Gewalt an Schulen

Wenn Schüler ihre Lehrer verprügeln

| Lesedauer: 3 Minuten
Regina Köhler und Florentine Anders

Foto: KITTY KLEIST-HEINRICH TSP / Kleist-Heinrich

Die Gewalt an Berlins Schulen nimmt zu: Im Schuljahr 2006/2007 gab es deutlich mehr Gewalt-Vorfälle – die meisten davon an Grundschulen. Vor allem die Zahl der Angriffe auf Lehrer ist höher als zuvor.

Die Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen an Berliner Schulen ist auch im Schuljahr 2006/07 weiter gestiegen. Wie die Bildungsverwaltung in ihrem jüngsten Gewaltbericht bekannt gab, wurden 2006/07 insgesamt 1735 Gewalttaten aus den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen, beruflichen Schulen und Schulen des zweiten Bildungswegs gemeldet. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um 10 Prozent. 2005/06 gab es 1573 Meldungen.

"Die Zunahme der Meldungen ist in diesem Schuljahr deutlich zurückgegangen", sagte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) mit Blick auf die außergewöhnlich hohen Zuwachsraten von 60 beziehungsweise 76 Prozent in den Schuljahren 2004/05 und 2005/06. Laut Zöllner sei dennoch jeder dieser Vorfälle einer zu viel. Der Senator appellierte neuerlich an die Meldepflicht der Schulen. Es sei wichtig, dass alle gemeldeten Gewaltvorfälle in den Schulen sowohl mit schulinternen als auch externen Experten aufgearbeitet werden.


Die meisten Gewaltvorfälle meldeten im Schuljahr 2006/07 die Bezirke Mitte (298), Neukölln (263) sowie Friedrichshain-Kreuzberg (168). Die wenigsten Meldungen kamen aus Charlottenburg-Wilmersdorf (70). Im Vergleich zum vorherigen Schuljahr nahmen die gemeldeten Vorfälle in Neukölln mit einer Steigerung von 160 auf 263 deutlich zu. In Lichtenberg war hingegen ein Rückgang der Gewaltmeldungen von 201 auf 118 zu verzeichnen. Bei den gemeldeten Delikten standen Körperverletzung (741 Fälle) und gefährliche Körperverletzung (304 Fälle) sowie Bedrohung (356 Fälle) ganz oben auf der Liste der Vorfälle.

Deutlich zugenommen haben Angriffe auf Lehrer. Gemeldet wurden 442 Fälle. Gegenüber dem Schuljahr 2005/06 ist das eine Steigerung um 18 Prozent. Fälle von Sachbeschädigung wurden hingegen nur 21 Mal gemeldet. Diese geringe Zahl hängt ganz offensichtlich damit zusammen, dass Schädigungen von persönlichen Gegenständen oder Schuleigentum nicht meldepflichtig sind. Mobbingfälle liegen mit 22 Meldungen ebenfalls auf der Skala der Delikte ganz unten. „Es liegt im Ermessen der Schulen, ob Mobbing gemeldet wird oder nicht“, sagte Bernhard Kempf, Sprecher der Bildungsverwaltung.

Die Gewaltstatistik zeigt außerdem, dass Gesamtschulen, Hauptschulen und Sonderschulen gemessen an ihrer Schülerzahl sehr viele Vorfälle meldeten. An Hauptschulen wurden beispielsweise 14,4 Prozent der Vorfälle gemeldet, bei einem Schüleranteil von 3,2 Prozent an der Gesamtschülerzahl. Berufsbildende Schulen und Gymnasien meldeten weniger Vorfälle bei höheren Schüleranteilen. Die meisten Fälle wurden mit 32,6 Prozent von den Grundschulen gemeldet. Diese stellen jedoch auch den größten Anteil an der Gesamtschülerschaft.

"Absolut erschreckend ist die hohe Zahl der Gewalttätigkeiten gegenüber Lehrern", sagte Mieke Senftleben, bildungspolitische Sprecherin der FDP. Hier müssten Hintergründe geprüft werden. Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Sascha Steuer, führt den Anstieg der Gewalttaten auf Sparmaßnahmen zurück. So sei die Zahl der Schulpsychologen seit 1996 um 40 Prozent reduziert worden. Die CDU hat ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm zur Prävention vorgelegt. Die Grünen haben in ihrem Antrag "Gewalt an Schulen unterbinden" Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen, betont der bildungspolitische Sprecher Öczan Mutlu. Die Bildungsverwaltung hingegen verweist auf das bereits bestehende Präventions-Programm "Faustlos" und das Projekt "Denkzeit" für straffällige Jugendliche