Es war eine Tat, die viele Berliner erschütterte: Vier Neonazis attackierten Mitte Juli einen 22 Jahre alten Studenten in Friedrichshain. Sie prügelten ihn zunächst bewusstlos, einer der Angreifer legte den Kopf des Opfers mit dem Gesicht auf den Boden. Der 26-jährige mutmaßliche Haupttäter trat dem Opfer anschließend gegen den Hinterkopf. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt gegen die vier mutmaßlichen Täter aus dem Land Brandenburg Anklage wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erhoben.
Sonntag, 12. Juli, 5.30 Uhr vor der Diskothek „Jeton“ an der Frankfurter Allee. Die vier alkoholisierten Brandenburger im Alter zwischen 20 und 26 Jahren haben eine Schaumparty in der bei Hooligans und Rechten beliebten Diskothek besucht und sind auf dem Heimweg in Richtung U- und S-Bahnhof. Unterwegs treffen die vier Neonazis Oliver K. aus Heidesee, Marcel B. aus Mittenwalde-Ragow, Michael L. aus Storkow und Michael G. aus Königs Wusterhausen auf eine zehnköpfige Gruppe der linken Antifa-Szene. „Dabei soll es zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein, in deren Verlauf zunächst der 22-jährige Angeschuldigte L. durch Schläge und Tritte ins Gesicht eine stark blutende Platzwunde davongetragen haben soll“, sagt Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die vier Neonazis greifen daraufhin nach einem Mann aus der gegnerischen Gruppe und prügeln ihn zu Boden. Sie treten ihm mit Füßen ins Gesicht. Dem bislang unbekannten Opfer gelingt die Flucht – der 22-jährige Student Jonas K. hat weniger Glück. Aus Wut sollen die vier Neonazis beschlossen haben, ihn zu töten.
Der Student wird ebenfalls verprügelt. Er fällt auf den Bürgersteig. „Den wehrlos am Boden Liegenden sollen die Angreifer mit Stampfkicks bis zur Bewusstlosigkeit gegen Kopf und Oberkörper getreten haben“, so Martin Steltner weiter. Dann soll der 26-jährige mutmaßliche Haupttäter Oliver K. das Opfer an seiner Kleidung auf den Fahrradweg gezerrt, dessen Gesicht nach unten gedreht und ihm „mit voller Wucht“ gegen den Hinterkopf getreten haben. Ein „Bordsteinkick“, wie diese brutale Tat in der Szene genannt wird. Offenbar ist es nur den eintreffenden Polizeibeamten zu verdanken, dass das Opfer die schweren Misshandlungen überlebte.
Lebensgefährliche Verletzungen
Jonas K. wurde durch die Tritte lebensgefährlich verletzt und mit Hirnblutungen, Jochbeinbruch und Prellungen für zwei Tage in eine Intensivstation eingeliefert. Wenige Tage später griffen linksradikale Randalierer mit Steinen die Diskothek „Jeton“ an. Ende Juli demonstrierten 4000 Menschen unter dem Motto „Gegen rechte Gewalt“ in Friedrichshain gegen Rechtsradikalismus. Die Polizei berichtete, dass die Verdächtigen wegen Propaganda- und Gewaltdelikten einschlägig bekannt sind.
Die Antifa veröffentlichte unterdessen mehrere Fotos im Internet, auf denen die Tatverdächtigen abgebildet sein sollen. Auf den Bildern sind junge Männer, unter anderem im „Jeton“, zu sehen, die den Hitlergruß zeigen. Auf anderen Fotos halten sie Sturmgewehre und Handgranaten in den Händen und tragen Wehrmachtshelme. An den Wänden im Hintergrund ist – neben NPD-Plakaten und SS-Fahnen – auch ein Filmplakat zu sehen. Es zeigt den Hauptdarsteller des US-Films „American History X“.
Auffällig ist, dass in einer Szene des Streifens ein Afroamerikaner von einem Neonazi durch einen „Bordsteinkick“ getötet wird.