Camp in Kreuzberg

Oranienplatz – Flüchtlingsrat kritisiert Angebot des Senats

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Foto: Maurizio Gambarini / dpa

Nach zwei Monaten Verhandlung hat der Senat eine Einigung mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz präsentiert. Viele Flüchtlinge lehnten das Papier ab. Auch der Flüchtlingsrat fordert Nachbesserungen.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert mehr Klarheit darüber, was der Senat tatsächlich den Flüchtlingen vom Oranienplatz angeboten hat. „Die Flüchtlinge müssen wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie das Angebot annehmen“, sagte die Sprecherin des Flüchtlingsrates, Martina Mauer. „Bisher gibt es viele offene Fragen zum Beispiel hinsichtlich der Unterbringung, des Leistungsbezugs oder zur Dauer der Einzelfallprüfungen“, so Mauer. „So ist vollkommen unklar, was passiert. Es wird im Grunde nichts angeboten außer Einzelfallprüfungen plus Unterstützung durch Berater.“

Der Senat hatte am Dienstag überraschend ein Einigungspapier präsentiert, das Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) mit den Flüchtlingen verhandelt hat. Danach sollen 467 namentlich erfasste Flüchtlinge den Oranienplatz und eine besetzte Schule in Kreuzberg freiwillig räumen.

Dafür will ihnen der Senat neue Unterkünfte zur Verfügung stellen. Dann sollen ihre Anträge auf Asyl oder Aufenthalt von der Ausländerbehörde einzeln geprüft werden. Sie sollen beraten werden und Deutschkurse besuchen können. Nach heftiger Kritik vieler Flüchtlinge, die das Papier ablehnen, hat Kolat weitere Gespräche mit ihnen zugesagt.

„Bisher ist nicht genau geklärt, wo die Flüchtlinge wohnen können, wie lange sie dort bleiben können, und ob sie Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz beziehen können, denn sie müssen ja von irgendetwas leben“, monierte die Sprecherin des Flüchtlingsrates.

„Die Gruppe, um die es geht, ist sehr heterogen. Viele haben einen abgelehnten Asylantrag in Bayern, Niedersachsen oder Brandenburg und befinden sich in anderen Ländern noch in ihrem Asylverfahren. Es muss transparent gemacht werden, was mit denen passiert“, forderte Mauer. Darum müssten die Gespräche zwischen Senat und Flüchtlingen unbedingt weitergeführt werden.

Zweifel an Kolat-Aussagen

Mauer bezweifelte auch die Aussage von Kolat, dass 80 Prozent der rund 460 Flüchtlinge dem Einigungspapier zugestimmt hätten. „Ich wüsste gern, wie die Senatorin das ermittelt haben will.“ Wie groß die Zahl der Unterstützer des Papiers sei und wie viele es ablehnten, könne niemand beziffern.

Positiv bewertete Mauer hingegen die Einrichtung eines Unterstützerteams, das die Flüchtlinge in ihren Einzelfallverfahren begleiten soll. Auch die Gesprächsatmosphäre in den Verhandlungen sei lange Zeit sehr konstruktiv gewesen.

Der Flüchtlingsrat sei bei den Gesprächen zwischen Kolat und den Flüchtlingen als Vermittler dabei gewesen – bis auf die letzten zwei Treffen am Montagabend und Dienstagvormittag, bei denen das Einigungspapier präsentiert und von einigen Verhandlern unterschrieben worden sei.

Völlig überraschend sei auch gewesen, dass der Senat die Einigung auf die Schule ausgedehnt habe, sagte Mauer. „Die Vertreter der Flüchtlinge haben in den Verhandlungen ausdrücklich erklärt, sie hätten kein Mandat der Schulbewohner, für sie zu verhandeln.“ Die Räumung der Schule hätten die Flüchtlinge klar abgelehnt.

( dpa/sei )