Immobilien-Streit

Der Millionenpoker um den Berliner Spreepark

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Jens Anker

Foto: Reto Klar

Die Zwangsversteigerung des Spreeparks wurde am Mittwoch überraschend abgebrochen. Statt Kritik erhält Finanzsenator Ulrich Nußbaum jetzt Rückendeckung auch aus den Reihen der Opposition.

Einen Tag nach der überraschend geplatzten Zwangsversteigerung des Spreeparks erhielt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) Rückendeckung für die Entscheidung. „Das war das Sinnvollste, was das Land machen konnte“, sagte der Stadtentwicklungsexperte der CDU, Danny Freymark. „Wenn der Investor seriös ist, dann ist es kein Problem für ihn, noch einmal sechs Monate lang eine Ehrenrunde zu drehen.“ Auch für die SPD ist es richtig, „dem Investor jetzt erst einmal auf den Busch zu klopfen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer, Torsten Schneider. „Sollte jemand glauben, er könne hier spekulieren, wird das Abgeordnetenhaus dem einen Riegel vorschieben.“

Am Mittwoch war die Zwangsversteigerung des seit Jahren brachliegenden Grundstücks im Treptower Park geplatzt, nachdem sich das Land und ein Privatinvestor ein Bietergefecht um den Zuschlag für das Erbbaurecht des Geländes geliefert haben. Bei knapp 2,5 Millionen Euro stieg das Land aus, wenig später wurde die Zwangsversteigerung ausgesetzt. Sie findet jetzt spätestens in einem halben Jahr erneut statt. Das Land begründete die Entscheidung damit, dass ein höheres Gebot zunächst vom Parlament abgesegnet werden müsse.

Senat soll Konzept prüfen

„Mir scheint es jetzt nicht unvernünftig zu sein, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und nach einer Lösung zu suchen“, sagte der Haushaltsexperte der Grünen, Jochen Esser am Donnerstag. Dazu gehöre auch, dass Konzept des privaten Investors zu prüfen.

Die Vertragslage rund um das traditionsreiche Spreepark-Gelände ist kompliziert. Das Land Berlin hatte es 1996 an den umstrittenen Fahrgeschäft-Betreiber Norbert Witte per Erbbaupachtvertrag vergeben. Später ging Witte jedoch pleite und verschwand samt Fahrgeschäft nach Peru. Nach der Insolvenz meldete die Deutsche Bank eine Forderung in Höhe von zehn Millionen Euro an, mit der das Grundstück beliehen war. Durch die Zwangsversteigerung würde diese Forderung entfallen.

Das Land will in jedem Fall die Handlungshoheit über das Gelände zurückgewinnen und befürchtet, dass ein neuer Investor das Grundstück erneut beleiht. Außerdem sei die Laufzeit des Vertrages – noch weitere 48 Jahre – für das Grundstück in bester Lage zu lang.

Investoren wollen Spreepark „langfristig und nachhaltig“ betreiben

Die Investoren von der SP Kultur und Freizeitpark GmbH verteidigen dagegen ihre Pläne. „Da steckt viel Herzblut drin“, sagte Marc Treichel, eigenen Angaben nach zuständig für strategische Konzeption bei SP. Das Unternehmen ist erst seit Ende Juni im Handelsregister eingetragen. Es hat seinen Sitz in Berlin, Geschäftsführer ist Carlos Fleischmann, der Chef der Creative Talent GmbH, die seit mehr als 20 Jahren Konzerte und Großveranstaltungen plant und durchführt. Seit sechs Jahren ist sie in Berlin ansässig und hat im Mai 2013 den Auftritt der Londoner Indie-Poprock-Band „The xx“ im Spreepark organisiert. „In der Vorbereitung auf das Konzert ist mir erst die historische Bedeutung des Geländes bewusst geworden“, sagte Treichel am Donnerstag. Daraufhin habe man sich näher mit dem Spreepark beschäftigt, ein Konzept entwickelt und Ende Juni eine Projektgesellschaft gegründet. „Es kann doch nicht sein, dass niemand es schafft, das Gelände zu entwickeln.“

Die Finanzierung des Gebots sei sichergestellt. Man wolle den Spreepark „langfristig und nachhaltig“ betreiben und das Gespräch mit den Anwohnern suchen. Investoren seien bereit, das Projekt zu finanzieren, heißt es. Die Creative Talent GmbH, die auch als Spieleragentur im Profi-Fussball tätig ist, hat vor Kurzem ihr Konzept beim Bezirksamt Treptow-Köpenick eingereicht. Es sieht Theateraufführungen, Lesungen und Ausstellungen vor. Restaurants und Biergärten, die das ganze Jahr über öffnen, sind auf dem Gelände geplant.

Innerhalb der kommenden sechs Monate muss erneut eine Zwangsversteigerung stattfinden. Doch am liebsten wäre dem Land, dass es nicht dazu kommt. Denkbar ist auch, dass sich alle Beteiligten zuvor an einen Tisch setzen und eine einvernehmliche Lösung finden. Dazu gehört auch, dass die Bank auf einen Teil ihrer Forderung verzichtet. Dann könnte der Senat das Gelände direkt vom Insolvenzverwalter erwerben und an einen Interessenten verpachten – nun allerdings ohne Erbbaurecht, so dass es nicht erneut beliehen werden kann. SP hätte auch in diesem Fall Interesse am Spreepark. „Bei dann geänderten Voraussetzungen müsste man aber über die Bedingungen neu verhandeln“, sagte Treichel. Da das Gelände seit fünf Jahren komplett brachliegt, müsste Berlin nach Ansicht der Konzertveranstalter die Erschließungskosten übernehmen.

Verkehrswert 1,6 Millionen Euro

Die Zwangsversteigerung geht auf den Antrag des Finanzamtes Treptow-Köpenick zurück. Die Behörde bekam über Jahre keine Grundsteuer von der Betreibergesellschaft – der Spree-Park Berlin Vergnügungs- und Freizeitpark GmbH&Co. KG. Beantragt hatte es die Versteigerung bereits Ende 2008. Doch es dauerte Jahre, bis das Gutachten zum Verkehrswert für das Erbbaurecht vorlag. Dieser Wert wird nun mit 1,62 Millionen Euro angegeben. Das Mindestgebot muss 70 Prozent dessen betragen, also 1,13 Millionen Euro. Da das Finanzamt an erster Stelle der Gläubigerliste steht, bekäme es seine Forderung in Höhe von rund 550.000 Euro aus der Zwangsversteigerung wohl sicher zurück. An zweiter Stelle steht die Deutsche Bank mit ihrer Forderung von rund zehn Millionen Euro. Sie profitiert von einem möglichst hohen Kaufpreis. Erst an dritter Stelle stehen die Forderungen des Liegenschaftsfonds, der vermutlich leer ausgehen würde.

Das Spreepark-Grundstück von etwa 30 Hektar Größe gehört dem Land Berlin. 1969 wurde der Vergnügungspark im Plänterwald in Treptow eröffnet. 1996 übernahm die Hamburger Schaustellerfamilie Witte das Areal. Es wurde ein Erbbaupachtvertrag zwischen Berlin und der Betreibergesellschaft abgeschlossen, der erst Mai 2061 endet. Persönlich haftende Gesellschafterin der Betreiberfirma ist Pia Witte, die Ex-Frau des ehemaligen Rummel-Betreibers, Norbert Witte.