Berlin . Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg sprach am Dienstag in Berlin vor Startup-Unternehmern.
Das soziale Netzwerk Facebook hatte Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen aus Deutschland zu einem Erfahrungsaustausch nach Berlin geladen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Startups durch Werbung im weltgrößten sozialen Netzwerk wachsen können. Höhepunkt des Treffens war ein Gedankenaustausch mit Sheryl Sandberg, seit 2007 Geschäftsführerin des sozialen Netzwerks Facebook und damit wichtigste Mitarbeiterin des Unternehmensgründers Mark Zuckerberg.
Keine Fotos, keine Interviews mit der prominenten Facebook-Managerin. Das war bereits vor dem Termin klar. Bei Facebook-Veranstaltungen herrscht ein strenges Reglement. Man will den Auftritt seiner Repräsentanten keinem Zufall überlassen.
Nur Gründer durften bei der Treffen im Tiergartener Hotel „Das Stue“ Fragen stellen. Diese kreisten vor allem um die Möglichkeit, Reichweiten, Bekanntheit und Erlöse mit Hilfe von Facebook zu stärken. Acht Startups hatten am Dienstag Gelegenheit, ihre Erfolge durch Facebook-Werbung zu präsentieren.
Video wächst bei Facebook rasant
Video-Nachrichten gewinnen für Facebook an Bedeutung. Täglich werden vier Milliarden Videos auf die Plattform angesehen. „Drei Milliarden davon mit mobilen Geräten“, sagte Sandberg. Die Zahl der Videos in den Timelines der Nutzer stieg um den Faktor 3,6. Die Zahl der Video-Postings wuchs im vergangenen Jahr um 75 Prozent. Jeder zweite Facebook-Nutzer in den USA sieht sich täglich mindestens ein Video an.
Das Smartphone sei hervorragend dazu geeignet, mit Kunden in Kontakt zu treten oder Fachkräfte zu finden. Facebook hat in Europa 200 Millionen Nutzer. Ein immer größerer Teil davon ist mobil unterwegs.
Neue Evolutionsstufe der Kommunikation
Sandberg sieht Facebook als nächste Evolutionsstufe der Kommunikation nach den traditionellen Massenmedien, an der sich Menschen und Technologie treffen. „Sie teilen auf Facebook ihr Leben und die Orte, an denen sie sich aufhalten.“ Darin sieht sie ein hohes Marketingpotenzial. Facebook will nach den Worten seiner Geschäftsführerin performancebasierte Anzeigenformate entwickeln.
Besonders beeindruckt zeigte sich Sandberg von Holzconnection – wegen des Designs der handgefertigten Maßmöbel, aber auch wegen der Marketingstrategie der Berliner Schreinerei, die vor 35 Jahren gegründet wurde. Das Unternehmen verkauft seine Möbel in zwölf Läden im Großraum Berlin und auch online. Die Expansion ins Ausland hat begonnen.
Das Startup steigerte binnen drei Monaten seinen Umsatz um 35 Prozent. Die Ladenbesuche stiegen seit dem Start der Facebook-Kampagne um 30 Prozent. Holzconnection gibt die Hälfte seines Marketing-Etats bei Facebook aus. „Diese Geschichte ist ein Teil dessen, was gerade bei Facebook passiert“, sagte Sandberg.
Lieferservice für Schnittblumen
Franziska von Hardenberg, Gründerin von Bloomy Days, einem Online-Lieferservice für Schnittblumen aus Berlin, berichtete ebenfalls von Umsatzsteigerungen durch so genannte Carousel-Anzeigen, in denen mehrere verlinkte Bilder gezeigt werden, sowie bei der Kundenbindung durch Facebook-Kampagnen.
Für den Online-Ferienhausvermittler Fincallorca ist Facebook der wichtigste Marketing-Kanal. Das Unternehmen generiert mehr als ein Fünftel seines Umsatzes bei Facebook und erhält 78 Prozent seiner neuen Webseitenbesucher aus dem sozialen Netzwerk.
Sandberg hörte den Gründern aufmerksam zu und fragte sie nach ihren Wünschen, nippte an ihrer Cola light und entschwand nach einer Stunde mit ihrem Team in einem schwarzen Van.
Sandberg fordert mehr Frauen in Chefpositionen
Am Montag hatte Sandberg in Brüssel Unternehmerinnen getroffen. „In Europa sind weniger als ein Drittel der Beschäftigten und weniger als ein Fünftel der Hochschulabsolventen Frauen“, schrieb sie auf ihrem Facebook-Profil. Den Frauenanteil in der Tech-Branche zu steigern, sei nicht nur für Frauen gut sondern für das Wirtschaftswachstum insgesamt entscheidend.
„Bis 2020 wird es wegen des Fachkräftemangels in der europäischen IT-Branche 900.000 unbesetzte Stellen geben. Frauen können diese Lücke füllen“, schreibt Sandberg, die sich in ihrem Bestseller „Lean in“ für Gleichberechtigung stark macht und als eine Wortführerin der neuen amerikanischen Frauenbewegung gilt. Die Absolventin der Elite-Hochschule Harvard und Mutter zweier Kleinkinder zeigt am eigenen Beispiel auf, wie Frauen als Mutter und Managerin erfolgreich werden können.
Sandberg hat am 1. Mai 2015 auf tragische Weise ihren Mann, den Internet-Unternehmer David Goldberg, bei einem Sportunfall verloren. Im Juni, nach dem Ende der 30tägigen jüdischen Trauerzeit Schloschim, hatte sie für großes Aufsehen gesorgt, indem sie einer zu Herzen gehenden beschrieb, wie sie den Verlust ihres Mannes erlebt und verarbeitet hat. Darin bezeichnet sie es als ihre Rettung, wieder zu arbeiten angefangen zu haben und bestärkt sich darin, trotz der immer währenden Trauer „das verdammt Beste aus Option B“ zu machen.