Um bis zu 30 Prozent sind Mieten in Berlin gestiegen. Renate Künast und Harald Wolf machen dafür die SPD verantwortlich. Die Linke macht gar eine neue Koalition von der Mietfrage abhängig. Für Samstag sind mehrere Demonstrationen angemeldet.
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Renate Künast, hat dem rot-roten Senat Mitverantwortung für steigende Mieten in der Hauptstadt vorgeworfen. Wohnen dürfe kein Luxus sein, gebraucht würden bezahlbare Quartiere in allen Bezirken, erklärte Künast am Freitag. Für diesen Samstag sind mehrere Demonstrationen gegen Mietsteigerungen angemeldet.
Laut Polizei werden bei einem Protestzug vom Hermannplatz (Neukölln) zum Oranienplatz (Kreuzberg) rund 3000 Teilnehmer erwartet. Sie wollen gegen die Verdrängung von Einheimischen und Luxussanierungen demonstrieren.
Künast kritisierte, dass die Mieten in vielen Stadtteilen rasant stiegen. Immer mehr Menschen befürchteten, sich ihre Wohnung in der vertrauten Nachbarschaft nicht mehr leisten zu können. Der Senat tue aber so, als seien die steigenden Kosten fürs Wohnen ein Naturereignis oder in alleiniger Zuständigkeit des Bundes.
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Wahl zum Abgeordnetenhaus warf dem Senat vor, durch seine Politik die Probleme auf dem Wohnungsmarkt noch verschärft zu haben. „Wer Wohnungen in der Größenordnung einer Kleinstadt an die Börse bringt, muss sich über steigende Mieten nicht wundern.“
Linke macht Koalition von Mietthema abhängig
Die Linke dringt auf eine Neuausrichtung der Mietenpolitik in Berlin. Gut zwei Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl und einen Tag vor einer Demonstration von Mieterinitiativen machte Wirtschaftssenator und Spitzenkandidat Harald Wolf davon eine Neuauflage des seit 2002 bestehenden rot-roten Bündnisses abhängig. Nach seiner Darstellung muss eine weitere Verdrängung von sozial schwächeren Menschen, insbesondere aus der Innenstadt, verhindert werden. Umfragen zufolge hat Rot-Rot derzeit keine Mehrheit.
Regelungen, die auf die Sicherung und Schaffung bezahlbaren Wohnraums zielten, seien für seine Partei ein „Schlüsselthema“, sagte Wolf am Freitag. Wegen des Zuzugs zahlungskräftiger Familien seien die Mieten in den vergangenen Jahren im Durchschnitt um 8 Prozent, in der Innenstadt teilweise um bis zu 30 Prozent gestiegen. Zwar sei das Niveau immer noch deutlich niedriger als in Hamburg oder München, aber in Berlin gebe es auch überproportional viele Menschen mit geringen Einkommen.
6000 neue Wohnungen jährlich gefordert
Es sei dringend notwendig, umzusteuern. Mit Blick auf die geplante Demonstration für einen Mietenstopp räumte er ein, dass auch der Linken vorgeworfen werde, bisher nichts verändert zu haben. Aber man könne nur etwas durchsetzen, wenn man eine Mehrheit habe, sagte der Politiker. Die SPD habe sich lange geweigert, über das Thema zu sprechen. Dadurch sei viel Zeit verloren gegangen. Zwar habe es bei den Sozialdemokraten im Wahlkampf wieder Bewegung gegeben, aber ohne „sichtbare Veränderungen“ werde es keine Zustimmung zu einer Fortsetzung der Koalition geben.
Zur Entspannung des Marktes fordert die Linke den Neubau von mindestens 6.000 neuen Wohnungen jährlich, davon etwa die Hälfte durch städtische Unternehmen. Insgesamt soll der kommunale Bestand in den nächsten fünf Jahren um 30.000 auf 300.000 Wohnungen steigen. Dazu schlägt die Linke eine Stärkung der Eigenkapitalbasis unter anderem durch Verzicht auf die Gewinnausschüttung an das Land vor.
Zweckentfremdungsverbot einführen
Gebraucht würden vor allem kleine, preisgünstige Wohnungen. Die landeseigenen Unternehmen müssten deshalb klare Vorgaben für die Mietentwicklung erhalten, sagte Wolf. Sie dürften nicht die Mietpreise hochtreiben. Medienberichten über angekündigte Mietanhebungen bei der Degewo werde er nachgehen und das Thema auf die Tagesordnung der Senatssitzung am Dienstag setzen.
Zugleich trete die Linke für einen Kündigungsschutz von zehn Jahren bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein. Der kürzlich mit der SPD vereinbarte Kompromiss sieht sieben Jahre vor. Umgehend müsse zudem die Zweckentfremdung von Wohnraum verboten werden. Die Umwandlung von Mietwohnungen zum Beispiel in Ferienquartiere habe das Angebot verknappt und zu Mieterhöhungen geführt. Das Verbot war 2002 wegen des damals entspannten Wohnungsmarktes aufgehoben worden, den es jetzt aber nicht mehr gebe.
dapd/dpa/toto