Das Rätselraten, wie mit Rauchverbot in Gaststätten umzugehen ist, scheint nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur noch größer zu werden. In Berlin setzt die Diskussion um die Handhabung bei Null wieder an. Wie das Gesetz für die Hauptstadt künftig aussehen wird, ist offen.

Beim Thema Rauchverbot in Berlins Eckkneipen scheint nur eines zurzeit klar: „Wir wollen eine zügige Lösung nach der Sommerpause“, hieß es am Tag nach der Gerichtsentscheidung aus der Pressestelle der Senatswirtschaftsverwaltung.

Auf mehr wollte man sich nicht festlegen. Denn nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts treffen in der Berliner Politik zwei Strömungen wieder aufeinander: die Gesundheitspolitiker, die ein absolutes Rauchverbot für alle Gaststätten verlangen und die liberaleren, wirtschaftsfreundlichen Politiker, die sich für Ausnahmeregelungen für Berlins Eckkneipen einsetzen. Mittendrin in diesem Konflikt: zwei Senatoren der Linkspartei.

Auf der einen Seite die zuständige, aber nicht alles allein entscheidende Gesundheitssenatorin. Katrin Lompscher hatte sich schon in der ersten Diskussion um das Rauchverbot für einen umfassenden Nichtraucherschutz stark gemacht – und wird es nun wieder tun. Ihr Staatssekretär Benjamin Hoff (Linke) sagt klipp und klar: „Wir sind für ein generelles Rauchverbot.“

Flankiert wird die Gesundheitssenatorin von Gesundheitspolitikern, quer durch die Fraktionen von SPD über Linkspartei bis zu den Grünen sowie der Ärzteschaft. Der Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer, Max Kaplan, sieht beispielsweise den strengen Nichtraucherschutz in Bayerns Gaststätten als vorbildlich an. „Ich hoffe, dass die anderen Bundesländer den bayerischen Weg übernehmen“, sagte Kaplan auch mit Blick auf Berlin. Am Donnerstag meldete sich auch ein prominenter Staatsrechtler zu Wort. Christian

Pestalozza sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Tendenz zu einem strengen Rauchverbot. „Wenn das Gericht sich länger auslässt über einen strikten Schutz vor dem Passivrauchen ohne Ausnahmen, ist das für mich die Andeutung, dass es dem Gericht so lieber wäre“, sagte der emeritierte Professor der Freien Universität.

Auf der anderen Seite steht der Wirtschaftssenator. Harald Wolf muss sich eigentlich von Amtswegen für die Kleinunternehmer am Zapfhahn und ihren Wunsch nach Wahlfreiheit beim Rauchen einsetzen. Doch in ersten Äußerungen gab sich Wolf sehr vorsichtig: „Liegt eine Ungleichbehandlung von Einraumkneipen vor, muss der Gesetzgeber diese beseitigen“, sagte er. Dieser Satz des Wirtschaftssenators lässt auch das Totalverbot der Glimmstängel an den Berliner Theken zu. Oder eben eine Ausnahmeregelung für die Eckkneipen. Diese Forderung erhob sehr deutlich der Wirtschaftsflügel des Koalitionspartners SPD. Jörg Stroedter, Vorsitzender des SPD-Wirtschaftsarbeitskreises, sagte: „Wenn in den Eckkneipen 80 Prozent der Gäste rauchen und dort das Rauchen zum Trinken dazugehört, dann ist ein Rauchverbot existenzbedrohend. Wir müssen meiner Meinung nach die Ausnahmeregelung auf die Eckkneipen ausweiten.“ Aber eine Einschätzung, wie die SPD und die rot-rote Koalition als Ganzes dieses Problem sieht, wollte Stroedter nicht geben.

Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden Senatoren der Linkspartei, aufgrund ihrer Funktionen in Schwierigkeiten kommen. Als Lompscher in ihrer Rolle als Umweltsenatorin die Umweltzone einführte, da stöhnte die Wirtschaft, angeführt von der Industrie- und Handelskammer, mächtig auf. Sie forderte vom Wirtschaftssenator mehr Interessenvertretung. Auch die Wirtschaftspolitiker der SPD drängten den Senator, Sonder-Kreditprogramme für die Unternehmen aufzulegen, damit sie ihren alten Fuhrpark, der nicht mehr die Abgaskriterien erfüllte, auswechseln könnten. Wolf reagierte zögernd. Später sollte er darauf verweisen, dass das aufgelegte Kreditprogramm von den Firmen nicht abgerufen wurde.

Auch in Sachen Rauchverbot in Eckkneipen versucht die Gaststättenlobby beim Wirtschaftssenator Druck aufzubauen. Der Präsident des Gaststättenverbandes Dehoga, Ernst Fischer, sagte: „Wir hoffen, dass nun der Landesgesetzgeber von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch macht und die unterschiedlichen Interessen von Nichtrauchern, Rauchern und Unternehmen angemessen berücksichtigt.“

In der letzten Abstimmung über das Rauchverbot setzten sich die Liberaleren in der SPD-Fraktion durch. Dem Nichtraucherschutzgesetz, das Gaststätten erlaubte, einen Nebenraum als Raucherraum zu deklarieren, stimmten 29 Abgeordnete zu. 19 waren dagegen.