Das Rauchverbot in Gaststätten ist vorerst teilweise gekippt. Das Landesverfassungsgericht hat entscheiden, dass in alkoholfreien Wasserpfeifen-Cafés weiterhin geraucht werden darf. Zahlreiche dieser Cafés sind in Berlin in ihrer Existenz bedroht, denn sie leben allein vom Pfeifenangebot.
Das Landesverfassungsgericht hat in Berlin das Rauchverbot in Wasserpfeifen-Cafés vorläufig aufgehoben. Wie es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung hieß, gaben die Richter der Verfassungsbeschwerde einer Betreiberin eines alkoholfreien Raucher-Cafés statt. Bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf die sogenannte Shisha-Bar weiter geöffnet sein (Beschluss vom 11. Juli 2008-VerfGH 93 A/08).
Der Verfassungsgerichtshof ließ ausdrücklich offen, ob die gesetzliche Ausgestaltung des Rauchverbots in Gaststätten grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Ausschlaggebend für die Eilentscheidung war eine Interessenabwägung. Die Antragstellerin konnte eine existenzielle wirtschaftliche Gefährdung des Betriebs durch das Rauchverbot aufzeigen, so das Gericht.
Bei dem Café handelt es sich um das Ägyptische Integrations- und Begegnungszentrum Sahara an der Großbeerenstraße. Es besteht im unteren Bereich aus einem Restaurant. Im Obergeschoss gibt es einen Wasserpfeifen-Club. Die Umsätze werden weitgehend aus dem Rauchangebot erwirtschaftet. Nahezu alle Gäste besuchen das Café, um Wasserpfeife zu rauchen, argumentierte die Klägerin. Zusätzlich angebotene Speisen und – ausschließlich alkoholfreie Getränke – werden nur nebenbei konsumiert.
„Bei dieser Sachlage ist es hinnehmbar, das Rauchverbot bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde und begrenzt auf bestehende Wasserpfeifen-Cafés einzuschränken“, so das Gericht. Es schrieb allerdings vor, dass Shisha-Bars am Eingang eindeutig als Rauchercafés gekennzeichnet werden und Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren der Eintritt verboten sein muss.
Gesundheitssenatorin Lompscher handelt
Die Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Katrin Lompscher (Linke), sagte: „Wir nehmen die Entscheidung des Gerichtshofs zur Kenntnis und erwarten mit Interesse die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.“ Bis zu dieser Entscheidung wird nunmehr in den alkoholfreien Wasserpfeifen-Cafés kein Bußgeld erhoben. Das Nichtraucherschutzgesetz Berlin in seiner Gesamtheit bleibe von der Verfassungsgerichtshofentscheidung unberührt.
Die bisherige Regelung des Senats sieht vor, dass das Rauchverbot grundsätzlich in allen öffentlichen Gebäuden und Gaststätten gilt. Nur in abgetrennten Nebenräumen ist das Rauchen noch erlaubt. Wenn Wirte dagegen verstoßen, müssen sie mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro rechnen. Erwischte Raucher müssen bis zu 100 Euro zahlen. Seit 1. Juli dürfen die Mitarbeiter der Ordnungsämter die Bußgelder auch kassieren.
Als Reaktion auf das Wasserpfeifen-Urteil sprach sich die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Stefanie Winde, für eine Überarbeitung des Gesetzes zum Rauchverbot aus. „Wenn die Gerichte über die Ausnahmen das Rauchverbot aufheben, dann müssen wir die Ausnahmen streichen. Wir können ohnehin nicht jede Ausnahmemöglichkeit gesetzlich regeln. Konsequent im Sinne des Nichtraucherschutzes wäre also ein totales Rauchverbot in Gaststätten.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Kai Gersch, sagte: „Wir sehen uns durch das Landesverfassungsgericht in unseren Auffassungen bestätigt. Gerade für Einraumgaststätten geht das Rauchverbot zu weit. In ihrer Entscheidung verweisen die Richter auch auf eine Kennzeichnungspflicht. Dasselbe sieht auch unser Antrag vor.“ Er forderte den Senat auf, bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das Rauchverbot für alle Einraum-Kneipen auszusetzen. Ali Selimann (46), der seit drei Jahren das Kairo Orient Café in Prenzlauer Berg betreibt, hat nun neue Hoffnung. Er sagte: „Meine Einnahmen sind durch das Rauchverbot bis zu 40 Prozent gesunken. Meine Räumlichkeiten gaben es nicht her, einen getrennten Raucherraum einzuführen.“
Bundesverfassungsgericht urteilt am 30. Juli
Das Bundesverfassungsgericht will sein Urteil zum Rauchverbot in Gaststätten am 30. Juli verkünden. Das gab das oberste deutsche Gericht am Freitag in Karlsruhe offiziell bekannt. In dem Verfahren geht es um die Verfassungsbeschwerden zweier Kneipenwirte aus Berlin und Tübingen in Baden-Württemberg. Die Gastronomen beklagen das Fehlen von Ausnahmeregelungen für kleine Kneipen, sogenannten Einraumkneipen, in den Nichtraucherschutz-Gesetzen ihrer Bundesländer.
Die Gastwirte aus Berlin und Tübingen klagen über Umsatzeinbußen. Weil sie – anders als größere Gaststätten – aus Platzgründen keine Raucherräume ausweisen könnten, bleibe ein Großteil der Kunden aus.
Seit 1. Juli gelten bundesweit in allen 16 Bundesländern unterschiedlich strenge Rauchverbote in Restaurants und Kneipen, Landesbehörden und Schulen. In den meisten Ländern darf in abgetrennten Raucherräumen noch geraucht werden.