Die Festnahme von zwei Tatverdächtigen durch Beamte des Spezialeinsatzkommandos am Donnerstagmorgen bringt neue Details ans Tageslicht – und zwar in einem seit mehreren Jahren ausgetragenen Streit zwischen kriminellen Banden. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, handelt es sich bei den festgenommenen Männern um zwei türkische Bürger im Alter von 27 und 31 Jahren.
Den beiden wird zur Last gelegt, am 16. März diesen Jahres mit 18 Messerstichen einen 40 Jahre alten Mann in einem Wettbüro an der Kaiser-Friedrich-Straße in Charlottenburg schwer verletzt zu haben. Nach der Attacke, die nach Angaben der Ermittler gerade einmal eine Minute gedauert haben soll, sind die Täter in einem Auto geflüchtet. Das Fahrzeug konnte wenig später sicher gestellt werden.
DNA-Spuren führten zu den Verdächtigen
Zunächst fehlte von den Tätern jede Spur, und das Opfer konnte auf Grund der schweren Verletzungen längere Zeit nicht zu den Vorgängen des Anschlags befragt werden. Erst mit der Auswertung der am Tatort wie auch in dem Fahrzeug vorgefundenen DNA sei man auf die Spur der beiden Männer gekommen. „Zur Beweissicherung wurden auch Spürhunde eingesetzt“, sagte Staatsanwältin Heike Behrendt.
Bei der Vernehmung der zwei Beschuldigten sei deutlich geworden, dass der 31 Jahre alte Hauptbeschuldigte enge Kontakte zu Mitgliedern einer in Berlin agierenden arabischen Großfamilie besitzt. „Er hat angegeben, bei einem Musik-Label zu arbeiten“, sagt die Staatsanwältin. Ob es sich bei der Messerattacke um eine Auftragstat handele, werde noch geprüft.
Clan soll Schweigegeld bezahlt haben
Denn wie sich jetzt herausstellt, ist der 40-Jährige am 16. März genau an dem Tag attackiert worden, an dem ein Gericht seinem Berufungsantrag zu einer gerichtlichen Verurteilung in zweiter Instanz stattgegeben hat. Dazu die Vorgeschichte: Bereits 2010 ist das spätere Opfer in einem Prozess, in dem es um Drogengeschäfte ging, als Zeuge aufgetreten. Dabei standen Mitglieder einer arabischen Großfamilie vor Gericht, gegen die der Mann aussagen wollte. Um dies zu verhindern, sollen Mitglieder des Clans ihm 10.000 Euro Schweigegeld angeboten haben. Davon habe er 3000 Euro kassiert, sei aber bei seiner Aussagebereitschaft geblieben.
Indes hat das Gericht im weiteren Verlauf des Prozesses dem heute 40-Jährigen nachgewiesen, ebenfalls in Drogengeschäfte verwickelt zu sein und vor Gericht falsch ausgesagt zu haben. Die Folge: Er wurde strafrechtlich verurteilt. Gegen dieses Urteil ist er vorgegangen und hat am 16. März den Freispruch erhalten. Das Gericht entschied in zweiter Instanz, dass nach Paragraf 157 des Strafgesetzbuches ein „Aussagenotstand“ vorlag. Demnach ist zum Schutz des eigenen Lebens eine falsche Aussage gerechtfertigt.