Berliner Volksbank

Tunnel-Coup - Kunden bekommen Wertsachen nicht wieder

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Ulla Reinhard

Die Bankräuber von Berlin-Steglitz ließen bei ihrem Coup mehr als 3229 Schmuckstücke, Uhren und Münzen zurück. Nur etwas mehr als die Hälfte konnte an die Eigentümer zurückgegeben werden.

Sechs Monate nach dem spektakulären Tunneleinbruch von Steglitz hat die Berliner Volksbank eine Belohnung in Höhe von 25.000 Euro ausgesetzt. Das Geld soll für den entscheidenden Hinweis gezahlt werden, der zur Ergreifung der Täter führt.

„Wir wollen die Polizei bei ihrer Arbeit unterstützen“, sagte eine Banksprecherin am Donnerstag. „Vielleicht gibt es ja doch den einen oder anderen Zeugen, der etwas beobachtet hat, es aber bisher nicht als wichtig angesehen hat.“

Bereits kurz nach der Tat hatte die Versicherung der Bank eine Belohnung ausgesetzt: Für Hinweise auf die gestohlenen Gegenstände und das entwendete Geld werden zehn Prozent des Werts gezahlt, höchstens 25.000 Euro. Bei der Polizei sind bislang mehr als 400 Hinweise eingegangen, ohne dass sich daraus eine heiße Spur ergeben hat.

Der Einbruch hatte im Januar 2013 weit über Berlin hinaus für Aufsehen gesorgt, weil er in seiner Planung und Ausführung kaum mit anderen Bankeinbrüchen vergleichbar ist. Monatelang gruben die Täter von einer Tiefgarage aus einen 45 Meter langen Tunnel durch die Erde, um dann in der Nacht zum 14. Januar den entscheidenden Durchbruch zum Tresorraum zu bohren, rund 300 Schließfächer aufzubrechen und mit einer Beute von mehr als zehn Millionen Euro zu flüchten.

Fahndung im Fernsehen

Die ZDF-Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ wird am kommenden Mittwoch (7. August 2013) in einem 30 Minuten langen Film über den Coup berichten, Tunnel und Tresorraum wurden dafür in einem Studio aufwendig nachgebaut.

„Auch aus diesem Anlass war es uns wichtig, mit der Belohnung noch mal einen besonderen Anreiz zu schaffen“, sagte Nancy Mönch von der Volksbank der Berliner Morgenpost. Die Sendung erreicht durchschnittlich mehrere Millionen Zuschauer.

Großer Teil nicht zuzuordnen

Die Volksbank hat unterdessen aufgehört, die von den Tätern in der Bank zurückgelassenen Wertgegenstände ihren Eigentümern zuzuordnen. „Nach wiederholten Kundengesprächen und verschiedenen Maßnahmen ist es uns nicht mehr möglich, die übrig gebliebenen Gegenstände zuzuordnen“, sagte Mönch.

Das Ergebnis der Arbeit des vergangenen halben Jahres dürfte einige Kunden nicht zufriedenstellen: Von den 3229 Fundstücken, die Bankarbeiter im Tresorraum erfasst haben, konnte mit 1749 Gegenständen nur etwas mehr als die Hälfte an die Eigentümer zurückgegeben werden. Dass ein großer Teil nicht zuzuordnen ist, liegt laut Mönch unter anderem daran, dass die Besitzer ihr Eigentum nachweisen müssen, es aber nicht können.

„Bei Bargeld ist das besonders schwierig“, so Nancy Mönch weiter. „Wenn jemand behauptet, eine bestimmte Summe Bargeld im Schließfach gehabt zu haben, das aber nicht genau nachweisen kann, können wir das Geld nicht herausgeben.“ Nur ein Kunde habe seine Geldscheine samt Registriernummer fotografiert, bevor er sie weggeschlossen habe. Nur diesem Kunden konnte die Bank sein Geld zurückgeben.

Bargeld und Münzen wurden zurückgelassen

Warum die Täter Bargeld, aber auch etliche Münzen, Edelmetalle und andere Gegenstände in der Bank zurückließen, ist eine der Fragen, die die Ermittler bis heute vor Rätsel stellen. Dabei reichen die Spekulationen von der Annahme, die Täter hätten es nur auf ein bestimmtes Fach abgesehen, bis zur Vermutung, sie hätten die Bank in Eile verlassen müssen. Bei ihrer Flucht legten die Unbekannten Feuer, sodass die Wertgegenstände teilweise erheblich beschädigt wurden.

Eine Gruppe von zwölf Bankmitarbeitern sammelte die Sachen in akribischer Kleinstarbeit ein und dokumentierte sie. So wurde jeder einzelne Gegenstand fotografiert und zusätzlich schriftlich beschrieben. Mit dabei auch Erinnerungsstücke wie beispielsweise alte Zeugnisse, Urkunden, Briefe und Fotos, deren Verlust und Zerstörung die Besitzer mitunter härter trifft als der mancher Wertsachen.

Was mit den nicht zuzuordnenden Gegenständen passiert, ist nach Angaben von Nancy Mönch noch unklar. Zunächst werden sie eingelagert, später möglicherweise unter den Kunden verteilt. „Das ist eine vorstellbare Lösung, entschieden ist aber noch nichts.“

Unter den Gegenständen seien auch Sachen, die nie als vermisst gemeldet wurden. „Es kann zum Beispiel sein, dass jemand Familienschmuck geerbt hat, ohne ihn jemals zu tragen. In solchen Fällen ist es für die Betroffenen sehr schwierig, sich genau zu erinnern, welche Schmuckstücke ihnen nun überhaupt fehlen“, so Mönch. Nur etwa 30 der insgesamt 294 betroffenen Kunden haben den Inhalt ihrer Schließfächer vollständig zurückbekommen.

Die Polizei wird zur „Aktenzeichen XY“-Sendung am kommenden Mittwoch (20.15 Uhr, ZDF) den Leiter der „Ermittlungsgruppe Tunnel“ schicken. Er wird dann noch einmal den aktuellen Ermittlungsstand erläutern: DNA-Spuren konnten gesichert werden, trotz europaweiten Abgleichs in den entsprechenden Datenbanken konnte jedoch kein Treffer erzielt werden. Es soll sich um mindestens fünf Täter handeln, die vermutlich aus Osteuropa stammen. Ein versuchter Einbruch und ein vollendeter Einbruch in die Volksbank-Filiale in Steglitz, bei dem ein Computer gestohlen wurde, sollen ebenfalls auf das Konto der Gangster gehen. In der Sendung sollen erstmals auch Fotos von gestohlenen Gegenständen gezeigt werden. „Wir hoffen, dass diese Gegenstände gesehen wurden, etwa als sie verkauft wurden, und dass sich daraus eine Spur ergibt“, sagte ein Polizeisprecher.