Der Elektronikkonzern Cisco hat am Donnerstag auf dem Euref-Campus in Schöneberg das Innovationszentrum „openBerlin“ eröffnet. Der Netzwerkspezialist investiert 30 Millionen Euro in den Standort, in dem neue industrielle Technologien für das „Internet der Dinge“ entwickelt werden. Cisco kündigte ferner einen Fonds an, der 150 Millionen Euro in junge europäische Start-ups investieren soll.
OpenBerlin ist weltweit das neunte Innovationszentrum des Konzerns. Es soll ein Ort des Austauschs und der Forschung für Kunden, Start-ups, Entwickler, Behörden und Universitäten werden – darunter Fraunhofer-Institute und die Technische Universität (TU). „Der Zulauf von großen Kunden und Start-ups zeigt, dass wir mit openBerlin auf dem richtigen Weg sind“, sagte Geschäftsführer Bernd Heinrichs.
Kooperation mit Berliner Start-up Azeti
Ein Beispiel für diesen Ansatz bildet die Kooperation mit dem Berliner Unternehmen Azeti Networks. Gemeinsam mit Azeti entwickelten die Teams eine neue Systemlösung zur Verwaltung von IT-Einrichtungen, die verteilte Infrastrukturen wie zum Beispiel Basisstationen von Mobilfunkbetreibern über das Internet überwacht und kontrolliert. Cisco und Azeti brachten sie innerhalb von sechs Monaten auf den Markt.
25 bis 30 Start-ups werden in dem neuen Innovationszentrum an industriellen Lösungen arbeiten – davon 80 Prozent internationale Firmen. Cisco geht bei der Kooperation mit Start-ups einen offeneren Weg als viele Acceleratoren.
Der Konzern verlangt für die Aufnahme ins openBerlin keine Unternehmensanteile, handelt mit den Gründern aber ein Splitting der Umsätze für die gemeinsam entwickelten Lösungen aus. Aufnahmekriterien gibt es noch nicht. „Wir reden mit jedem Start-up, das einen Industrieschwerpunkt hat“, sagt Heinrichs.
openBerlin - Hightech-Haus mit 10.000 Sensoren
Das openBerlin befindet sich in einem alten energetisch optimierten und bis unters Dach mit über 10.000 Sensoren ausgestatteten Backsteingebäude auf dem fünf Hektar großen Euref-Campus am Schöneberger Gasometer (Torgauer Straße 12-15). Neben Präsentations- und Konferenzräumen gibt es im Erdgeschoss ein Café und einen Biergarten.
In der ersten Etage sind die Arbeitsräume der Start-ups (Coworking-Space), in der zweiten Ruhezonen und Werkstätten. Das Rechenzentrum ist in einem Container neben dem Gebäude untergebracht. Seine Abwärme versorgt das Innovationszentrum mit Heizenergie.
Das „Internet der Dinge“ – im Fachjargon auch „Internet of Everything“ (IoE) genannt – verknüpft Daten aus Sensoren mit digitalen Prozessen und dem Menschen. „Die Anforderungen der Industrie lässt sich nur durch Digitalisierung vorantreiben“, sagte Cisco-Deutschland-Chef Oliver Tuszik. „Die traditionelle Wirtschaft steht in einem zunehmenden Wettbewerb durch Plattformen aus dem Internet, die alte Geschäftsmodelle stören und ersetzen.“
Cisco will deutsche Firmen an den Markt bringen
„In diesem Umfeld wollen wir Innovation fördern“, sagte Tuszik. Auf diesem Gebiet gebe es in Deutschland großen Nachholbedarf. Seit der Gründung des Softwarekonzerns SAP im Jahr 1972 sei in Deutschland kein innovatives Großunternehmen mehr entstanden. Er sieht die einmalige Chance, mit dem Internet of Everything große deutsche Unternehmen an den Markt bringen.
„Das Potenzial ist riesengroß“, sagte Tuszik mit Blick auf das große Know-how der Wirtschaft in Deutschland. OpenBerlin soll zu diesem Zweck Start-ups mit dem Mittelstand und der Industrie zusammenbringen.
Es gebe unter anderem Kontakte zu Bosch, BMW und Mercedes. „Der Zulauf ist fast schon zu groß. Deshalb ist unser Zeitpunkt richtig.“ Hinzu komme ein großes Interesse der US-Investmentfirmen an deutschen IoE-Projekten. „Sie rennen uns die Bude ein“, sagte Tuszik.
Unternehmen gegen Kopie des Silicon Valley
Tuszik hält es für falsch, wenn die deutsche Technologiebranche das US-amerikanische Technologiezentrum Silicon Valley kopieren will, das vor allem Plattformen für Verbraucher wie Google und Facebook hervorgebracht hat. Die deutsche Wirtschaft habe ganz andere Qualitäten. „Wir haben einen großen Industriemarkt“, unterstrich Tuszik.
Die Digitalisierung der Industrie komme in Deutschland zu langsam voran. „Die Wirtschaft in Deutschland ist sich zu sicher, wir ruhen uns auf unserem Erfolg aus“, kritisierte Tuszik.
Auf dem Euref-Campus haben sich seit 2007 zahlreiche Unternehmen aus den Bereichen Energie, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Mobilität angesiedelt. Die TU Berlin bietet dort fünf Masterstudiengänge an. Cisco ist nach der Deutschen Bahn das zweite Großunternehmen, das dort an Innovationen arbeitet.