Ausgerechnet zu den Abiturprüfungen in Biologie wollen Berlins angestellte Lehrer in den Streik treten. Der rot-schwarze Senat will den Ausstand unterbinden lassen.

Der Berliner Senat will einen geplanten Lehrer-Warnstreik am kommenden Dienstag unterbinden lassen. Das Land habe eine einstweilige Verfügung gegen den von der Lehrergewerkschaft GEW initiierten Ausstand beantragt, teilte das Landesarbeitsgericht am Freitag mit.

Die GEW hatte die angestellten Berliner Lehrer für den Tag, an dem auch Abiturprüfungen stattfinden, zum Protest aufgerufen. Sie fordert eine tarifliche Eingruppierung und Angleichung der Löhne zwischen Angestellten und Beamten.

Das Land wirft der Gewerkschaft nun vor, der Warnstreik verstoße gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht. Weil am 23. April schriftliche Prüfungen stattfinden, sei er zudem unverhältnismäßig.

Offener Brief an Lehrer und Schüler

Mit einem Offenen Brief haben sich am Donnerstag die angestellten Lehrer an Schüler und Eltern gewandt. Sie werben um Verständnis für den Warnstreik. Die Lehrer wissen, dass sie mit dem gewählten Termin für ihren Arbeitskampf die Solidarität der Schüler und Eltern aufs Spiel setzen.

Der Streik trifft ausgerechnet die schriftlichen Prüfungen für den Mittleren Schul-Abschluss in der ersten Fremdsprache und die zentrale Abiturprüfung im Leistungsfach Biologie. Bei Eltern und Schülern trifft das auf Unverständnis.

Die Landesschülersprecherin Alea Mostler hatte sich persönlich mit einem Schreiben an die GEW gewandt und darum gebeten, besonders während der Prüfungszeit Unterrichtsausfall zu vermeiden. Die Schüler stünden hinter den Forderungen der Lehrer, verbeamtete und angestellte Lehrer gleich zu behandeln, heißt es in dem Schreiben. Doch unter dem Lehrerchaos und den Streiks würden vor allem die Schüler leiden.

Lehrer machen Berliner Senat für Streik verantwortlich

„Wir nehmen die Sorgen der Schüler ernst“, sagt Doreen Siebernik, Vorsitzende der GEW. In dem Offenen Brief machen die Lehrer den Senat dafür verantwortlich, dass die Arbeitskampfmaßnahme nun die Prüfungswochen trifft. Schon seit November fordert die Gewerkschaft Verhandlungen mit der Finanzverwaltung, um eine tarifliche Regelung für die angestellten Lehrer zu erreichen.

Doch die Finanzverwaltung hat solche Verhandlungen wiederholt abgelehnt, mit dem Verweis darauf, dass der Tarifvertrag der Länder einen Alleingang von Berlin in dieser Frage nicht zulasse. Das sieht die GEW anders. Der Finanzsenator habe es in der Hand, den Streik durch ein ernsthaftes Gesprächsangebot abzuwenden.

Grundsätzlich sei die Finanzverwaltung zu Gesprächen über Probleme bereit, die auf Landesebene gelöst werden können, etwa über altersgerechte Arbeitsbedingungen. Tarifverhandlungen seien aber nur auf Bundesebene möglich, da Berlin seit Januar der Tarifgemeinschaft der Länder angehöre, sagt Jens Metzger, Sprecher von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD).

1000 Berliner Lehrer sollen streiken

Die Schulen bereiten sich auf den Warnstreik der angestellten Lehrer am Dienstag vor. Zwar muss am Montag der Landesvorstand der GEW noch einmal über den Streik beraten, doch die Zustimmung gilt als sicher, nachdem sich bereits die Tarifkommission dafür ausgesprochen hatte. Allerdings fällt die Beteiligung voraussichtlich nicht so hoch aus wie beim Warnstreik im Februar.

Nach den bisher eingegangenen Rückmeldungen geht die GEW davon aus, dass etwa 1000 der 8000 angestellten Lehrer am Dienstag streiken werden. Insgesamt gibt es 28.000 Lehrer. Die Aufsichten bei den Prüfungen können auch durch verbeamtete Kollegen gewährleistet werden. Das sei schulorganisatorisch lösbar, sagt die GEW-Vorsitzende.

Unterricht soll zugunsten der Abitur-Prüfungen ausfallen

„Oberste Priorität hat die Absicherung der Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss und das Abitur“, sagt Robert Giese, Schulleiter der Fritz-Karsen-Schule in Neukölln. Notfalls müsse dafür Unterricht in den anderen Klassenstufen ausfallen. Von den insgesamt 140 Beschäftigten seien 45 angestellt. Die Sekundarschule mit gymnasialer Oberstufe muss MSA- und Abiturprüfungen organisieren.

Auch der Schulleiter des Lessing-Gymnasiums in Berlin-Mitte geht davon aus, dass Unterricht ausfallen müsse. Ein Drittel der Lehrer sei angestellt. neben den Prüfungen müsse auch noch die Aufsicht von Klausuren in der Oberstufe abgesichert werden. Der andere Regel-Unterricht könne unter diesen Umständen nicht voll stattfinden, sagt Wüstenberg. Unbeaufsichtigte Lerngruppen könne man sich an einem solchen Tag nicht erlauben. „Wenn die Schüler Prüfungen haben, muss Ruhe im Schulhaus sein“, sagt Wüstenberg. Wie genau der Tag an der Schule organisiert wird, ist noch nicht entschieden. Möglicherweise müssten Eltern gebeten werden, ihre Schüler aus Jahrgängen, die keine Prüfung haben, zu Hause zu lassen.

Nicht an allen Berliner Schulen soll gestreikt werden

Es gibt aber auch Schulen, an denen der Streik voraussichtlich gar nicht spürbar sein wird. „Ich gehe davon aus, dass hier niemand streiken wird“, sagt Michael Rudolph, Leiter der Friedrich-Bergius-Sekundarschule in Schöneberg.

Rudolph, der sich einen Namen als strengster Schulleiter gemacht hat, sagt, er halte nichts von solchen Maßnahmen, weil sie die Schüler treffen würden. Die Unzufriedenheit der Lehrer könne er jedoch verstehen.