Bis zum 24. Juni hat Spargel Hochsaison. Auf den Feldern im brandenburgischen Beelitz wird vom Sonnenaufgang bis zur Dunkelheit gestochen. Auch auf dem Simianer-Hof in Busendorf. Ein Besuch.

05:00 Kaffee, Kawa, Kava – Wasser, Woda, Voda. Auf Deutsch, Polnisch und Kroatisch sind die Thermoskannen in dem großen Frühstücksraum beschriftet. Bevor die Spargelstecher und Erntehelfer kurz nach Sonnenaufgang auf die Felder gehen, wird gemeinsam gefrühstückt. In der Hochsaison werden ungefähr 140 bis 150 Mitarbeiter aus Polen und Kroatien auf dem Spargelhof Hugo Simianer und Söhne in Busendorf wohnen und arbeiten. Arbeitstage auf dem Feld von bis zu zwölf Stunden sind dann keine Seltenheit.

05:20 Auf dem feuchten Boden der Produktionshalle quietschen die Reifen des Gabelstaplers. Ohne Pause werden volle Spargelkisten gefahren. Direkt aus dem Kühlraum belädt man die Transporter. „Wir beliefern am frühen Morgen Restaurants und Hotels in Berlin“, sagt Vorarbeiter Enrico Richter. „Zusätzlich haben wir auch Stände auf acht Berliner Wochenmärkten, hauptsächlich in Charlottenburg-Wilmersdorf.“ Spätestens gegen sieben Uhr sei die Ware dann verkaufsfertig auf den Märkten.

06:30 Auf den Feldern bewegen sich die Arbeiterinnen und Arbeiter langsam zwischen den angehäuften Sandwällen. In gebeugter Haltung und mit geschultem Auge suchen sie die Dammkrone ab. Dort durchbrechen die Spitzen der Spargeltriebe die sandige Oberfläche. „Dann sollte der Spargel so schnell wie möglich gestochen werden, damit die Spitze weiß bleibt“, erklärt Kina Posyniak aus Polen. Für die 20-Jährige ist es die erste Saison auf den Beelitzer Spargelfeldern. „In Polen arbeite ich als Verkäuferin, jetzt habe ich Urlaub und werde in den nächsten Wochen Spargel stechen.“

07:50 Meter für Meter hebt ihr Mann Patrick Posyniak die schwarze Plastikfolie von den Sandhügeln hoch. Sie lasse die Temperatur in den Wällen steigen und beschleunige so das Wachstum, erklärt er. Von schräg oben führt er ein speziell dafür gefertigtes Stechmesser in den Sand und schneidet den Spargel unter der Erde in einer Länge von ungefähr 25 Zentimetern ab. Die Ernte legt er in einen Handkarren. „Wenn der Korb voll ist, schneide ich die Spargelenden gerade“, sagt er. „Dann klebe ich ein Etikett mit meinem Namen auf den Korb und stelle ihn neben das Feld.“

08:40 Mit einem ausgeklügelten System behält Vorarbeiter Stanista Stefanów die Übersicht, auf welchen Feldern der Spargel bereits gestochen wurde und wo noch nicht. Er teilt auch die Arbeiter ein. „In der Hochsaison sind ungefähr 140 Mitarbeiter auf 95 Hektar Erntefläche im Einsatz“, sagt er. Er sei Vorarbeiter, Dolmetscher und Manager in einer Person. Stefanów vermittelt seinen Landsleuten die Arbeit in Busendorf und kümmert sich um den bürokratischen Teil. Seine Frau und die Schwägerin sind ebenfalls auf dem Hof beschäftigt. „Im November und Dezember beginne ich mit den Vorbereitungen für die kommenden Spargelsaison.“

09:10 Blanka Simianer, Ehefrau des Besitzers, blickt über die Felder zur Landstraße, ob sie einen Reisebus sehen kann. Die gebürtige Kroatin ist verantwortlich für die Gastronomie des Spargelhofs und die Mitarbeiter. Sie erwartet die Ankunft von knapp 60 Helferinnen und Helfern aus ihrer Heimat.

10:00 In der Produktionshalle sind alle Maschinen in Betrieb. Maschinell wird sortiert, geschält, gewogen, schließlich werden per Computer Mengen und Mitarbeiter abgespeichert und ausgewertet. Volle Spargelkisten von den Feldern landen an der ersten Station. An der Vorwäsche wartet Ivan Lucic auf Arbeit. Jede Plastikkiste voller Spargel wird unter einer Wasserdusche von Schmutz und Erde befreit.

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10:30 Gleich nach der Vorwäsche kommt die frische Ernte in die Schockkühlung. In einer Art großem Kühlschrank erhält der Spargel mit ein bis eineinhalb Grad kaltem Wasser eine Dusche.

11:05 Auf den Hof rollt ein Reisebus aus Kroatien. Frauen und Männer steigen aus und strecken sich in der Sonne. „Wir sind ungefähr 20 Stunden unterwegs gewesen“, sagt eine junge Frau. „Ich freue mich auf meine Freundin, die schon vor zwei Wochen nach Beelitz gefahren ist.“ In diesem Moment kommen die Freunde aus der Heimat zur Begrüßung angelaufen. Mit Freudentränen und lauten Worten fallen sie sich in die Arme.

12:00 Eine Stunde nach Restaurantöffnung treffen die ersten Mittagsgäste ein. Es sind Tagestouristen von der Ostsee, aus Leipzig und Besucher aus Berlin. Bis zum Feierabend gegen 21 Uhr werden Kellnerin Bozena Stefanów und ihre Kolleginnen Berge von Spargel servieren.

13:15 Nach einer Mittagspause geht die Arbeit auf den Feldern weiter. Auf Knopfdruck rollt die „Spargel-Spinne“ los, mit einem elektrischen Signal wird die Fahrt auf langsames Schritttempo gedrosselt. „Durch die Spargel-Spinne ersparen wir uns das mühsame Auf- und Abdecken der Folien mit der Hand“, sagt ein Arbeiter. „Wir können schneller Spargel stechen.“

15:20 Nach der Eisdusche wird das Gemüse in der Produktionshalle zur Spargelsortiermaschine gebracht. Mit einem Scanner liest man den Barcode ein. So können die Tagesleistung und die Qualität der Ernte jedem Saisonarbeiter zugeordnet werden. Faktoren, nach denen sich später auch die Entlohnung richtet. „Die Sortiermaschine erkennt die Qualitäten der einzelnen Stangen“, sagt Richter und zählt auf: gerade Stange, Spargelkopf offen, violette Verfärbung, Krümmung und Stärke der Stange. Am Ende des Fließbandes nehmen Arbeiterinnen die sortierten Stangen und legen sie in farblich unterschiedliche Kisten. Sie kommen sofort in den Kühlraum.

16:35 Viele Kisten landen vorübergehend bei Beata Stefanów. Sie bedient eine moderne Spargelschälmaschine. „Es gibt immer mehr Hotels und Restaurants, die ihren Einkauf hier schälen lassen“, sagt sie. „Im Durchschnitt kann die Maschine zwischen 250 und 300 Kilogramm Spargel schälen.“ Auf einem Förderband aus Gummi fahren die Spargelstangen ungeschält in die Maschine und kommen küchenfertig geschält wieder raus.

17:00 Im Hofladen wird der Spargel angeboten. „Eine Kundin hat heute 28 Kilo gekauft und angekündigt, dass sie in drei Wochen wiederkommt“, sagt Maria Zarkowic. Spargel ist eben der Hit der Saison.