Der spektakuläre Coup der „Tunnelgangster von Steglitz“ hat offenbar Nachahmer auf den Plan gerufen. Bislang unbekannte Täter haben das Prinzip in einer Bankfiliale an der Prinzenallee in berlin-Gesundbrunnen kopiert. Sie führten ihre Tat allerdings mit deutlich weniger Aufwand aus als ihre Vorbilder.
Und – zum Glück für die Bank – auch mit deutlich weniger Erfolg. Trotz intensiver unterirdischer Grabungs- und Bohrarbeiten blieb es im aktuellen Fall beim Versuch.
Am Sonntagabend wurde in der Filiale der Deutschen Bank Alarm ausgelöst. Als die Polizei am Tatort eintraf, waren die Täter bereits ohne Beute geflüchtet. Dafür hatten sie schweres Bohrgerät und andere Utensilien zurückgelassen, welche die Ermittler schnell an die inzwischen acht Monate zurückliegende Tat in Steglitz erinnerten.
Auch in dem aktuellen Fall zog es die Täter wie schon bei der Volksbank in Steglitz unter die Erde. Nach ersten Erkenntnissen wollten die Unbekannten von einem Kellerverschlag in dem Gebäude Prinzenallee Ecke Badstraße aus zu dem unterirdischen Tresorraum der Deutsche-Bank-Filiale im gleichen Gebäude vordringen. Mit dem dabei benutzten schweren Bohrgerät sollte offenbar der Durchbruch durch die Wand erfolgen.
Doch gegen 22.30 Uhr endete die Aktion. Bei einem Wachschutzunternehmen wurde der automatische Alarm ausgelöst, zeitgleich ging, wie im Sicherungssystem der Banken üblich, auch bei der Polizei der Alarm ein. Den verhinderten Tunnelgangstern blieb nichts anderes übrig, als in aller Eile den sofortigen Rückzug anzutreten.
Der Tatort:
Ein Fachkommissariat des Landeskriminalamtes (LKA) hat inzwischen die Ermittlungen übernommen. Die mit dem Fall befassten Beamten gehen bislang davon aus, dass der Alarm durch die Erschütterungen beim Aufbohren eines rosettenförmigen Loches von 50 Zentimetern Durchmesser ausgelöst wurden.
Der Durchbruch gelang den Tätern in einer Ecke des Tresorraums. Gegenüber dem aufgebohrten Loch befinden sich die durch Stahltüren gesicherten Schließfächer der Bankkunden. Die Täter sind ihrer Beute sehr nahe gekommen, der erhoffte Erfolg blieb ihnen bei aller Mühe dennoch verwehrt. Etwa eine Stunde hätten die mindestens zwei Männer bohren müssen, um die etwa 50 Zentimeter dicke Betonwand zu durchbrechen, haben Experten am Tatort festgestellt.
Anwohner bemerkten nichts
Wie Polizeisprecher Thomas Neuendorf am Montag mitteilte, gehen die Ermittler bislang davon aus, dass die Unbekannten seit etwa einer Woche an ihrem Vorhaben arbeiteten. Befragungen von Anwohnern ergaben allerdings, ähnlich wie bei dem Fall in Steglitz, dass niemandem im Umfeld des Tatortes etwas aufgefallen war. Auch verdächtige Personen, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten, hatte offenbar niemand bemerkt.
Zwei Männer, die noch am Sonntagabend kurzzeitig festgenommen worden waren, entpuppten sich als polizeibekannte, aber harmlose Obdachlose. Hausbewohner und Nachbarn wurden erst aufmerksam, nachdem sich vor und in den Gebäuden ein großes Polizeiaufgebot eingefunden hatte.
Unklar ist nach Angaben Neuendorfs noch, wem der Kellerverschlag gehört, von dem aus die Täter ihre Bohrungen durchführten. Der Nutzer des Kellers müsse aber keineswegs etwas mit dem Fall zu tun haben, hieß es aus Ermittlerkreisen. „Die Keller machten alle den Eindruck, als könne man sich dort wochenlang aufhalten, ohne dass das jemand auffiele“, sagte ein Beamter am Montag. Einstweilen setzten die Ermittler ihre Befragungen im Umfeld des Tatortes fort, zudem haben sich inzwischen die Experten der Spurensicherung im Keller an die Arbeit gemacht. Bislang gebe es bereits eine Vielzahl von Spuren, nun müsse in mühsamer Kleinarbeit festgestellt werden, welche davon im Zusammenhang mit dem versuchten Einbruch stehen, hieß es am Nachmittag.
Große Hoffnungen setzen die Ermittler des Landeskriminalamtes auf den von den Tätern im Keller zurückgelassenen Bohrer und weitere, von den Unbekannten genutzte Gegenstände, darunter ein Kühlgerät. Wie Polizeisprecher Neuendorf mitteilte, wurde der Bohrer im Mai 2012 „im Raum Berlin“ gestohlen und der Diebstahl vom Eigentümer angezeigt. Auch das Bohrgerät wird jetzt von Kriminaltechnikern auf Spuren untersucht, die Chancen, dadurch Hinweise auf die Identität der Benutzer zu erhalten, stünden nicht schlecht, meinte ein Ermittler hoffnungsvoll. Immerhin hätten die Täter so schnell fliehen müssen, dass es ihnen unter Umständen nicht mehr möglich war, sorgsam ihre Spuren wie etwa Fingerabdrücke zu beseitigen.
Baugleiches Gerät benutzt
Wie Neuendorf weiter mitteilte, stellen das benutzte Gerät und die dafür benötigten Bohrköpfe eine Parallele zu dem Fall in Steglitz vom Januar dar. Dort ließen die Täter zwar nicht den Bohrer, dafür aber einen benutzten Bohrkopf zurück. In Gesundbrunnen wurde ein baugleicher Bohrkopf gefunden. „Das muss zwar noch nicht bedeuten, dass es einen Zusammenhang mit der Tat in Steglitz gibt, aber es ist ein Ansatz, dem die Ermittler natürlich nachgehen“, sagte Polizeisprecher Neuendorf.
Bei dem Coup in der Volksbank in Steglitz Anfang 2013 hatten die ebenfalls immer noch unbekannten Täter in monatelanger Arbeit einen knapp 50 Meter langen Tunnel gegraben, die Wand zum Tresorraum der Bank durchbohrt, zahlreiche Schließfächer ausgeräumt und schließlich Beute in Millionenhöhe gemacht. Nachdem der Fall vor zwei Wochen in der Sendung Aktenzeichen XY ausführlich dargestellt wurde, sind bei der Polizei mehr als 200 Hinweise eingegangen. Die Ermittler sind immer noch dabei, den einzelnen Hinweisen nachzugehen. Eine heiße Spur war bislang jedoch nicht darunter, die Täter sind trotz internationaler Fahndung noch nicht gefasst.