Die „Gefahrengebiete in Hamburg wurden aufgehoben. In Berlin hat die Polizei weiter an gut zwei Dutzend „kriminalitätsbelasteten Orten“ besondere Rechte. Doch diese Orte sind geheim.
Es sind Drogenumschlagplätze, Orte mit auffallend vielen Gewalttaten oder Rotlicht-Kriminalität. Gut zwei Dutzend „kriminalitätsbelastete Orte“ hat die Berliner Polizei in der Stadt identifiziert. Hier gelten besondere Rechte für die Polizei – ähnlich wie in den „Gefahrengebieten“ in Hamburg, gegen die es am Wochenende erneute Demonstrationen gab. Doch anders als in der Hansestadt sind die besonderen Orte in Berlin geheim. Nach Informationen der Berliner Morgenpost sind aber besonders Tiergarten, Kreuzberg, Mitte, Neukölln, Wedding und Spandau betroffen.
Identitäten können zur „Gefahrenabwehr“ kontrolliert werden
In den viel diskutierten Gefahrengebieten in Hamburg kann die Polizei ohne konkreten Anlass Personen überprüfen und auch ihre Taschen kontrollieren. Nach Hamburger Polizeirecht können diese Gebiete kurzfristig und für einen bestimmten Zeitraum ausgerufen werden, etwa im Rahmen besonders brenzliger Fußballspiele oder Demonstrationen. Das nach Neujahr über drei Stadtteile verhängte Gefahrengebiet, das inzwischen auf drei kleinere Bereiche verengt wurde, hat in der Kritik gestanden, weil es so großflächig und zunächst ohne zeitliche Befristung ausgerufen wurde.
Die Regelungen in Berlin sind etwas anders, Gefahrengebiete wie in Hamburg kennt das Polizeirecht hier nicht. Die Sonderrechte an den sogenannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ gehen auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) zurück. Im Normallfall darf die Polizei nicht ohne konkreten Anlass Personen überprüfen.
Paragraf 21 regelt die Ausnahmen. So können bei akuter Gefahr zur „Gefahrenabwehr“ Identitäten kontrolliert werden und ebenso Personen, die sich an einem bestimmten Ort aufhalten. Dazu zählen Orte, „von denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass dort Straftaten von „erheblicher Bedeutung“ vorbereitet oder begangen werden, dort gegen Aufenthaltsrecht verstoßen wird, sich dort Straftäter verstecken oder der Prostitution nachgegangen wird.
Kriminalität soll langfristig zurückgedrängt werden
Die Berliner Regelung soll langfristig dabei helfen, die Kriminalität an bestimmten Plätzen zurückzudrängen, wie Polizeisprecher Stefan Redlich erklärte. Die Kontrollen sollen demzufolge abschrecken und der Prävention dienen. Die aktuelle Liste der „kriminalitätsbelasteten Orte“ wird nicht veröffentlicht.
Nach Angaben von Redlich soll damit verhindert werden, dass bestimmte Teile der Stadt stigmatisiert werden. Auch wolle die Polizei verhindern, dass Straftäter dort mit Kontrollen rechnen.
Nach Informationen der Morgenpost gehören zu den Orten jedoch vor allem solche, die bereits bekannt dafür sind, zu den Kriminalitätsschwerpunkten Berlins zu gehören. Manche Ermittler sprechen statt von „kriminalitätsbelasteten Orten“ auch lieber von „gefährlichen Orten“, weil dies den Charakter besser auf den Punkt bringe.
U-Bahnlinien und Bahnhöfe
Das Berliner U-Bahnnetz wird von Drogendealern besonders gern genutzt, um illegale Ware abzusetzen. Bestimmte U-Bahnhöfe sind bekannt dafür, dass hier stets Dealer auf Kundschaft warten – und per Bahn schnell von dort verschwinden können, falls eine Polizeikontrolle droht. So gelten nach Informationen der Berliner Morgenpost die Linien U8 und U9 zumindest in Teilen zu den kriminalitätsbelasteten Orten.
Bestimmte Bahnhöfe und ihre Umgebung sollen besonders im Fokus stehen. Dazu sollen der U-Bahnhof Kottbusser Tor in Kreuzberg, die U7-Haltestellen Rudow, Rathaus Steglitz, Mierendorffplatz und Jungfernheide gehören. Auch Taschendiebstahl ist im Nahverkehr ein besonders häufiges Delikt.
Parkanlagen
Vergangenes Jahr machte besonders der Görlitzer Park in Kreuzberg Schlagzeilen. Die Menge der Drogendealer, die hier vor allem Cannabis verkaufen wollen, und diverse Meldungen über Körperverletzungen waren der Anlass, eine besondere Häufigkeit von Polizeirazzien die Folge. Eine ähnliche Problematik gibt es auch in der Hasenheide in Neukölln. Beide Parks sollen als „kriminalitätsbelasteter Ort“ eingestuft sein.
Belebte Plätze
Breitscheidplatz und Hardenbergplatz in Charlottenburg, Hackescher Markt und Alexanderplatz in Mitte, der Leopoldplatz in Wedding, der Hermannplatz in Neukölln – nach Informationen dieser Zeitung gelten hier die besonderen Kontrollrechte der Polizei. Eine besondere Häufung der Straftaten an diesen Plätzen lässt sich auch im Kriminalitätsatlas der Berliner Polizei ablesen. Die vielen Menschen ziehen Taschendiebe an, Orte wie der Alexander- oder der Leopoldplatz sind auch für eine hohe Zahl von Bedrohungen, Nötigungen und Körperverletzungen bekannt.
Rotlichtmilieu
Prostitution ist nicht verboten, in ihrem Umfeld kommt es jedoch zu einer auffälligen Zahl von Straftaten. Vor allem Drogen- und Gewaltkriminalität spielen dabei eine Rolle. Deshalb sollen auch die stadtbekannten Straßenstriche und ihre Umgebung zu den Orten gehören, an denen die besonderen Kontrollrechte der Polizei gelten, zum Beispiel die Kurfürstenstraße in Tiergarten respektive Schöneberg, die Oranienburger Straße in Mitte und die Jebenstraße hinter dem Bahnhof Zoo in Charlottenburg.
Bestimmte Straßenzüge
Rund um die Potsdamer Straße bis zum Kleistpark in Schöneberg, rund um den Nollendorfplatz bis zur Bülowstraße, rund um die Sandstraße in Wilhelmstadt und im Neuköllner Norden sollen ebenso die Sonderrechte der Polizei gelten. Raub- und Rauschgiftdelikte sowie häufige Körperverletzungen in diesen Gebieten sollen der Grund dafür sein.