Mobile Games

Wooga ist eine der wenigen großen Erfolgsgeschichten

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Jürgen Stüber

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Der Spiele-Entwickler Wooga besteht nun schon seit fünf Jahren und hat sich in dieser Zeit zu einem der Berliner Muster-Start-ups entwickelt. Facebook hat für Wooga an Bedeutung verloren.

Eine der wenigen großen Erfolgsgeschichten aus der Berliner Gründerszene ist die von Jens Begemann und Wooga, seiner Plattform für mobile Internetspiele. In diesen Tagen feiert Wooga sein fünfjähriges Bestehen. Und verdient Geld. Doch Wooga gäbe es heute nicht mehr, hätte Jens Begemann seine Firma nicht drei Mal neu erfunden, um am Markt erfolgreich bestehen zu können. Denn die Spieleindustrie ist einem schnellen Wandel unterworfen.

Zum ersten Mal geschah das im Gründungsjahr 2009. Wooga hatte Brain Buddies auf den Markt gebracht. Spieler konnten ihr Gedächtnis testen, das Ergebnis auf Facebook posten und sich so an ihren Freunden messen. Doch als Facebook seine Plattform umbaute, funktionierte das Spiel mit seiner viralen Komponente nicht mehr. „Bei Brain Buddies hatte man nach ein paar Wochen alles gesehen“, sagt Begemann.

Die neue Generation von Spielen erforderte mehr Engagement. Sie waren so ausgelegt, dass man sie über Jahre spielen kann. „Mit den Spielen Bubble Island und Monster World, die 2010 auf den Markt kamen, ist Wooga das gelungen“, erinnert sich Begemann. 2011 und 2012 wurden mobile Spiele interessant. Zunächst setzte Wooga auf Browserspiele, die auf die HTML5-Technologie aufbauten. „Doch 2011 haben wir erkannt, dass damit kein Blumentopf zu gewinnen war.“ HTML5 lief auf dem Mobiltelefon nicht schnell genug. Zum Spielen musste man eine Internetadresse eingeben. Handy-Nutzer wollten aber Apps, die das Spiel mit einem Klick auf Bildschirm-Icons starten.

2011 lag der Umsatz auf mobilen Geräten bei Null

„Ich hatte eine falsche strategische Entscheidung getroffen, die wir zum Glück rechtzeitig bemerkt und korrigiert haben“, gibt Begemann zu. Wooga brachte 2011 mit Diamond Dash die erste Spiele-App auf den Markt, die schnell ein Erfolg wurde. Damals lag der Umsatz auf mobilen Geräten bei Null, 2012 bei 50 Prozent. „Und jetzt machen wir 70 Prozent unseres Umsatzes mit mobilen Applikationen“, sagt der Gründer.

Auf Facebook entfallen nur noch 30 Prozent des Umsatzes. „Facebook bleibt trotzdem ein wichtiger Partner“, sagt Begemann. Die Anbindung der Apps an das soziale Netzwerk sei aber nur noch optional. Wer in einem Spiel neue Welten erschließen will, kann seine Facebook-Freunde bemühen oder durch Aktivitäten Sterne einsammeln.

Umsatz in einem Jahr verdoppelt

Die Konkurrenz auf dem mobilen Spielemarkt bedingte 2013 die dritte radikale Neuausrichtung: Top oder Flop. „Das Mittelfeld gibt es bei mobilen Spielen kaum noch“, sagt Begemann. Im vergangenen Jahr waren Jelly Splash – mit mehr als 15 Millionen Downloads – und Pearl’s Peril für Wooga diese Hits. „Die Erfolge von Jelly Splash und Pearl’s Peril ermöglichten uns, 2013 stark zu wachsen. Unser Umsatz ist heute doppelt so hoch wie vor einem Jahr.“

„Heute beginnen wir drei Mal so viele Projekte wie vor einigen Jahren – mehr als eins pro Monat. Wir bringen aber nur ein bis zwei Projekte auf den Markt, die dann aber so groß sind, dass jeder dieser Hits das Unternehmen alleine tragen könnte“, erklärt Begemann die Strategie. Alle drei Monate und zuletzt sechs Monate vor der geplanten Markteinführung – wird das Spiel überprüft. Es geht um Aufhören oder Weitermachen.

Ein radikaler Kulturwandel auch für das Unternehmen: „Ein typischer Wooga-Mitarbeiter wechselt also mehr als einmal pro Jahr intern sein Team“, sagt Begemann. Die Prototypen werden in den Teams getestet. „Dabei entsteht so ein Bauchgefühl“, sagt Begemann. Vor einem Jahr wollten die Angestellten damit überhaupt nicht mehr aufhören: 3000 Stunden und 110.000 Runden spielten sie mit dem Prototypen von Jelly Splash. „Anfangs war der Zufallsfaktor nicht groß genug. Das war wie Schach. Man konnte zwei Züge im Voraus berechnen.“ Das war eine wichtige Erkenntnis und wurde korrigiert. Auch über diesen Jahreswechsel hatte Wooga für zwei Wochen geschlossen. Die Mitarbeiter bekamen sechs Prototypen mit in die Ferien. Einen oder zwei davon wird man im Laufe des Jahres wohl in den App-Stores sehen.

Morgens beim Notar, mittags bei der Bank

Begemann hatte Wooga am ersten Montag 2009 gegründet. „Patrick Paulisch und ich waren morgens beim Notar, dann bei der Bank und mittags hat Christopher Parschat, unser erster Praktikant, angefangen. Er hat später Bubble Island und Diamond Dash entwickelt, zwei unserer großen Erfolge, und ist heute für ein Viertel des Wooga-Portfolios verantwortlich.“ Philipp Moeser kam wenig später dazu.

Trotz des schnellen Wachstums des Spieleportals arbeitet Wooga seit 2012 profitabel. „Wir sind also nicht auf eine weitere Investitionsrunde angewiesen“, sagt Jens Begemann. Wooga hatte 2009 fünf Millionen Euro von Investoren eingesammelt, im Mai 2011 noch einmal 24 Millionen Dollar (17,5 Millionen Euro). Mehr als 280 Beschäftigte arbeiten inzwischen im Unternehmen mit Sitz in der Backfabrik an der Prenzlauer Allee.

Damit rückt das Start-up in den kleinen Kreis der Berliner Internet-Unternehmen auf, die theoretisch für einen Exit – also den profitablen Verlauf an einen neuen Eigentümer – oder einen Börsengang in Frage kommen. Doch Begemann winkt ab: „Wir sehen die Zukunft von Wooga in der aktuellen Konstellation. Es gibt noch einige Ziele, die wir als Unternehmen so am besten erreichen können.“