiben den Ausschluss des Bundesbankers. Zuletzt legten sie ein Gutachten vor, dass Äußerungen Sarrazins als rassistisch einstuft.
In der Berliner SPD entscheidet jetzt die Landesschiedskommission, ob der frühere Finanzsenator Thilo Sarrazin die Partei verlassen muss. Am Freitag beschäftigte sich nach Informationen von Morgenpost Online auch der geschäftsführende SPD-Landesvorstand mit dem Thema. Bekannt ist, dass SPD-Chef Michael Müller die Äußerungen des heutigen Bundesbankvorstands Sarrazin in einem Interview der Kulturzeitschrift „Lettre International“ für falsch hält. Am Freitag sagte Müller lediglich: „Alles Weitere liegt in der Zuständigkeit der Landesschiedskommission.“
Diese muss sich jetzt mit der Berufung des SPD-Kreisverbands Spandau und der Abteilung Alt-Pankow befassen. Sie haben eigens dafür ein Gutachten eingeholt, das Passagen der Aussagen Sarrazins in dem Interview als „eindeutig rassistisch“ wertet. Die Studie stammt vom Potsdamer Politikwissenschaftler Gideon Botsch vom Moses-Mendelssohn-Zentrum.
Die Kreisschiedskommission Charlottenburg-Wilmersdorf, Sarrazins Heimatverband, hatte erstinstanzlich im Dezember den Ausschluss Sarrazins abgelehnt und in seinen heftig kritisierten Äußerungen „weder ein parteischädigendes noch ein ehrloses Handeln von Sarrazin“ erkannt. Sarrazin hatte unter anderem gesagt, eine große Zahl an Arabern und Türken in Berlin habe keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel. Er müsse niemanden anerkennen, der vom Staat lebt und diesen Staat ablehnt und ständig „neue kleine Kopftuchmädchen produziert: "Das gilt für 70 Prozent der türkischen und für 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“
In der Begründung zur Berufung schreibt die Spandauer SPD im Namen des palästinensischstämmigen Kreisvorsitzenden Raed Saleh: „Thilo Sarrazin vertritt die Ideologie einer nationalen Elitebildung. Sie beinhaltet die Verdrängung aller unproduktiven Bevölkerungsteile zumindest aus Berlin.“ Zuwanderung solle allein Eliten vorbehalten sein. „Diese Politik ist unvereinbar mit den Zielen der SPD.“
Die Pankower Genossen werfen Sarrazin eine schwere Schädigung der Partei vor. „Seine Vorstellung von Gerechtigkeit und Solidarität sind sozialdemokratisch fern liegend und stehen einer gebotenen und angestrebten Profilierung der SPD im Wege“, heißt es in dem Berufungsantrag. Sein Auftreten sei „unsolidarisch und arrogant“. Die SPD habe zu lange zum Verhalten des früheren Finanzsenators geschwiegen. Man wolle aber die Aussagen nicht länger hinnehmen.
Ein vorerst letztes Wort bleibt Thilo Sarrazin vorbehalten, der den Rassismus-Vorwurf zurückwies. Er sagte, er finde es „interessant, dass sich eine Partei, die um die 20 Prozent kreist, in Fragen verfängt, die nach Meinung von 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung wahr sind“.